54. Tag: 26.05.2017 Esztergom – Budapest

Das Wetter scheint jetzt sommerlich zu werden. Es ist heiter bis wolkig und die Temperaturen steigen deutlich über 20 Grad. Heute geht es nach Budapest. Sicher ein wichtiger Meilenstein auf meiner Reise. Die Fahrt ist sehr abwechslungsreich und verläuft auch meist auf mehr oder weniger guten Radwegen. Das Gebiet ist hier hügelig und bergig, aber auch immer wieder eben. So wechseln sich Berge, Wälder, Dörfer und Städte mit landwirtschaftlich genutzten Flächen ab. Gegenüber gestern muss ich Ungarn etwas Abbitte leisten. Es gibt schon auch sehr schöne Gegenden hier. Highlights sind heute sicher Visegrad und das Donauknie, also der Knick durch das Visgrader Gebirge, der dazu führt, dass die Donau nun etwa 300 Kilometer nach Süden fließt.

Wenn man so auf die Karte schaut hat man den Eindruck, dass das Donauknie sogar eine Kniescheibe hat. Das ist die Szentendre-Insel in der Donau, die kurz hinter Visegrad beginnt, 38 Kilometer lang ist und ein Fläche von 56 qkm hat. Auf dieser Insel befinden sich zahlreiche Ortschaften, sie ist flach und wird landwirtschaftlich genutzt. Auch Visegrad hat in der ungarischen Geschichte immer wieder eine größere Rolle gespielt und war zeitweilig sogar Königssitz also Hauptstadt. Die Ungarn haben eine gewisse Inflation an Hauptstädten, was aber sicher daran liegt, dass sie so oft von den östlichen Völkern wie Mongolen und Türken verhauen wurden, dass sie dann immer sehen mussten, wo sie sich gerade wieder niederlassen konnten. Auch Visegrad war mehrere Jahrhunderte in Türkenhand und gehörte zum Osmanischen Reich. Als man die Türken dann vertrieben hatte, gab es keine Ungarn mehr dort und die Neubesiedlung erfolgte wieder überwiegend durch Deutsche. Von den alten Burgen und dem Königspalast stehen heute nur noch Ruinen. Dennoch gehört der Ausblick auf Visegrad sicher zu dem schönsten, was es an Donaublicken gibt. Daher wird es mir schwer fallen heute die richtige Auswahl bei den Fotos zu treffen.

Sehenswert ist sicher auch Vác mit einer Kathedrale und anderen sehenswerten Bauten. Da aber gerade die Fähre zur Szentendre-Insel abfährt verzichte ich auf eine weitere Besichtigung. Nachdem ich die Insel überquert hatte, ging es dann von Tahitótfalu über den sehr stark touristisch frequentierten Ort Szentendre auf wiederum mehr oder weniger guten Radwegen auf Budapest zu. Heute war wieder recht viel Betrieb auf dem Donauradweg. Zur Generation 60+ gesellten sich nun größere Jugend- und Kindergruppen mit erwachsenen Begleitern. Man hatte den Eindruck, dass heute irgendwie Klassenfahrten angesagt waren. Aber auch Ältere sah man heute in geführten Touren. Allerdings gehe ich davon aus, dass ich ab morgen wieder relativ allein unterwegs sein werde. Alle, die ich gefragt habe, gaben Budapest als ihr Reiseziel an.

Der heutige Abend war dann etwas frustrierend. Die ungarische Sprache ist ja für uns Mitteleuropäer nahezu unverständlich. Da ich noch nicht im Zentrum von Budapest bin, sondern etwas außerhalb vor Anker liege, nämlich an einem Ufer, wo offensichtlich ein kulinarischer Freizeitpark für die Stadtbewohner errichtet wurde, wollte ich dort auch mein Abendessen zu mir nehmen. Allerdings war es unmöglich eine englisch- oder deutschsprachige Kart zu bekommen und als die Lasagne, die ich entziffern konnte auch noch ausgegangen war, blieben mir nur noch Bruchetta und Gnocchi. So habe ich heute vegetarisch gelebt. Auch nicht schlecht. Ich hoffe nur, dass mir das jetzt nicht die nächsten drei Wochen so geht.

