16. Tag (29. September 2020): Von Wustrow nach Gorleben

Tagesdaten: 84,78 Km

Der Tag ist wider wolkenlos und damit sehr sonnig. Die Temperaturen sollen bis auf 18 Grad ansteigen. Nach einem zünftigen Frühstück, dass mir Frau Grasnick in der guten Stube hergerichtet hat, geht es weiter. Auf ihre Empfehlung hin mache ich aber noch einen Abstecher nach Schreyahn, dass als eines der schönsten Rundlingsdörfer im Wendland gilt. Rundlingsdörfer sind gerade hier im Wendland weit verbreitet. Wenn man so durch das Wendland fährt, hat man schon den Eindruck, dass sich hier eine Subkultur der Atomkraftgegner angesiedelt hat. Man merkt es an den zahlreichen Kunsthandwerksbetrieben, Ateliers und Galerien sowie an den Akltivitäts- und Veranstaltungshinweisen. Man hat aber nicht den Eindruck, dass dies zu sonderlichen Spannungen mit der ursprünglichen Bevölkerung geführt hat. Dies wahrscheinlich vor allem wegen des einen gemeinsamen Ziels, die Verhinderung des Atommüllendlagers in Gorleben. Für mich geht es nun  weiter in Richtung Osten durch das Wendland vorbei an Wustrow und an dem etwa sieben Kilometer entfernten Salzwedel entlang der Grenze zwischen Sachsen-Anhalt und Niedersachsen. Die Gegend ist sehr flach und es geht durch Wälder, Wiesen und Auen. Es ist ein teilweise landwirtschaftlich genutztes Gebiet. Es handelt sich aber um eine sandige Geest, die mit Kiefern aufgeforstet wurde. Mit unfruchtbaren Böden und Wasserarmut infolge des wasserdurchlässigen Bodens ist es in seiner Geschichte eher siedlungsunfreundlich gewesen. Nach knapp 30 Kilometern geht es wieder rüber nach Sachsen-Anhalt in die Altmark zum Arendsee.

Interessant ist die Entstehung des Arendsees. Er unterscheidet sich in seiner Entstehungsgeschichte von der Mehrzahl der Naturseen des Norddeutschen Tieflandes, die vorwiegend eiszeitlich  entstanden sind. Zwar war eine Toteisablagerung in der Saale-Kaltzeit vor 100–150.000 Jahren wohl auch der Ursprung des Arendsees. Seine heutigen Dimensionen haben aber damit zu tun, dass der See direkt über einem Salzstock liegt. Tiefes Grundwasser sorgte für die Auslaugung des Salzes, was nachfolgend zu mehreren Einbrüchen des Deckgebirges des Salzstockes führte. Zuletzt geschah dies noch in historischer Zeit, nachweislich in den Jahren 822 und 1685. Das Gewässer ist somit als wassergefüllter Erdfall („Seefall“) oder auch Einbruchsee einzuordnen und gilt dabei neben dem Zwischenahner Meer als größtes seiner Art in Norddeutschland. Beim vorläufig letzten Einsturz im Jahr 1685 versank unter anderem die Mühle des Ortes im Wasser und die Fläche des Sees soll sich schlagartig um 20 Hektar vergrößert haben. Nach dem betroffenen Müller Arend wurden See und Ort umbenannt – so behauptet es eine Sage. Allerdings gab es den Namen Arendsee wohl bereits weit früher. 

In dem Ort Arendsee decke ich mich dann erst einmal bei Aldi mit neuem Proviant ein und lege dann am Seeufer eine längere Mittagspause ein. Es gibt wieder – Richtig: Laugenbrötchen und Bananen. Vorher mache ich aber noch einen Abstecher zum Kloster Arendsee, was aber verschlossen ist. Das Kloster Arendsee ist ein ehemaliges Kloster der Benediktinerinnen im Rang eines Priorates. Die Klosterkirche wird, wie die in Diesdorf, wo ich gestern vorbei kam, der Backsteinromanik zugerechnet. Sie ist heute Pfarrkirche der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Arendsee. Die Kirche bildet übrigens zusammen mit dem ehemaligen Klostergelände den nördlichsten Punkt der Straße der Romanik in Sachsen Anhalt. 1481 lebten 70 Nonnen in dem Kloster. 1540 wurde es von Kurfürst Joachim II. säkularisiert und in ein evangelisches Frauenstift für Adlige umgewandelt. Dieses Stift wurde 1813 aufgelöst. 1826 wurden Mauern des Klosters zum Wiederaufbau der Stadt nach einem Brand verwendet. Seither ist das Kloster eine Ruine. 1850 bis 1851 wurde die Kirche renoviert und die Ausstattung ergänzt.

Ich genieße die Sonne und den Blick auf den See. Aber nach einer Stunde zieht es mich dann doch weiter. nach etwa 10 Kilometern komme ich in das Auengebiet eine Nebenflusses der Elbe, dessen Unterlauf den Namen Aland trägt. Er mündet dann bei Schnackenburg in die Elbe. In Schnackenburg führt der deutsch-deutsche Radweg eigentlich über die Elbe nach Brandenburg. Daraus wird aber heute nichts, weil die entsprechende Fähre defekt ist. Dies hat einerseits den Vorteil, dass ich Zeit spare, denn ich hätte einige Kilometer weiter ohnehin wieder mit einer zweiten Fähre zurück über die Elbe setzen müssen. Andererseits sehe ich nun doch sehr wenig vom Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe und von der Elbe überhaupt. Nach einer Rast und einem Kaffee auf der Terrasse des Grenzlandmuseums in Schnackenburg, während dessen ich eine Alternativroute plane, geht es über Gartow und entlang des Gartower Sees an mein heutiges Ziel das „Hotel am Deichhaus“ in Gorleben.

Das Zimmer hier im Hotel ist sehr schön. Vor allem der Blick in die Auenlandschaft der Elbe ist wunderschön. Sehr angenehm ist auch, dass ich meine Wäsche waschen lassen kann und dass nur wenige Schritte vom Hotel entfernt die WunderBar ist,  in der ich einen hervorragenden Hamburger mit Pommes frites bekomme. So gab es heute zwar wenig Interessantes zu sehen, aber die Tour durch das Wendland und die Altmark bei herrlichem Sonnenschein, garantiert doch einen zufriedenen Rückblick auf den Tag.

 

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