2. Tag (8. Oktober 2019): Kapstadt – Kap der Guten Hoffnung

Wir haben gut geschlafen und nach einem ausgezeichneten Frühstück geht es nun auf die erste Tour zum etwa 70 Km entfernten Kap der Guten Hoffnung. Inzwischen haben wir uns in der Reisegruppe schon etwas besser kennengelernt. Wir liegen alle im Alter 50+. Der Älteste unter uns ist mit 80 Jahren Willi, der in Duisburg lebt, aber in Delitzsch bei Leipzig aufgewachsen ist und mit 17 Jahren dann rüber in den Westen gemacht hat. Obwohl Willi sehr rüstig ist, besteht doch schnell Konsens unter allen darüber, dass er als der doch mit einigem Abstand älteste Teilnehmer den bequemeren Beifahrerplatz auf Dauer einnehmen soll. Schon unsere Reiseunterlagen aber später auch Butz wiesen darauf hin, dass es üblich sei, die Plätze im Bus täglich zu wechseln, weil sie natürlich im Hinblick auf Sicht und Beinfreiheit unterschiedlich sind. Daran hielten wir übrigen uns dann auch.

Aus Kapstadt heraus geht es dann an die False Bay (Falsche Bucht), die ihren Namen von den Seefahrern bekommen hat, die ihre Schiffe in die Bucht steuerten, weil sie diese fälschlicherweise für die Tafelbucht hielten. Entlang der False Bay bieten sich phantastische Aussichten auf die steilen Klippen der von Wind und Wetter zerklüfteten Felsenlandschaft des Kaps. Auf halben Wege in der Nähe des Städtchens Simon´s Town machen wir einen Stopp und besuchen die bekannteste Pinguinkolonie Südafrikas. Auf angelegten Stegen können wir durch die Kolonie schlendern und hunderte Brillenpinguine beobachten. Es ist ein reges Treiben und die Fotoapparate kommen natürlich nicht zur Ruhe.

Die Brillenpinguine sind leider auch vom Aussterben bedroht. Während es 1956 noch etwa 140 Tsd. Brutpaare gab, sollen es heute nur noch etwa 20 Tsd. sein. Grund für die Gefährdung soll vor allem die Fischerei haben. Ich kann mir dies nur so erklären, dass die Fischerei den Pinguinen wohl die Nahrungsgrundlagen wegfischt. Beim Besuch der Kolonie bekommt man von der Gefährdung wenig mit. Die Pinguine sind sehr aktiv, tummeln sich am Strand und im Meer und scheinen auch gegenüber Menschen nicht scheu zu sein. Als ich einem nahe komme, beißt er mich mehrfach in meinen Schuh.

Nach diesem Besuch geht es weiter Richtung Kap. Nach kurzer Zeit wird es plötzlich unruhig im Bus und einer ruft Walfische. Butz stoppt nach ein paar Metern am Straßenrand und tatsächlich sehen wir Silhouetten von Walfischen am Rand der Bucht schwimmen und dann auch gelegentlich aus dem Wasser springen. Die Begegnung ist auch für Butz offensichtlich überraschend, weil eigentlich gar nicht mehr die Zeit für Walfische in der False Bay ist. So gibt es hier das zweite Fotoshooting. Mir gelingen leider nur Fotos der Schwanzflossen der Walfische. Heidrun hatte mehr Glück.

Danach gelangen wir bald zur Grenze des Cape-of-Good-Hope-Naturreservats, am südlichsten Punkt der Kaphalbinsel. Es ist übrigens nicht der südlichste Punkt Afrikas wie man fälschlicherweise glauben könnte. Der liegt etwa 200 km weiter östlich am Cape Agulhas. An welcher Stelle man nun aber geografisch das Zusammentreffen von Pazifik und Atlantik definiert ist aber letztlich eher gleichgültig. Das ganze Seegebiet südlich von Afrika ist letztlich dadurch geprägt. Am Kap der Guten Hoffnung haben wir dann die Möglichkeit, auch ein wenig zu Fuß zu gehen und so gehen die meisten von uns den doch recht steilen Weg hinauf zum Kapfelsen, wo der Leuchtturm steht, der den Seefahrern einst den Weg weisen und sie vor Ungemach schützen sollte. Hier vom Cape Point aus blickt man hinaus auf das unendlich weit erscheinende Meer in Richtung Antarktis. Zwischen diesem Punkt und der Antarktis liegt nur noch Meer. Beachtlich ist, dass auch Willi mit seinen 80 Jahren diesen Aufstieg angeht und nicht schlechter als wir anderen meistert. Er wird uns diesbezüglich noch öfter überraschen.

