3. Tag (9. Oktober 2019) – Tafelberg und Weinbaugebiet Stellenbosch

Heute heißt es schon Abschied nehmen von Kapstadt, was ich eher schade finde, weil vieles konnten wir uns nicht anschauen. Andererseits war es auch klar, dass Kapstadt nur eine Station unserer Reise ist und noch viele andere vor uns liegen. Ein Highlight von Kapstadt steht aber noch an: der Tafelberg. Der Tafelberg liegt leider oft im Nebel bzw. ist wolkenverhangen. Schon gestern hatten wir erörtert, ob wir ihn nicht am Nachmittag nach der Rückkehr vom Kap besuchen sollten. Aber dann zogen die Wolken auf und damit erübrigte sich eine weitere Erörterung. Auch heute verspricht der erste Blick aus dem Fenster nichts Gutes. Aber nach dem Frühstück meint Butz, wir sollten es wagen. Die Wolken steigen offensichtlich doch nach und nach höher bzw. lösen sich auf.

Zunächst ist aber die Verladung unseres Gepäckes im hinteren Teil unseres Flitzers angesagt und bei 12 Personen kommt schon eine Menge Gepäck zusammen. Der Lastenraum des Flitzers ist auf den ersten Blick nicht sonderlich groß und ein Teil des Platzes wird schon durch drei 25 Liter Kanister mit Wasser eingenommen, die Butz immer vorrätig hält, um uns mit frischem Trinkwasser zu versorgen, dass wir dann in die von Chamäleon gesponserten Flaschen füllen können. Dennoch gelingt es Butz immer, das Gepäck so geschickt zu verstauen, dass alles hineinpasst. Dann geht es los. Schon jetzt wird deutlich, dass Butz wohl inzwischen viel Erfahrung mit solchen Touren hat. Zu den Erfahrungen gehört auch sein Ritual bevor wir losfahren: Habt ihr alles eingepackt und nichts liegen gelassen? Habt ihr an Sonnencreme, Sonnenbrille, Ehering und Kappe gedacht? Habt ihr genug Wasser in der Flasche?

Der Tafelberg ist sicher eine der Hauptattraktionen in Kapstadt. Aber wir erreichen die Talstation der Seilbahn zu einer Zeit, als man noch nicht groß anstehen muss. Als wir später zurückkehren sieht das ganz anders aus. Butz besorgt die Karten für die Seilbahn und dann geht es hinauf auf das Plateau des Tafelbergs in über 1000 Meter Höhe. Die Seilbahn sieht sehr modern und neu aus. Sie hat nur zwei Kabinen, eine fährt hoch und die andere runter. In die Kabinen gehen schätzungsweise 50 Personen hinein. Einigen von uns, sicher auch mir, sieht man die gemischten Gefühle vor der Fahrt an. Die Seile der Seilbahn sind zwischen Berg- und Talstation freischwebend und von unten hat man den Eindruck, dass die Gondel oft senkrecht hoch geht. Als wir in die Gondel einsteigen und es los geht, lösen sich zumindest meine Befürchtungen auf. Es ist eine sehr ruhige Fahrt und man spürt eigentlich weniger als in jedem anderen Transportmittel.

Auch Butz Hoffnung, dass sich die Wolken noch verziehen werden, bestätigt sich. Der Gipfel des Tafelberges ist nun wolkenfrei. Sie hängen zwar noch relativ niedrig aber die phantastischen Ausblicke von hier oben werden immer schöner. Allerdings ist es bitter kalt, so etwa 7 Grad und windig. Die meisten sind zwar relativ warm angezogen, nur Butz läuft unverwüstlich im kurzärmeligen Hemd herum. Gabi hat offensichtlich mit warmen Gepäck gespart und fühlt sich nun doch veranlasst, sich noch eine Fleecejacke zu besorgen, die in allen Souvenirläden hier oben angeboten werden. Offensichtlich kommt der Bedarf nach wärmeren Jacken hier oben öfter zum Tragen. Man rechnet ja auch bei einer Reise ins südliche Afrika nicht unbedingt mit solchen Temperaturen.

