3. Tag (31. Juli 2024) – Von Zakopane nach Lapsze Nizne

Tagesstrecke: 70,3 Km

Als ich aufstehe scheint draußen die Sonne, es sind aber lediglich 9 Grad. Bis 9 Uhr sollen es aber bereits 18 Grad sein und über den Tag sollen es über 25 Grad werden. Nach dem Frühstück verpacke ich meine Sachen auf dem Fahrrad und komme schon gegen 8:45 Uhr los.

Besuch noch einiger gestern nicht geschaffter Sehenswürdigkeiten in Zakopane

Ich beginne meine Tour außerplanmäßig mit dem nochmaligen Versuch, dass älteste dem Zakopane-Stil zugeordnete Haus, die Villa Koliba, zu besuchen. Ich will zwar aus Zeitgründen nun nicht mehr das Museum besuchen, aber möchte dieses Haus zumindest noch mal von außen betrachten. Der Versuch hat sich gelohnt. Das Tor ist bereits um kurz vor 9 Uhr geöffnet. Ich betrachte das Haus von allen Seiten. Auffällig ist das der Architekt Stasnislaw Witkiewicz die Ornamentik der alten Golanenhäuser übernommen, sie aber durch weitere filigrane Holzschnitzereien erweitert hat.

Zwei weitere Sehenswürdigkeiten, die ich gestern nicht geschafft habe, die aber auf meinem heutigen Weg liegen, schaue ich mir noch im fünf Kilometer entfernten Ortsteil Harenda an. Es ist zum einen die Holzkirche Johannes der Apostel und Evangelist. Sie wurde um 1700 im barocken Stil der kleinpolnischen Holzkirchen in Zakrzów bei Kalwaria Zebrzydowska erbaut. Im Jahr 1947 wurde sie nach Zakopane versetzt und im Stadtteil Harenda wieder aufgebaut. Die Kirche wurde sodann von Władysław Jarocki, dem Schwager von Jan Kasprowicz, renoviert. Leider kann man nur einen flüchtigen Blick durch ein schmiedeeisernes Torgitter ins Innere hineinwerfen. Die Kirche ist der älteste Sakralbau in Zakopane.

Die zweite Sehenswürdigkeit hier in Harenda ist die direkt neben der Kirche stehende Villa Harenda (poln. Willa „Harenda”), die 1892 im Zakopane-Stil erbaut. In der Villa wohnte in den 1920er Jahren die englische Künstlerin und Schriftstellerin Winifred Cooper sowie ab 1923 bis zu seinem Tod der polnische Schriftsteller, Dichter, literarischer Übersetzer und Hochschullehrer Jan Kasprowicz mit seiner Frau Maria. In der Villa befindet sich seit 1950 ein Museum, das sich dem Wirken des Jan Kasprowicz widmet. Neben der Villa wurde ein Mausoleum für ihn errichtet (das ich mir leider nicht angeschaut habe), in dem er bestattet wurde.

Ich hätte mir gerne noch das Museum und das Haus noch etwas näher angeschaut, aber die Zeit ran davon. Vielleicht sollte ich in nicht allzu ferner Zukunft noch einmal nach Zakopane kommen.

Die Fahrt entlang des Dunajec und nach Lapsze Nizne

Heute beginnt also meine Fahrradtour. Zakopane ist der Ausgangspunkt eines Radwegs entlang des Danujec, dem etwa 247 Kilometer langem rechten nicht schiffbaren Nebenfluss der Weichsel, der mit seinen Quellflüssen Czarny Dunajec (Schwarzer Dunajec) und Biały Dunajec (Weißer Dunajec) in der Tatra entspringt. Beide Quellflüsse vereinigen sich bei Nowy Targ zum Dunajec, dieser wird in den bald danach folgenden Stauseen Jezioro Czorsztyńskie und Jezioro Sromowskie erst einmal angestaut.

Der beliebte Dunajec Radweg folgt seit der Saison 2020 angeblich einer völlig neuen Route! Im Rahmen großer Investitionen wurden viele Kilometer Radwege und imposante Fahrradbrücken gebaut. Sie gelten als sicher (auch für Familien mit Kindern) und sind gut ausgeschildert, ohne schwierige Anstiege und äußerst malerisch. In Bezug auf die Qualität und Attraktivität steht der Dunajec – Radweg den bekannten europäischen Radwegen  wie dem an der Donau oder der Mosel in nichts nach.

Der Name Dunajec stammt aus dem Altpolnischen und bedeutet „Sohn der Donau“, sicher ein nicht ganz einleuchtender Name.

Die erste größere Stadt, die ich passiere ist Nowy Targ. Nowy Targ ist eine polnische Kreisstadt in der Woiwodschaft Kleinpolen mit etwa 33 Tsd. Einwohnern. Sie gilt als Hauptstadt der Podhale-Region und der Euroregion Tatry, liegt am Dunajec nördlich der Hohen Tatra im Neumarkter Becken, rund 65 Kilometer südlich von Krakau und zählt etwa 30.000 Einwohner. Die Stadtgründung erfolgte im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts.