Danach hat Butz uns als Treffpunkt einen Imbiss am Fuße des Cape Points vorgeschlagen. Hier gibt es Baguettes und Pizzen. Nach und nach kommen wir wieder alle zusammen. Heidrun nimmt ein Baguette und einen Kaffee, ich nehme eine kleine Pizza, auf die ich recht lange warten muss. Nachdem wir uns zum Essen im Freien niedergelassen haben, bemerken wir, dass wir wohl nicht ungestört bleiben werden. Dutzende von Rotschwingenstaren springen überall herum, sind sehr flink, vor allem aber offensiv in ihrer Nahrungsbeschaffung und wenn man eine Sekunde nicht aufpasst, muss man damit rechnen, dass sie wie der Blitz angeflogen kommen und einem im Flug ein Stück des Baguettes oder der Pizza klauen. Dies passiert hier ständig und es gibt viele ziemlich dumme Gesichter, meines eingeschlossen, wenn man merkt, was passiert ist. Es ist völlig hoffnungslos zu glauben, man könne sie nachhaltig verscheuchen. Ehe man sich versieht sind sie schon wieder in Aktion. Sie geben sich übrigens nicht mit Teig zufrieden, sondern schnappen sich eher die Gourmet-Stücke von den Baguettes oder Pizzen.

Dann geht es zurück in unser Guesthouse. Am Vormittag war das Wetter sehr schön mit Temperaturen um die 20 Grad. Nun bewölkt es langsam und es zieht sich immer mehr zusammen. Am späten Nachmittag fahren wir dann noch zur Victoria & Alfred Waterfront. Es handelt sich um das restaurierte Werft- und Hafenviertel rund um die beiden historischen Becken des Hafens von Kapstadt. Die beiden Becken in der Tafelbucht des atlantischen Ozeans wurden 1870 und 1905 als Hafenbecken in Betrieb genommen. Sie erhielten ihre Namen zu Ehren der britischen Königin Victoria und ihres zweiten Sohnes, Prinz Alfred, der anlässlich einer Reise durch die britischen Kolonien 1860 den Grundstein für die über einen Kilometer lange Wellenbrecher-Mauer vor den Hafenbecken gelegt hatte.

1990 lagen dann nach dem weitgehenden Boykott des Hafens während der Zeit der Apartheid weite Hafenbezirke brach. In Zusammenarbeit mit örtlichen Investoren begann die Stadtverwaltung eine neue Infrastruktur zu erstellen. In kurzer Zeit wurden die alten Gebäude restauriert und nahmen ein Einkaufszentrum, kleine Museen und Raritätenläden, eine Brauerei und zahlreiche gastronomische Einrichtungen in sich auf. Darüber hinaus wurden stilistisch angepasste Hotels, exklusive Appartement- und Bürohäuser neu errichtet sowie große Parkplätze, ein Yachthafen und ein kleines Amphitheater angelegt. Schon 2005 soll es mehr als 15 Millionen Besucher aus aller Welt gegeben haben. Auch als wir hier ankommen sind viele Menschen aus aller Herren Länder unterwegs und flanieren durch das Gelände. Leider ist mir der 2003 eingeweihte Nobel Square mit den Skulpturen der vier südafrikanischen Friedensnobelpreisträger (Albert John Luthuli, Desmond Tutu, Frederik Willem de Klerk sowie Nelson Mandela) entgangen.

Unser Reiseleiter lässt uns alleine flanieren und verabredet lediglich einen Treffpunkt, wo wir dann am Abend wieder zusammenkommen wollen. Zunächst bleibt die Gruppe noch zusammen. Dann werden aber unterschiedliche Essenswünsche deutlich. Heidrun und ich schließen uns einer Gruppe an, die einen Italiener bevorzugen. Da Regen aufzuziehen droht, freuen wir uns über einen Freisitz unter einem großen Schirm. Der Regen lässt dann auch nicht lange auf sich warten. Beim Abendessen lernen wir uns etwas besser kennen. Mit uns von der Partie sind Daniela und Christian aus Schwäbisch-Gmünd sowie die beiden alleinreisenden Damen Gabi aus Leverkusen und Christine aus Ottendorf-Okrilla. Daniela ist im sportpädagogischen Bereich und als Kinderbetreuerin tätig, Christian ist Fahrlehrer, Gabi ist Hausfrau und im Nebenjob gibt sie Nähkurse und Christine hat mit ihrem Man nach der Wende eine Tankstelle und eine Werkstatt betrieben. Ihr Mann ist leider bereits letztes Jahr verstorben. Aber da sie schon über das Rentenalter hinaus ist, will sie sich nun auch zur Ruhe setzen und ihr Leben genießen.

Das Essen ist gut und reichlich. Nachdem wir fertig gegessen und noch Zeit haben, gehen wir noch in dem nahegelegenen Einkaufzentrum flanieren, weil die Frauen gerne einen Blick in die Geschäfte werfen wollen. Da es inzwischen schon recht heftig regnet, kommt uns das allen entgegen. Die Geschäfte sind zum großen Teil recht nobel. Aber in Kapstadt sitzt auch sicher das meiste Geld in Südafrika. Immerhin ist es wohl eines der größten Zentren des Diamantenhandels und wer mit Diamanten handelt, kann sich wohl auch vieles andere leisten. Zum angegebenen Zeitpunkt treffen wir uns alle wieder am vereinbarten Punkt und Butz fährt uns zurück in unserer Quartier. Wir alle sind uns einig, dass schon dieser erste Tag sehr erlebnisreich war, entsprechend sind wir alle auch müde und verschwinden dann auch bald auf unsere Zimmer.

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