Tagesdaten: 67 Km
Heute geht es also los! Die Fahrradtaschen sind gepackt, das Fahrrad war in der Inspektion und ich freue mich auf eine interessante Tour. Eine Nachbarin macht noch eine Abschiedsfoto von mir vor der Haustür. Auch wenn es heute morgen mit etwa 10 Grad noch recht kühl ist, verspricht der Tag doch wieder recht heiß zu werden. Bis auf 30 Grad sollen die Temperaturen in den nächsten Tagen wieder steigen. Die September sind inzwischen sehr schöne Sommermonate geworden. Natürlich auch eine Folge des vielgescholtenen Klimawandels.
Um kurz vor 9 Uhr geht es dann vom Leipziger Hbf. mit der Regionalbahn nach Hof. Ich habe mich bewusst für diesen Startpunkt entschieden, weil mir die Strecke mit der Bahn nach Lübeck dann doch zu weit zu umständlich und in Corona-Zeiten zu risikoreich erschien. Nach Hof komme ich mit der Regionalbahn ohne umzusteigen. Der Zug ist nicht sehr voll, alle tragen mehr oder weniger vorschriftsmäßig ihre Masken und ich fühle mich nicht gefährdet. Gegen 11:30 erreiche ich Hof.
- Abfahrbereit!
Von Hof bis zum Dreiländereck
Vor dem Bahnhof in Hof werde ich gleich mit einem Denkmal zur Grenzöffnung am 9. November 1989 empfangen. Dennoch ist Hof nicht der Ausgangspunkt meiner Tour. Ich muss zunächst etwa 16 Km zum Dreiländereck bei Oberzech radeln. Inzwischen sind die Temperaturen auf über 25 Grad gestiegen und da der Weg durch das Mittelvogtländische Kuppelland seinem Namen alle Ehre macht, wird es auch bald eine recht Schweiß treibende Angelegenheit. Gegen 13 Uhr erreiche ich dann das Dreiländereck und mache erst einmal Mittagspause mit meinem mitgebrachten Proviant.
Das Dreiländereck markierte bis 1990 die Grenzen zwischen der Tschechoslowakei, der DDR und der Bundesrepublik Deutschland. Heute markiert es die Grenzen zwischen Tschechien und den beiden Bundesländern Sachsen und Bayern. Das Dreiländereck ist nicht gerade überlaufen. Außer dass hier mal ein Dreiländereck war und der Eiserne Vorhang hier ein von drüben nach hüben kommen nahezu unmöglich machte, hat die Stelle nicht viel zu bieten. Wer es ganz genau wissen will, das Dreiländereck liegt bei Prex (Gemeinde Regnitzlosau, Landkreis Hof in Bayern), Tiefenbrunn (Gemeinde Eichigt, Vogtlandkreis in Sachsen) und Trojmezí (Gemeinde Hranice, Okres Cheb in Tschechien). In der Nähe ist ein Parkplatz. Direkt gelangt man aber nur zu Fuß und etwas beschwerlicher mit dem Fahrrad dahin.
Natürlich sind es auch keine Massen, die sich dem deutsche-deutschen Radweg oder Wanderweg verschrieben haben. So findet man hier auch keinen Imbiss, kein Gasthaus oder gar ein Hotel. Das Dreiländereck ist aber ein idealer Ausgangspunkt für den Deutsch-Deutschen Radweg. Dennoch, zwei Wanderinnen machen ebenfalls Picknick, aber wir halten in Corona-Zeiten natürlich Abstand und nicken uns nur einmal von Weitem zu. Schließlich kommt noch ein Deutsche Pärchen hinzu, die die ehemalige deutsch-deutsche Grenze mit dem Wohnmobil entlangfahren wollen. Der Mann macht auf meine Bitte hin freundlicherweise noch einige Fotos von mir, um mich an diesem Ausgangspunkt meiner Tour bildlich festzuhalten.
- Dernkmal für die Öffnung der Deutsch-deutschen Grenze am 9. November 1989 vor dem Bahnhof in Hof
- Blick zurück auf Hof
- Am Dreiländereck, dem Ausgangs- oder Endpunkt des Deutsch-Deutschen Radweges.
Vom Dreiländereck bis nach Mödlareuth
Nach einer Dreiviertelstunde mache ich mich dann auf den Weg. Immerhin liegen heute noch etwa 50 Km vor mir, die sicher nicht über flache Strecken verlaufen werden. Mein erstes Zwischenziel ist in etwa 30 Km das inzwischen bundesweit bekannte Dorf Mödlareuth. Der Weg führt weiter durch das Mittelvogtländische Kuppelland, ist also auch mit dem E-Bike relativ anspruchsvoll, zumal die Strecke über höchst unterschiedliche Wege führt. Es gibt gut asphaltierte Straßen aber auch holprige Feldwege und natürlich die Kolonnenwege aus der Zeit der DDR-Grenzsicherungsanlagen. Letztere sind vor allem wegen ihrer quadratischen Löcher und ihrem inzwischen nicht ebenen Verlauf für Radfahrer eine Herausforderung. Dies ist wohl auch der Grund, warum der Deutsch-Deutsche Radweg an vielen Stellen nicht unmittelbar an oder auf der innerdeutschen Grenze verläuft.