So, heute zum Schluss muss ich noch zwei Fragen von Werner Hempel beantworten. Erstens insistiert er meistens auf seinen Fragen, was manche nicht mögen, aber für den Erkenntnisgewinn doch gelegentlich hilfreich sein kann. Zweitens fand ich zumindest die Frage nach dem Gewicht meines Gepäcks, also die Frage warum muss ein „Mann“ 30 kg Gepäck auf dem Fahrrad mit rumschleppen, auch sehr interessant und gar nicht so einfach zu beantworten. Also zunächst einmal, lieber Herr Hempel, war es eigentlich noch Winter als ich losfuhr. Ich hatte also sowohl Winterausrüstung als auch im Hinblick auf anstehende Frühlingstemperaturen wärmere und leichtere Sachen mit. Dies ist aber inzwischen schon Vergangenheit und ich glaube, mein Gepäck ist auch schon erheblich leichter geworden. Ich habe aber zunächst einmal sechs Fahrradtaschen mit, was etwa schon mindestens 5 kg ausmacht. Ich habe fünf Fahrradkartenbücher mit, die pro Stück etwa 400 Gramm wiegen, was etwa 2 kg ausmacht. Ich ärgere mich schon seit langem, dass man die noch nicht als E-Books bekommt. Ähnlich ist es mit dem Europäischen Fahrradführer, der durchaus unverzichtbare Informationen zu den einzelnen Ländern enthält. Wiegt aber auch fast 1 kg und ist noch nicht elektronisch zu haben. Ich habe sicher auch etwa 2 kg an Werkzeugen, Schmierstoffen etc. mit. Hier habe ich schon einiges wieder nach Hause geschickt. Dazu kommt noch die ganze Technik wie Laptop, Kabel, Fotoapparat, wobei das nur eine Kompaktkamera ist, E-Books, Navi und Handy, was sicher auch noch mal 3-4 Kg ausmacht. Dazu kommen festere Schuhe, Sandalen, leichte Schuhe und Badlatschen, dann kommen da auch noch mal 3 kg zusammen. Und wenn Sie dann sehen, was dann noch zum Ankleiden bleibt, dann laufe ich eigentlich schon fast nackt rum, bzw. muss aufpassen, dass ich nicht nach kurzer Zeit zur Geruchsbelästigung werde. Letzteres bedingt natürlich auch, dass ich Waschmittel mit mir mitführe. Last but not least denke ich, dass ich mit meinem Gepäck inzwischen nur noch bei höchstens 25 kg liege und das braucht „Mann“ dann doch auf so einer Tour.

Was die zweite Frage betrifft, die Zeitschätzung wie lange ich abends für die Berichte brauche ist etwa zutreffend. Das ist natürlich gelegentlich eine Überwindung, aber da ich ja nicht zu den vielen Gutmenschen gehöre, die uns umgeben, sage ich auch ganz klar: In erster Linie mache ich es für mich, um nicht alles der Vergessenheit anheimfallen zu lassen, was ja angesichts der Fülle der Eindrücke durchaus leicht passieren kann und auch passiert. Da ich es aber nun niederschreibe, kann ich natürlich mit so einer Webseite auch meine Mitmenschen daran teilhaben lassen. Deshalb habe ich das diesmal begonnen. Urlaubstagebücher geschrieben habe ich nämlich schon oft. Und natürlich tut es jetzt meinem Ego besonders gut, dass ich inzwischen auf dieser Webseite schon über 10 Tsd. Mal besucht worden bin.

So, nun reicht es aber für heute!

Tagesdaten: 78.94 km/05:54 Std. Fz/13,38 km/h/223 Hm aufwärts/215 Hm abwärts

Ein Kommentar

  • Werner Hempel sagt:

    Lieber Herr Kohl,
    danke für die Beantwortung meiner Fragen. Es ist nicht nur reine Neugierde sondern der Wunsch bestimmte Dinge besser zu verstehen. Ich wollte auch nicht indiskret sein, was die Frage des Gepäcks angeht. Ich lese Ihre täglichen Berichte nach wie vor mit großer Freude aber auch großem Respekt vor der körperlichen Leistung, die Sie an Fahrtagen erbringen. Und ich verfüge über viel Fantasie und sehe Sie gerade Ihr Fahrrad mit 25 oder 30 kg Gepäck eine Steigung hochschieben. Hat man da nicht manchmal die Vorstellung: es reist sich besser mit leichtem Gepäck? Aber jetzt weiß ich zumindest, dass Motorradfahrer deutlich weniger brauchen, obwohl sie das Gepäck mittels Motorkraft bewegen.
    Der Recherche- und Berichtsaufwand ist wirklich erheblich. Aber was würde Fritz Teufel dazu sagen: „Wenn es der Wahrheitsfindung dient “ (Ende des Zitats). Und wenn Sie es für sich machen, dann kann ich auf jeden Fall weiter von Ihrem Fleiß und Ihrer Eigenmotivation profitieren.
    Also fahren und fotografieren und recherchieren und schreiben Sie weiter so ausführlich .
    Ich freue mich und werde zukünftig ein stiller Genießer.
    Beste Grüße
    Ihr
    Werner Hempel

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