Es hat mir offensichtlich gutgetan, den versäumten Schlaf nachzuholen und gestern nicht die weite Tour zu machen. Auf jeden Fall war ich heute Morgen wieder fit. Da man mir für heute ein Frühstück angeboten hatte, habe ich auf die Eigenversorgung verzichtet. Das Frühstück war wirklich sehr lecker. Offensichtlich ist bei den Finnen Porridge, also ein Haferbrei, die Grundlage des Frühstücks. Aber es gab auch gutes Brot, Wurst und Käse sowie Marmelade und ein hart gekochtes Ei. Zu Gast war noch ein finnisches Ehepaar, was auf dem Weg nach Russland war, um dort zu wandern. Es entwickelte sich in beiderseits gebrochenem Englisch ein interessantes Gespräch. So erfuhr ich, dass es zwischen Finnland und Russland keinen kleinen Grenzverkehr wie beispielsweise zwischen Norwegen und Russland gibt. Selbst wenn die Finnen nur mal vier Tage in Russisch Karelien wandern wollen, brauchen sie ein ähnlich aufwendiges Visum wie wir.

Da ich schon vor dem Frühstück eingepackt hatte, kam ich danach so gegen 9 Uhr gleich los. Ich wollte nun natürlich etwas weiter als gestern geplant kommen und so nahm ich mir als Ziel Möhkö direkt an der russischen Grenze vor. Dort soll es laut bikeline sehr schön sein. Um der Gegend noch Bedeutung zu verleihen, wirbt um Hattuvaara damit, der östlichste Ort der EU in Kontinentaleuropa zu sein. Lediglich die Insel Zypern liegt natürlich noch weiter östlich und Möhkö, da es nun direkt an der russischen Grenze liegt, ist natürlich des östlichste Teil des östlichsten Ortes. So soll ein kleines Café hier im Ort sogar damit werben, die östlichste Terrasse der EU zu sein.  Außerdem gibt es hier ein Eisenhüttenmuseum, weil man früher Seeerz aus dem Boden des Sees gewonnen hat. Von 1849 bis 1907 wurde hier in der damals größten Eisenhütte Finnlands Roheisen produziert. Das möchte ich mir morgen doch mal anschauen, was es da zu sehen gibt. Von Seeerz hatte ich bisher noch nichts gehört.

Die Fahrt war angenehm aber wieder unspektakulär. Angenehm auch wegen des sich stabilisierenden schönen Wetters. Es ist heiter bis wolkig bei Temperaturen um die 20 Grad. Heute hatte ich erstmals ein kurzärmliges Shirt an. In Hattuvaara, da wo ich gestern eigentlich hinwollte, machte ich dann am „Haus der Kämpfer“ Mittagspause. Das Museum habe ich mir geschenkt und mir lediglich einen Kaffee gegönnt. Auch den vielen Kanonen, die da herumstanden, kann ich nichts mehr abgewinnen. Das sehen und empfinden die Finnen wohl anders. Das Haus der Kämpfer war recht gut besucht. Auch sonst führte die Tour wieder an einigen Erinnerungsrelikten an die Kriege in Finnland vorbei.

Etwas schlechter wurden heute die Straßen. Die Landstraße, die ich erst mal 70 Kilometer fuhr und die sonst meistens sehr gut asphaltiert sind, war auf einer Streck von etwa 30 Kilometern nur mit einer asphaltähnlichen Schicht bedeckt und festgefahren. Es ließ sich zwar darauf einigermaßen fahren, aber zunehmend machten Schlaglöcher Probleme und ich musste insbesondere bei Abfahrten sehr konzentriert sein. Die letzten 25 Kilometer waren dann Schotterstrecke auf einer Nebenstraße. Das reduzierte natürlich die Durchschnittsgeschwindigkeit.

Als ich in Möhkö ankam erwies sich der im bikeline vorgeschlagene Übernachtungsmöglichkeit als Flop, weil hier nur Hütten ab 90 € angeboten wurden. Die Suche nach Alternativen erwies sich dann als etwas schwierig, wenn man sich in so einem Ort überhaupt nicht auskennt. Schließlich kam ich aber auf ein Gelände, wo Caravanplätze waren und einer auch dastand. Hütten gab es hier keine aber der Vermieter, der nach kurzer Zeit auftauchte bot mir ein etwa 300 Meter entfernt liegendes Apartment zu einem günstigen Preis an. Es ist wirklich sehr angenehm. Ein großer Wohn- und Schlafraum eine Küche und ein Bad. Leider hatte der Vermieter vergessen mir das Wasser aufzudrehen und der Haupthahn war offensichtlich in der Nachbarwohnung. Es war nicht ganz einfach, dieses Problem zunächst seiner Frau zu erklären, die a) mit mir nichts anzufangen wusste und b) noch weniger Englisch sprach als ich. Als es dann aber klappte und sie mein Problem verstand und auch wusste, dass ich tatsächlich zu ihnen gehörte, muss ich ihr schon Respekt zollen für ihr Engagement. Lange Rede kurzer Sinn, nach einer halben Stunde kam ihr Mann, der offensichtlich schon etwas weiter weg unterwegs war etwas geknickt bei mir angefahren, sich viele Male entschuldigend, dass er tatsächlich an das Wasser nicht gedacht habe. Ich war es zufrieden und konnte dann duschen und mir einen Tee kochen.

Tagesdaten: 97,50 Km; 07:37:24 Std. Fz.; 12,79 Km/h; 723 Hm

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