Der Tafelberg ist der nördliche Teil einer ca. 50 Km langen Bergkette, die sich über die Kap Halbinsel zieht und an deren südlichem Ende dann das Kap der Guten Hoffnung liegt. Von hier hat man in alle Himmelsrichtungen wunderbare Aussichten. Besonders imponierend ist natürlich der Blick auf das am Fuße des Tafelberges liegende Kapstadt. Während man von unten den Eindruck hat, dass der Gipfel des Tafelberges ein plattes Plateau ist, befindet man sich dann oben doch auf einer welligen und sehr felsigen Fläche. Sie ist eigentlich nur über die zementbefestigten Wege, die man angelegt hat, unproblematisch begehbar. Wir bekommen hier oben anderthalb Stunden Zeit, um uns umzuschauen. Danach ist Treffpunkt im Imbiss. Der Wind ist frisch und lässt die Kühle noch mehr spüren. Dennoch gehen Heidrun und ich tapfer die ganze Tafel ab und genießen die Ausblicke. Von hier hat man auch einen Blick auf die ehemalige Gefängnisinsel Robben Island. Hier hat Nelson Mandela fast zwei Jahrzehnte als Häftling in einer vier qm großen Einzelzelle verbracht. Seit Mitte der 1990er Jahre wurde die Insel zu einem Natur- und Nationaldenkmal und das frühere Gefängnis zu einem Museum umgestaltet.

Nachdem wir ein Runde gemacht und viele Fotos geschossen haben, zieht es uns doch in das vermeintlich wärmere Imbisslokal. Aber auch dort herrschen Temperaturen, die einen nicht animieren, sich von seiner Oberbekleidung zu trennen. Dennoch tut der Kaffee gut! Es dauert aber einige Zeit, bis wir aufbrechen können und an solche Zeiten werden wir uns gewöhnen müssen, weil eine Gruppe von 11 Personen doch sehr unterschiedliche und individuelle Interessen und Bedürfnisse zum Ausdruck bringt, bei denen es manchmal einige Zeit dauert, bis man alle wieder in die gleiche Richtung führen kann. Auch wenn Butz nicht den Eindruck macht, dass er sich von seinen Reisegästen die Butter vom Brot nehmen lässt, gibt er hier doch viel Freiraum. Wahrscheinlich ist er da auch gut beraten. Auch die Mitglieder der Reisegruppe tolerieren die individuellen Eigenheiten, was sicher eine Voraussetzung dafür ist, dass solche Gruppenreisen relativ harmonisch und konfliktfrei verlaufen.

Schließlich finden wir aber alle wieder zusammen und fahren gemeinsam mit der Seilbahn hinunter. Es geht inzwischen auf 11 Uhr zu und unten stehen inzwischen Menschen-Schlangen von über 100 Metern, die darauf warten, zum Plateau hoch zu gelangen. Ich empfinde schon eine gewisse Genugtuung darüber, dass uns das erspart geblieben ist. Nachdem wir alle wieder im Bus verstaut sind, geht es dann in Richtung Stellenbosch. Wir fahren noch einmal auf der Nationalstraße 2 durch Kapstadt, vorbei auch an den Townships und gelangen dann in das zweitälteste und bedeutendste Weinbaugebiet Südafrikas um Stellenbosch. Unser erstes Ziel ist das Weingut Neethlingshof (http://neethlingshof.co.za). Wir gelangen über eine sehr schöne Allee zu dem malerischen Weingut. Das Weinbaugebiet liegt begrenzt von Kapstadt und Bergen in einer flachen Ebene. Insofern gibt es hier auch keine Weinberge in unserem Sinne, sondern eher Weinfelder. Das Gut Neethlingshof wurde wohl schon vor mehr als 300 Jahren  gegründet und soll einige der am besten restaurierten und erhaltenen traditionellen kapholländischen Gebäude erhalten.

