42. Tag: 14.05.2017 Mauthausen – Melk

Nach einem bescheidenen Frühstück fahre ich ohne Gepäck hoch zur Gedenkstätte Mauthausen. Diese Besuche fallen mir immer schwer, weil mir das Grauen, das es dort gegeben hat, sehr bewusst ist, ich aber wenig Interesse daran finde, es mir immer wieder anzuschauen oder vortragen zu lassen. Dennoch bin ich der Meinung, dass man an diesen Gedenkstätten nicht einfach vorbeiziehen sollte. Sie sind wichtige Appellationsorte für unser Gewissen und so will ich auch Mauthausen gesehen haben und dort einige Zeit verweilen. In vielem erinnert Mauthausen an Buchenwald. Schon die exponierte Lage auf einer kahlen Anhöhe, die die dort erniedrigten und eingepferchten Menschen auch noch Wind und Wetter aussetzte, ist die gleich Situation. Nun war es heute ein recht schöner Tag. Dennoch war der Wind auf der Höhe recht scharf und spürbar. Hier kann man zumindest erahnen wie es war, wenn das Wetter mal etwas unfreundlicher wurde.

Ich verweile etwa eine halbe Stunde auf dem Gelände. Es wirkt auf mich etwas steril herausgeputzt und lässt die Gräuel, die hier geschahen, nur schwer erahnen. Es scheint sich auch eher als Gedenk- und Erinnerungsort zu verstehen. So haben viele Nationen und Opfergruppen auf dem Gelände Denkmäler und Gedenktafeln geschaffen. Auch ein stattliches Denkmal der ehemaligen DDR findet sich dort mit den Worten von Bert Brecht: „O Deutschland bleiche Mutter/wie haben deine Söhne dich zugerichtet…“ Während des Rundgangs fließen mir Tränen und ich werde von den doch recht zahlreichen Touristen verständnisvoll und mitleidig angeschaut. Es war allerdings weniger ein Ausdruck meiner vorhandenen Betroffenheit als mehr ein allergischer Anfall aufgrund der umherschwirrenden Pollen und Blüten.

Gegen 11 Uhr bin ich dann zurück am Gasthof, hole mein Gepäck ab und mache mich auf den weiteren Weg Richtung Wien. Es geht wieder lange Strecken entlang des Treppelweges und ich komme wieder mit Rückenwind gut voran. Es wird zunehmend wärmer und auch die Wolken nehmen ab, wenn sie sich auch gelegentlich noch einmal furchteinflößend zusammenballen. Auf so einer Tour steht man immer vor der Frage und dem Problem, was man sich anschaut. Sehenswertes gibt es genug. Aber da ist erst einmal das Problem, das Gepäck am Fahrrad unbeaufsichtigt zu lassen. Während man das Fahrrad relativ gut sichern kann ist da beim Gepäck nur schwer möglich. Auch will man natürlich vorankommen und so bleibt vieles auf der Strecke einfach liegen und ist bestenfalls Anregung für einen späteren Besuch. Wenn ich so meine immer wieder auftauchenden Parallelreisenden anschaue habe ich ohnehin den Eindruck, dass ich mir noch relativ viel anschaue. Für die meisten ist doch ausschließlich der Weg das Ziel. Natürlich gibt es da auch Ausnahmen.

Heute mache ich Station in Grein, weil ich dort von einem kuriosen Stadttheater gelesen habe, dass das älteste noch im Originalzustand erhaltene Theater Österreichs sein soll. Es ist im Alten Rathaus von Grein untergebracht und enthält für mich nun erstmals die plausible Erklärung für den Begriff „Sperrsitz“. Man konnte sie mieten und bei Nichtgebrauch hochklappen und abschließen, dass kein anderen sie gebrauchen konnte. Das Theater sieht auch tatsächlich so aus wie 1791 errichtet. Zwei weitere Kuriosa enthält es: Zum einen gibt es genau neben dem Zuschauerraum einen Abort, der nur durch einen Vorhang abgetrennt ist. Grund man wollte den den Abort benutzenden Zuschauern ermöglichen, bei Neuigkeiten auf der Bühne durch einen Spalt des Vorhangs das Geschehen zu verfolgen. Und schließlich gab es noch eine sehr löbliche Einrichtung für die im Rathaus Inhaftierten. Durch ein kleines Gitterfenster durften und k0onnten auch sie das Geschehen auf der Bühne verfolgen.

Auch ansonsten ist Grein sehr hübsch und für einen Ausflug sicher empfehlenswert. Vom Besuch des Apothekenmuseums im Schloss Greinburg habe ich dann allerdings Abstand genommen. Für mich ging es nun weiter auf guten Wegen und mit Rückenwind nach Melk. Die Landschaften wechselten hier mehrfach von flachen landwirtschaftlich bestellten Weiten des Donautals bis zu immer wieder auch doch recht engen Stellen des Donautals. So ist auch Grein eine Stadt, die an einer für Schiffe neuralgischen Stelle der Donau liegt. Insofern wurde hier über Jahrhunderte hinweg gutes Geld mit Lotsendiensten verdient, die auch die Stadt reich gemacht haben. So fand denn der Lotse auch Eingang in das Wappen von Grein. Dabei gilt Grein als Eingang und als Perle des Strudengaus, den ich bis dahin auch nicht kannte. Der Strudengau ist letztlich ein Teil des Böhmischen Massivs, durch das sich die Donau ihren Weg gesucht hat.

Es geht dann weiter vorbei an der weit ins Land ragenden Kirche Maria Taferl, eine der bedeutendsten Wallfahrtskirchen Österreichs, bis schließlich auch in der Ferne sich die mächtige Benediktinerabtei des Klosters Melk über der Donau erhebt. Der Ort Melk, der darunterliegt, ist dann mein heutiges Etappenziel. In der Pension Zum Weißen Lamm bekomme ich ein Zimmer. Leider hat das WLAN auch hier wieder seine Mucken, wodurch mein Bericht wieder erst später erscheinen wird.

 

Tagesdaten: 93,44 km/05:34 Std. Fz/16,80 km/h/286 Hm aufwärts/218 Hm abwärts

 

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