Nach der durchwachten letzten Nacht im Bus brachten mich heute 9 Stunden tiefer Nachtschlaf zu gewohnter Frische und Fitness zurück. Da es in dem Guesthouse kein Frühstück gab, musste ich mich selbst mit Frühstück versorgen. So fuhr ich kurz nach 8 Uhr in die Stadt hinein und erkannte bzw. erinnerte dann auch bald, dass Bäckerei doch Pekara hieß. Leider gab es dort keinen Kaffee und den brauche ich morgens schon. Mit Limonade war mir da nicht gedient. Also nahm ich mir ein Schinken-Käse-Tomaten Gebäckteil und eine Käsebrezel mit, aß das erste Teil und machte mich auf die Suche nach einem Café. Bald fand ich eine Art Kaffeebar in der mehrere Männer in meinem Alter saßen. Da dachte ich, hier bist Du richtig! Der freundliche Wirt, auch in meinem Alter, verstand auch relativ gut, was ich wollte und brachte mir einen doppelten Espresso. Nachdem ich den zweiten getrunken hatte, fühlte ich mich für den Tag gerüstet. In einem nahe gelegenen Kaufladen erstand ich noch eine große Flasche Mineralwasser sogar mit Kohlensäure, was ja außerhalb Deutschlands relativ unüblich ist und eine Flasche Apfel/Trauben-Schorle.

In Panchevo fuhr ich dann die Promenade des Temesch entlang, der hier in die Donau mündet. Das Wetter ist heute wieder sehr angenehm. Die Temperaturen stiegen auf über 20 Grad. Panchevo, früher eine bedeutende Handelsmetropole, ist übrigens in der jüngeren Geschichte mehrfach übelst heimgesucht worden. So verübten hier die Nazis grauenhafte Massaker, was später aber auch zu entsprechenden Racheakten an den hier lebenden Jugoslawiendeutschen führte, denen die Staatsbürgerschaft entzogen wurde und alle damit verbundenen bürgerlichen Rechte aberkannt wurden. Es wurde ein Internierungslager mitten in der Stadt errichtet, in dem bis 1948 insgesamt fast 1000 inhaftierte Einwohner von Panchevo ums Leben kamen. Auch der Kosovokrieg von 1999 hat Panchevo schwer getroffen. Nachdem mehrere Industrieanlagen, insbesondere Raffinerien durch NATO-Flugzeuge schwer bombardiert wurde, musste ein großer Teil der Bevölkerung wegen der durch die Brände verursachten hohen toxischen Kontamination kurzfristig evakuiert werden. Die im Grundwasser nachgewiesene toxische Kontamination betrug noch Jahre nach dem Bombardement mehr als das zigtausendfache des zulässigen Grenzwertes. Die langfristigen gesundheitsschädigenden Belastungen für Mensch und Umwelt sind auch heute noch nicht abschätzbar. Dies zu erfahren ist doch immer wieder sehr beklemmend, gerade wenn man wie ich den damaligen Krieg für notwendig gehalten hat.

Den heutigen Tag verbrachte ich auf einer wenig bis mäßig befahrenen Straße. Vor dem Donauradweg warnte selbst der bikeline-Führer und auch die Beschilderung wies darauf hin, dass er sehr schwer zu befahren sei und wies daher die Alternativstrecke über die Straße ebenso aus. So fuhr ich über Omoljica und Kovin nach Smederovo. Smederovo liegt zwar etwas abseits der Route, aber ich wollte zumindest einen Blick auf und in die mittelalterliche Festung werfen. Smederevo war im 15 Jahrhundert mal für mehrere Jahrzehnte serbische Hauptstadt. In dieser Zeit wurde auch die Festung errichtet. Sie galt lange Zeit als eine der widerstandsfähigsten Verteidigungsanlagen Europas und wurde vor allem zur Abwehr der Ungarn, deren Reich sich bis auf die andere Seite des Donauufers erstreckte und zur Abwehr der Osmanen errichtet. Dies nützte freilich nichts, weil die Osmanen dann 1459 schon Smederevo und das von hieraus regierte serbische Despotat eroberten.

Ich mache eine Rundfahrt mit dem Fahrrad durch die wirklich beeindruckende Anlage. Ihre größte Beschädigung erhielt die Festung durch eine schwere Explosion im Jahre 1941 eines dort von den Deutschen im Zweiten Weltkrieg eingerichteten Waffenlagers, wobei Tausende Menschen in der Stadt starben.

Mein Quartier, das HostelChe liegt etwa 5 Kilometer westlich von Smederevo. In diesem Hostel bekomme ich ein Apartment von etwa 60 qm für etwa 8 € die Nacht, das Frühstück für 3 € und ein Abendessen für 5 € einschließlich eines halben Liters Rotwein. Ich bin begeistert. Von der Terrasse aus hat man einen fantastischen Blick auf die Donau. So richte ich mich hier erst einmal ein und beginne meinen Bericht zu schreiben. Leider wechselt am frühen Abend dann das Wetter und mit einer zunächst mal alles davonwehenden Windböe zieht ein Regentief heran und es wird innerhalb kurzer Zeit auch merklich kühler. So flüchte ich dann erst einmal wieder in die ebenfalls sehr ansprechenden Innenräume. Der Regen könnte zwar morgen früh schon durchgezogen sein aber leider wird es wieder 10 Grad kälter. Jetzt lasse ich es mir aber erst einmal schmecken!

Tagesdaten: 64,73 km; 5:14:04 Std. Fz, 12,36 km/h; 113 Hm

2 Kommentare

  • Regina Sakowitz sagt:

    Lieber Wolfgang,
    Glückwunsch für den gelungenen Start und weiterhin eine gute Reise mit viel Sonne und Rückenwind.
    Herzliche Grüße aus Chemnitz.

    Regina

    • Wolfgang Kohl sagt:

      Vielen Dank für die guten Wünsche, liebe Regina, leider wird das Wetter wieder etwas schlechter in den nächsten Tagen. Aber es kommen dann auch wieder bessere Prognosen. Die ersten beiden Tage waren auf jeden Fall vielversprechend.

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