Da wir gerade zur Mittagszeit eintreffen und unsere Führung noch nicht ansteht, kehren wir erst einmal in dem angeschlossenen Restaurant ein. Die Speisekarte ist verlockend und auf Butz Empfehlung bestellen die meisten Lentil Bobotie, eine südafrikanische Spezialität, die wohl auf sehr unterschiedliche Art und Weise hergestellt werden kann. Manchmal wird sie vegetarisch zubereitet aber meistens ist es ein überbackenes Hackfleischgericht. Da Heidrun sich ebenfalls dafür entscheidet, bestelle ich mir vorsichtshalber einen Hähnchenhamburger, der nicht nur in der Speisekarte auch verlockend aussieht. Nach dem Essen geht es dann zur Führung, die ein junger Mann auf englisch und auch einigen Sätzen in deutsch durchführt. Wenn man schon öfters solche Führungen mitgemacht hat, ist das nun nichts besonderes, außer dass man doch feststellen kann, dass es in Südafrika sehr moderne Weingüter gibt und dass der Wein mit Sicherheit in Nichts den europäischen Weinen nachsteht. Auch dieses Weingut gehört natürlich noch Weißen, allerdings haben hier viele Schwarze einen Arbeitsplatz gefunden. Die anschließende Weinprobe ist sehr gut vorbereitet und mit den verschiedenen Häppchen zwischen den sechs zu prüfenden Weinen wirklich zu genießen.

Nachdem wir uns so noch einmal gestärkt und in Stimmung gebracht haben, geht es nach Stellenbosch in unser heutiges Quartier das Rivierbos Guesthouse (http://rievierbos.co.za). Das kleine, schon etwas in die Jahre gekommene Hotel, liegt in einer Nebenstraße der Dorp Street nicht weit von der historischen Altstadt. In der Dorp Street sollen die meisten denkmalgeschützten Häuser in Südafrika stehen. Sowohl die Straßennamen als auch die Architektur und die Einrichtungen der Häuser lassen die holländische Tradition erkennen. Stellenbosch selbst ist ein kleines Städtchen von etwa 20 Tsd. Einwohnern. Es ist nach Kapstadt die älteste von Europäern gegründete Siedlung in Südafrika. Zusammen mit den Townships Khayamandi und Cloetesville beträgt die Einwohnerschaft wohl annähernd 90 Tsd.. Bekannt ist es wegen seines Weinbaugebietes und den hier in der Umgebung ansässigen 120 Weingütern, die dem Ort auch einen wachsenden Tourismus beschert haben, und vor allem wegen seiner Universität. Sie ist eine der führenden Universitäten Südafrikas und ging aus einem 1866 gegründeten Gymnasium hervor. Hier soll die geistige Elite der Buren ihre Wurzeln gehabt haben. Zahlreiche hochrangige Politiker (allein sechs ehemalige Ministerpräsidenten) studierten und lehrten hier. Im Jahre 2013 waren hier etwa 28 Tsd. Studenten eingeschrieben.

Nachdem wir uns in den kleinen aber recht gemütlichen Zimmern eingerichtet haben, machen wir einen Spaziergang durch die Altstadt und insbesondere über die Dorp Street. Am Abend gingen wir dann alle zusammen auf Empfehlung von Butz in das Stellenbosch Kitchen (http://stellenboschkitchen.co.za), ein gemütliches Restaurant, in dem wir uns wieder einmal davon überzeugen konnten wie gut man in Südafrika speisen kann. Nach der Rückkehr ins Hotel konnten wir dagegen feststellen, dass es mit dem WLAN allerdings meist schwierig ist. Vermutlich liegt es natürlich auch daran, dass die meisten der Hotelgäste abends immer versuchten etwa gleichzeitig ins WLAN zu kommen und dann natürlich in kleineren Unterkünften es schnell überlastet ist. Aber wir sind ja auch nicht primär nach Südafrika gereist, um ins WLAN zu kommen. Auch an meine Reiseberichte ist aktuell nicht zu denken, weil dazu abends viel zu wenig Zeit bleibt. So hoffe ich, dass mein Gedächtnis nach der Reise ausreicht, die Abläufe zu rekonstruieren.

Schreibe eine Antwort

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.