10. Tag (14. Juli 2021): Rheinsberg – Lindow – Rheinsberg

von 22. Juli 2021Aktuelles

Das Frühstück war wieder einmal exzellent und hat mich dazu verführt auch heute zu viel zu mir zu nehmen. Müsli, ein Brötchen mit Wurst und Käse und eins mit Marmelade. So wird das heute wieder nichts mit der schlanken Figur. Daher ist es gut, dass ich mir eine Tagestour durch das Ruppiner Land vorgenommen habe. Sie wird als Tagesrundtour auf dem Fontaneradweg angeboten. Das Wetter spielt mit, die gigantischen Regengebiete, die den Westen und Südwesten unseres Landes heimsuchen, scheinen uns hier im Osten bisher zu verschonen. Meistens regnet es nur des Nachts gelegentlich. Heute Morgen ist es zwar bedeckt, aber nach und nach wird es heiterer und die Temperaturen sind am Morgen schon bei 20° und steigen noch bis auf 25°.

Leider sind die Ausweisungen zu den Fontaneorten auf dieser Strecke nicht präzise. So gelingt es mir nicht, das Gut Köpernitz ausfindig zu machen, in dem die Gräfin La Roche-Aymon residierte. Ursprünglich hieß sie Karoline Amalie von Zeuner und war die Tochter des preußischen Hofmarschalls Carl Bernhard Friedrich Freiherr von Zeuner und Hofdame im Hofstaat der Prinzessin Friederike, Gemahlin des Prinzen Ludwig von Preußen. 1795 heirateten sie und Charles de la Roche Aymon. Charles de la Roche-Aymon hatte Frankreich bereits 1789 verlassen bzw. stand in ausländischen Militärdiensten und kehrte nicht in das revolutionäre Frankreich zurück.  Ab dem 1. November 1794 war er Leutnant und Kommandant des Husarenkommandos bei Prinz Heinrich von Preußen in Rheinsberg. Seine Güter in Frankreich wurden enteignet. 1802 erhielten Charles de la Roche Aymon und seine Frau Karoline von Zeuner das Gut Köpernitz mit der Schäferei Heinrichsfelde vom Prinzen Heinrich in Erbpacht. Prinz Heinrich starb nur einen Monat später.

Die Gräfin La Roche-Aymon war wohl Anziehungspunkt eines ausschweifenden Landlebens, über die Fontane notierte: „Noch in späteren Jahren wusste sie es derart einzurichten, dass etwa eintreffender Besuch sie womöglich im Negligé überraschen – und das Haar bewundern musste. … Ansehnlich war wohl auch ihr Mann“ wie Fontane berichtet. „Der hatte Kopf und Kragen vor den Häschern der Französischen Revolution gerettet. Er kam an den Hof des Prinzen Heinrich in Rheinsberg. Dort wirkte er als braungebrannter französischer Adjutant des Prinzen, gerüchtweise als sein Geliebter.“ – Nun interessante Personen auf jeden Fall, über deren Leben ich gerne an ihrer Wirkungsstätte mehr erfahren hätte.

In Dollgow bekomme ich mehr oder weniger zufällig mit, dass hier die Wirkungsstätte von Erwin Strittmatter und seiner Frau Eva war. Allerdings bekomme ich über Wikipedia dann auch ganz schnell heraus, dass es eigentlich der Schulzenhof war, wo Strittmatters wirkten und auch begraben sind. An dem Abzweig zum Schulzenhof bin ich vor einigen Minuten erst vorbeigefahren. So fahre ich nun noch einmal zurück und biege zum Schulzenhof ab, den ich etwa nach anderthalb Kilometern erreiche. Die erste Station ist der Friedhof kurz vor dem kleinen Weiler. Die Gräber der Strittmatters sind nicht schwer zu finden, der Friedhof ist sehr klein, die Gräber liegen gleich rechts vom Zugang und haben auch das markanteste Aussehen, da die Grabsteine findlingsartige Natursteine sind. Gleich gegenüber der Gräber liegt auch der mittlere der drei Söhne der Strittmatters, Matti, der nur wenige Tage vor Erwin Strittmatter mit gerade mal 35 Jahren verstarb.