Mödlareuth hat sich bereits kurz nach der Grenzöffnung deutschlandweit ins Gespräch gebracht, indem es sich mit Berlin verglich, weil die Grenze 41 Jahre mitten durch das Dorf verlief. Der Vergleich scheint etwas vermessen, hat Mödlareuth doch gerade einmal 40 Einwohner. 16 Einwohner lebten in Bayern und 24 Einwohner in der DDR. Heute dient ein Teil der ehemaligen Grenzanlagen nur noch dem Tourismus. Anders als Berlin ist das Dorf aber nach wie vor geteilt, weil der bayerische Teil verblieben ist und der Rest zu Thüringen gehört. Allerdings ist die Grenze heute und das macht natürlich den emotionalen Unterschied aus ohne Probleme zu passieren ist. Der Vergleich mit Berlin hat allerdings durchaus geholfen, Mödlareuth touristisch attraktiv zu machen. Auch heute sehe ich hier einige Menschen, die offensichtlich aus touristischen Gründen sich in Mödlareuth aufhalten. Besichtigen kann man hier wie gesagt alte Grenzanlagen und ein Deutsch-Deutsches Museum, dass allerdings zur Zeit geschlossen ist.
- Nun geht es los. Vor drei Tagen habe ich noch einen Fahrradhelm gefunden, der sich mit meinen Hörgeräten verträgt. Nun kann ich endlich mal wieder ohne Probleme mit Helm fahren.
- Blick ins sächsische Vogtland
- Der erste Stein der an die Grenzöffnung erinnert. Hier kurz vor dem sächsischen Ort Posseck
- Blick ins sächsische Vogtland nach Gssenreuth und Sachsgrün
- Direkt an der ehemaligen Grenze auf dem sogenannten Kolonnenweg. Für das Fahrrad mit der unangenehmste Untergrund
- Kurz vor Mödlareuth der sogenannte Drei-Freistaatenstein-Stein
- Der Stein selbst ist allerdings älter als die drei Freistaaten und verweist auf die Königreiche Bayern und Sachsen…
- … sowie auf das Fürstentum Reuß
- Der bekannte Grenzort Mödlareuth.
- Durch die Grenze war der kleine Ort geteilt. Geteilt ist er immer noch, aber die Grenze zwischen Bayern und Thüringen ist nun durchlässig.
- Denkmal für die Verdienste Helmut Kohls …
- … für die Deutsche Einheit
- Das Deutsch-Deutsche Museum in Mödlareuth.
Von Mödlareuth nach Blankenberg
Von Mödlareuth verbleiben noch etwa 20 Km bis zu meinem heutigen Ziel Blankenberg in Thüringen. Der Weg führt kurz hinter Mödlareuth auf eine recht befahrene Landstraße nach Hirschberg, was den meisten ja als Autobahnabfahrt an der A 9 bekannt ist. Viel zu bieten hat Hirschberg freilich nicht. Empfangen wird man von einem recht monströsen Kriegerdenkmal über der Stadt unweit des Schlosses. Das Schloss wirkt nicht gerade einladend. Ansonsten gab es in Hirschberg mal eine Lederfabrik, die heute ein Museum für Gerberei und Stadtgeschichte beherbergt. Einen recht schönen Blick hat man von der Saalebrücke auf die Stadt. Einer der bekanntesten Söhne der Stadt war übrigens der verhasste sächsische Gauleiter der NSDAP Martin Mutschmann (1879-1947).
Über die Autobahn A 9 geht es auch und dann wird der Weg doch noch zum Abschluss des heutigen Tages recht beschwerlich. Durch einen Bauernhof führt ein Wiesenweg zur Saale und danach geht es die Saale entlang auf einem Kolonnenweg steil bergauf auf das Thüringisch-Fränkische Schiefergebirge. Die letzten drei Kilometer sind daher sehr stressig und daher freue ich mich umso mehr als ich gegen 17:30 Uhr in Blankenberg meine gleichnamigen Gasthof erreiche, den ich heute Mittag über booking.com vor gebucht habe. Der Wirt macht einen etwas reservierten Eindruck, was aber auch daran liegen kann, dass ich beim Eintritt vergessen hatte, meine Maske aufzusetzen, worauf er mich dann recht resolut aufmerksam machte. Nun, das ist ihm nicht zu verdenken. Ansonsten ist der Gasthof in Ordnung und ich habe ein Zimmer mit einem wunderschönen Blick ins Saaletal. Auch das Abendessen ist gut. Ich habe mich regionsspezifisch für ein Thüringer Rostbrätel entschieden.
Bei meiner Ankunft habe ich Hannes Bergner kennengelernt. Ich sprach ihn an, weil er mit einem tout terrain-Fahrrad vorfuhr, ähnlich meinem Reiserad. Beim Abendessen kamen wir ins Gespräch. Er war früher Verkaufsmanager bei verschiedenen Verlagen und nutzt jetzt eine Auszeit, um eine Fahrradtour zu verschiedenen ehemaligen Konzentrationslagern zu machen. Es ist ein interessantes Gespräch, in dem wir unsere Erfahrungen mit diesen Gedenkstätten austauschen. Er gibt mir sein Kärtchen, das auf eine geplante Webseite www.habedenmutaufzustehen.de verweist. Leider scheint die Webseite aber auch heute (15. Februar 2021) noch nicht im Netz zu sein.
- Das Kriegsdenkmal in Hirschberg
- Blick vom Felsen des „Hirschberger Gneis“ auf Hirschberg
- Das schlichte Barockschloss in Hirschberg
- Blick auf Hirschberg
- Hier verlief einst die Grenze. Die Saale war der Grenzfluss. Gleich hinter der Brücke die ehemalige Lederfabrik, die heute Museum für Gerberei und Stadtgeschichte ist.
- Bekannter Blick auf die A 9
- Blick auf Rudolphstein
- Brücke über die Saale. Der Radweg wird hier sehr beschwerlich
- Mühsam geht es auf dem Kolonnenweg entlang der Saale
- Blick auf die Saale