3. Tag (16. September 2020): Von Stockheim nach Streufdorf

Tagesdaten: 83,06 Km

Auch heute noch einmal Bilderbuchwetter und wieder sollen die Temperaturen auf nahe 30 Grad ansteigen. Der Blick aus dem Hotelfenster auf den Frankenwald lässt schon erahnen, dass es ein schöner Tag wird. Nach dem Frühstück mache ich mich dann auf den Weg. Heute hat die Strecke allerdings nicht sonderlich viel zu bieten. Die Tour führt nun an den Ausläufern des Thüringer Waldes entlang und die Steigungen bleiben daher recht moderat. Zum ersten Mal komme ich aber heute an der ersten Gedenkstätte für eines der geschleiften Dörfer an der innerdeutschen Grenze vorbei. Es ist die Gedenkstätte für das Dorf Liebau. Diese Dörfer lagen im Sperrgebiet in unmittelbarer nähe der Grenze und waren daher nur schwer zu überwachen. Daher wurde von den DDR Grenztruppen erzwungen, diese Dörfer aufzugeben. Die Bewohner wurden nach und nach umgesiedelt und die Gebäude wurden geschleift. Den Bewohnern von Liebau gelang allerdings 1952, nachdem die Sperrzone geschaffen wurde, noch die geschlossenen Flucht nach Bayern. Das ist allerdings den meisten Bewohnern anderer Dörfer nicht gelungen oder sie sind sicher wegen ihrer Bodenständigkeit gar nicht auf die Idee der Flucht gekommen. Dier Häuser des Dorfes Liebau wurden dann erst 1975 geschleift. Für die geschleiften Dörfer an der innerdeutschen Grenze entstand nach der Wiedervereinigung ein großes Engagement vor allem der ehemaligen Bewohner, die Erinnerung an dieses Unrecht und an ihre Heimat nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. So finden sich mehrere Dutzend solcher Gedenkstätten entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze.

Ein weiterer markanter Ort meiner heutigen Tour ist die sogenannte Gebrannte Brücke. Die Brücke liegt unmittelbar vor den Toren von Sonneberg. Nach Überlieferungen aus dem Jahr 1162 bestand in dem sumpfigen Gelände ein Knüppeldamm oder eine kleine Brücke. Das verbaute Holz wurde zur Verbesserung der Dauerhaftigkeit angekohlt bzw. -gebrannt. Daher kommt wohl der Name, was mir allerdings im wahrsten Sinne des Wortes etwa sehr weit hergeholt erscheint. Zwischen 1945 und 1949 gab es an der Gebrannten Brücke einen Grenzübergang zwischen der amerikanischen Besatzungszone in Bayern und der sowjetischen Besatzungszone in Thüringen. Nach Gründung der DDR befand sich die Gebrannte Brücke auf der Thüringer Seite von 1952 bis zum 9. November 1989 im 500 m Sperrgebiet. Die Straße über die Gebrannte Brücke von Sonneberg nach Neustadt bei Coburg blieb bis 1953 für den Güterverkehr offen. Danach blieb sie bis 1989 gesperrt.  Am 12. November 1989 wurde die innerdeutsche Grenze hier geöffnet, am 1. Juli 1990 unterzeichneten hier Peter-Michael Diestel und Wolfgang Schäuble, die damaligen Innenminister der DDR und der Bundesrepublik, den Vertrag über die Abschaffung der Grenzkontrollen an der innerdeutschen Grenze.

Von der gebrannten Brücke geht es dann über Neustadt bei Coburg und Rödental bis zum Hochwasserrückhaltebecken Froschgrundsee, über den inzwischen die moderne Talbrücke Froschgrundsee errichtet wurde, auf der die ICE-Trasse Erfurt – Nürnberg verläuft. Im Laufe des Tages merke ich dann, dass meine Hinterradbremse nicht mehr richtig greift, offensichtlich haben die Bremsbeläge sich bei der gestrigen Fahrt durch das Fränkisch-Thüringische Schiefergebirge zu sehr abgenutzt. Sie waren auch nicht mehr ganz neu. So entschließe ich mich dann bei Lempertshausen vom Deutsch-Deutschen Radweg nach Bad Rodach abzubiegen, in der Hoffnung dort eine Fahrradwerkstatt zu finden. Die im Internet angegebene Fahrradwerkstatt ist leider schon seit zwei Jahre geschlossen wie mir ein Nachbar an der angegebenen Adresse erzählt. In Bad Rodach kann mir auch niemand sagen, ob es eine weitere Fahrradwerkstatt gibt, was mich bei einem Ort von immerhin über 6 Tsd. Einwohnern doch etwas wundert. Aber was soll´s. Dann werde ich morgen wohl in das von meiner gebuchten Unterkunft in Streufdorf etwa 30 Kilometer entfernte Coburg fahren müssen, wo ich mich schon einmal telefonisch vorsichtshalber bei einer Fahrradwerkstadt anmelde.

Die etwa 10 Kilometer von Bad Rodach nach Streufdorf fahre ich dann auf einer recht befahrenen Landstraße etwas in Gedanken versunken, weil ich darüber nachdenke wie ich nun meine Weiterfahrt am besten organisiere.. Streufdorf liegt dann schon wieder in Thüringen. Hier habe ich im Café im Hof ein hübsches Zimmer gebucht. Auch wenn das Café geschlossen hat, bietet mir der Wirt ein Abendessen an, weil es sonst keine Möglichkeit in Streufdorf gibt. Es ist ein hervorragender Leberkäse mit Spiegelei und Bratkartoffeln. Als ich dem Wirt frage, ob ich noch eine Nacht länger bei ihm verbringen könnte, weil ich morgen wegen der Fahrradreparatur nach Coburg müsse, kann er mir diesbezüglich zwar nicht helfen, meint aber, dass er jemanden in Bad Rodach kenne, der eine Fahrradreparaturwerkstatt habe. Den treffe er immer beim Fitnesstraining und er würde mal einen Freund anrufen, der den noch besser kennt und vielleicht auch dessen Telefonnummer habe. Gesagt getan, mein Wirt bekommt die Telefonnummer, ruft für mich dort an und so habe ich morgen um 9 Uhr einen Termin in einer Fahrradwerkstatt in Bad Rodach. So nimmt der Tag doch noch ein gutes Ende.

 

 

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