Nach dem Besuch des Friedhofs mache ich noch einen Abstecher in den Ort. Das ehemalige Haus der Strittmatters ist gleich das erste Haus links. Es ist etwas unscheinbar, dahinter muss sich aber doch ein etwas größeres Anwesen anschließen wie ich später aus der Ferne beobachten kann. Offensichtlich wohnt hier heute der jüngste Sohn der Strittmatters, Jakob. Man kann das Haus und das Anwesen wohl grundsätzlich besichtigen, aber nur gegen Voranmeldung und inzwischen lässt man wohl pandemiebedingt seit über einem Jahr schon niemanden mehr hinein und empfiehlt die Lektüre guter Bücher zum Überleben.

Nach dem Besuch im Schulzenhof fahre ich über Dolchow hinaus in Richtung Lindow. Die Strecke führt durch tiefe Wälder und vorbei an zahlreichen Seen. Es ist eine verträumte Gegend. Ich bis zwar kein Botaniker, aber ich habe den Eindruck wie schon an anderen Stellen in Brandenburg, dass es hier noch kein ausgeprägtes Waldsterben gibt. So findet man meistens Laubwälder, gelegentlich auch Kiefernwälder, aber alles scheint noch intakt zu sein. So sieht man auch oft sehr alte Bäume, meist Linden, Eichen, Buchen und Ahorn. Dazwischen Wiesen, Weiden und Felder. Die Wälder stehen im saftigen grün und die gelben Getreidefelder künden davon, dass die Reifezeit bald vorbei ist.

Nach etwa 14 Kilometern komme ich dann in Lindow (Mark) an. Ein adrettes Städtchen in der Mark. Es liegt zwischen drei Seen, dem Wutzsee, Gudelacksee und dem Vielitzsee. Auch Lindow ist umgeben von Misch- und Kiefernwäldern, sowie Wiesen, Weiden und Getreidefeldern. Die Geschichte Lindows soll untrennbar mit der des Klosters verbunden sein, dass jedoch nur noch als Ruine in einem schönen Parkensemble  erhalten ist. Fontane soll das Kloster als Vorbild für sein „Kloster Wutz“ in seinem Roman „Der Stechlin“ genommen haben. Lindow selbst macht aber noch einen ganz aufgeräumten und geputzten Eindruck. Um das Kloster ranken sich wohl Geschichten und Sagen. Einer begegne ich auch gleich am Wutzsee. Es ist die Geschichte einer schönen Nonne, die als edles Fräuleins ins Kloster geschickt wurde. Sie hatte sich in einen armen Bauernburschen verliebt. Dieser schabte so lange an den Klostermauern, bis er die Geliebte durch ein Loch retten konnte. Es war aber nur eine Liebe von kurzem Glück: Beide ertranken im nahen See. Eine Skulptur der schönen Nonne im See nahe des Ufers in Lindow erinnert an diese Geschichte.

Nachdem ich mich in Lindow umgeschaut habe, in einer Bäckerei einen Cappuccino und ein Brötchen verzehrt habe, mach ich mich auf den Heimweg nach Rheinberg. Es sind etwa 20 Kilometer und sie führen über weite Strecken auf einem neuen Fahrradweg durch den Wald. Ergebnis: ich komme schnell voran. Lediglich auf den letzten Kilometern vor Rheinsberg wird noch gebaut. Das reduziert natürlich die Geschwindigkeit wieder.

Das heutige Abendessen entwickelt sich leider zum Flopp. Nachdem ich die letzten beiden Abende sehr gut in meinem Gasthof Endler speisen konnte, ist mir heute mal nach Italiener. Ich bestelle mir eine Minestrone und Linguine mit Meeresfrüchten. Beide waren dadurch versaut, dass man die Minestrone durch eine Mehlschwitze oder Ähnliches cremig erstellt hatte und auch die Linguine mit irgendeiner Schwitze als Sauce verhundst worden waren, dass man einen eigenen Geschmack der Meeresfrüchte überhaupt nicht mehr schmecken konnte. So kehre ich etwas frustriert auf mein Zimmer zurück und schreibe diesen Bericht.

Tagesstrecke: 57,12 Km

 

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