Einen kurzen Stopp ist der zentrale und gut gepflegte Marktplatz der Stadt wert. Hier steht neben dem Rathaus eine auffällige Guss-Skulptur Dialog, die eine Geis mit einem Lamm tanzend oder im Dialog darstellt. Das Tierpaar wurde vom Bildhauer Michał Batkiewicz geschaffen.

Nach 44 Kilometern erreiche das recht einfache Herrenhaus in Łopuszna aus dem 18. Jhdt. Es ist von der Straße aus sichtbar. Es ist der ehemalige Sitz der adeligen, patriotischen Familien Lisicki, Tetmajer und Lgocki. Die Geschichte des Bauernhofs in Łopuszna reicht bis ins 16. Jahrhundert zurück. Das Herrenhaus selbst wurde aber erst viel später um 1790 von Romuald Lisicki, dem Konföderierten der Bar, erbaut.

Eine weitere Kirche ist die Erzengel-Michael-Kirche, eine weitere Holzkirche in Dębno Podhalańskie. Das Gebäude wurde 2003 in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen. Die Kirche befindet sich auf der sogenannten Holzarchitekturroute von Małopolska (Kleinpolen). Im Kircheninneren befinden sich vielfarbige Malereien aus dem 15. und 16. Jahrhundert mit geometrischen und floralen Mustern, welche alle Decken und Wände (außer einzelnen Wandpartien des Kirchenschiffes), auch Chorgeländer, Kanzel und Bänke bedecken. Es konnten 77 Muster unterschieden werden, die in 12 Anordnungen und 33 Farbvarianten auftreten. Hinzu kommen gotische Architekturelemente (Bögen, Spitzen, Maßwerke). An den Wänden finden sich auch Konsekrationskreuze. In der Kirche befindet sich ein spätgotisches Triptychon aus dem frühen 16. Jahrhundert, ein Kreuz stammt von 1380, der Tabernakel ist aus dem frühen 14. Jahrhundert, ebenso befindet sich in der Kirche ein Glockenspiel (Musikinstrument) aus dem 15. Jahrhundert.

Sehr originell, der wohlbeleibte Pfarrer mittleren Alters sitzt mit zwei jungen Mädchen vor der Kirche unter einem schattenspenden Baum und verkauft den Besuchern Bilder der Kirche und auch Führer und Erläuterungen. Als ich ihn frage, ob ich sie mal fotografieren dürfe, bejaht er das und stellt sich etwas provokativ hinter die Mädchen und faltet der einen über dem Kopf die Hände und legt sie ihr dann auf die Schulter, was dieser aber nicht so recht zu sein scheint. Mir ist das Ganze auch etwas peinlich, weil ich eine solche Inszenierung nicht wirklich wollte und werde daher die Bilder auch nicht veröffentlichen.

Schließlich gelange ich nach etwa 51 Km an den Stausee Jezioro Czorsztyńskie an den Flüssen Dunajec und Białka. Hinter der 56 m hohen Staumauer wird das Wasser der Dunajec und Białka sowie kleinerer Zuflüsse aufgestaut. Das Zuflussgebiet umfasst 1287 km². Bei Vollstau beinhaltet der Stausee 234,5 Millionen m³ Wasser. Die Wasserfläche beträgt dann 11 km² und die Uferlänge 30 km. Der Staudamm ist 60 m hoch und über 400 m lang. Flussabwärts direkt im Anschluss liegt der Stausee Jezioro Sromowskie. Er ist um einiges kleiner. Hinter der 11 m hohen Staumauer und über 460 m langen Staumauer wird das Wasser der Dunajec und Niedziczanka aufgestaut. Das Zuflussgebiet umfasst über 1300 km². Bei Vollstau beinhaltet der Stausee 7,5 Millionen m³ Wasser. Die Wasserfläche beträgt dann 1 km².

Der Weg entlang des Stausees ist überwiegend ohne Schwierigkeiten zu fahren und ist gut ausgebaut. An einigen Stellen sind aber einmal 100 und einmal 50 Höhenmeter mit Steigungen von bis zu 14 Prozent zu bewältigen und die Temperaturen sind inzwischen auf 28 Grad geklettert. Hier wurde dann auch das Schieben sehr anstrengend. An der Staumauer lege ich dann noch einmal eine Pause ein und mache einige Fotos. Der Stausee liegt nämlich ziemlich malerisch von Hügeln, Bergen und Dörfern umgeben. Besonders malerisch Das Schloss bzw. die Burg Niedzica.

Mein heutiges Ziel ist Lapsze Nizne. Hier habe ich eine preiswerte aber schöne moderne Unterkunft in einem neuen Spa-Hotel bekommen. Zu Lapsze Nizne ist wenig zu sagen, außer, dass es eines der vierzehn Dörfer in der Polnischen Zips ist, das die Schleife des Dunajec zwischen der westlichen und der östlichen Berührung der Slowakei umschließt. Es liegt etwa sechs Kilometer von Danajec und den Stauseen entfernt. Diese Strecke muss ich dann morgen wieder zurückfahren, um meinen Weg fortzusetzen. Das Abendessen nehme ich dann auch im Restaurant des Hauses ein.

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