Tagesdaten: 59,00 Km
Heute ein herbstlich trüber Tag. Der Himmel ist bedeckt. Es bleibt zwar trocken, aber zumindest am Vormittag ist es irgendwie ungemütlich. Das Frühstück hier im Landhaus ist aber sehr lecker.
Von Zarrentin nach Lübeck
Nach dem Frühstück geht es los. Angesichts des Wetters und weil ich die Gegend hier schon aus früheren Jahren recht gut kenne entscheide ich mich dafür nicht den ganzen recht gewundenen Weg entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze zu fahren, sondern knapp 20 Kilometer einzusparen und vom Nordwestende des Schaalsees über Salem direkt nach Ratzeburg zu fahren. In Ratzeburg mache ich dann eine längere Pause und besuche mal wieder den Ratzeburger Dom, der sehr malerisch auf einer allerdings mit Dämmen verbundenen Insel im Ratzeburger See liegt. Der Dom gilt als ein herausragendes Zeugnis romanischer Backsteinarchitektur in Norddeutschland. Das ab 1160 unter Bischof Evermod erbaute Gotteshaus befindet sich auf dem höchsten Punkt der Nordspitze der Altstadtinsel von Ratzeburg. Es beherbergt die Gebeine des 1066 im Wendenaufstand getöteten hl. Ansverus. Gestiftet wurde der Dom von Heinrich dem Löwen als Bischofskirche des Bistums Ratzeburg. Daher ist er einer der vier sogenannten Löwendome, zu denen auch die in Schwerin, Lübeck und Braunschweig gehören. Eine Replik des Braunschweiger Löwen steht seit 1881 auf dem Domhof zu Ratzeburg.
Der Dom besitzt eine reichhaltige Innenausstattung. So beherbergt er unter anderem das älteste Chorgestühl Norddeutschlands. Auch der im frühbarocken Knorpelstil gehaltene Hochaltar von Gebhard Jürgen Titge (1629, heute im südlichen Querschiff) sowie das 1649 ebenfalls von Titge im gleichen Stil geschaffene herzogliche Epitaph von August von Sachsen-Lauenburg und seiner Ehefrau, der geschnitzte Flügelaltar aus der Spätgotik, die prächtige Renaissancekanzel von 1576 und eine Triumphkreuzgruppe aus dem 13. Jahrhundert sind nur einige Beispiele. Im Innenhof des Kreuzgangs befindet sich seit 1978 auch ein Nachguss der Plastik des Bettlers von Ernst Barlach. Ernst Barlach (1870 – 1938) verbrachte hier in Ratzeburg von 1876 bis zum Tod seines Vaters 1884 einen Teil seiner Jugend. Dies alles schaue ich mir in Ruhe an bevor es nun wieder auf dem deutsch-deutschen Radweg weitergeht.
Der Weg führt nun auf der Ostseite am See entlang. Über Bäk und schließlich hinter Kalkhütte geht es auf einem Feldweg noch einmal nach Mecklenburg Vorpommern über die inzwischen recht malerischen Dörfer Campow und Utrecht. In Rotenhusen, am Nordende des Ratzeburger See, bin wieder in Schleswig-Holstein. Von hier geht es nun die letzten 16 Kilometer entlang der Wakenitz in das Zentrum von Lübeck. Die Wakenitz ist der natürliche Abfluss des Ratzeburger Sees. Sie verlässt den See am nördlichsten Punkt bei Rothenhusen und verläuft in nordnordwestliche Richtung bis zum Stadtgebiet Lübecks. Die Wakenitz bildet über weite Strecken die Grenze zwischen den Bundesländern Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern und damit seinerzeit auch die innerdeutsche Grenze.
Mein Hotel liegt mitten im Zentrum von Lübeck am Mühlenteich. Leider habe ich mich bei der Auswahl vertan und dachte ich käme in ein mir von früher bekanntes Hotel. Somit habe ich nun zwar das teuerste aber mit etwa 7 qm auch das ungemütlichste Zimmer meiner gesamten Tour. Auch mein Fahrrad kann ich nicht sicher unterstellen. Man hat weder eine Garage noch einen Parkplatz. So muss ich es notdürftig an einer Metallstange vor der Tür des Hotels direkt an einer der Haupteinkaufsstraßen von Lübeck anschließen. Nicht gerade vertrauenserweckend.
Nach meinem bikeline endet der Deutsch-Deutsche Radweg hierin Lübeck. Tatsächlich fehlen aber noch einige Kilometer bevor er an der Ostseeküste in Ostseeküstenradweg übergeht und damit ein weiterer Teil des Radweges Eiserner Vorhang also des Iron Curtain Trails wird. Diesen Teil werde ich dann morgen noch absolvieren. Nachdem ich mich in meiner unwohnlichen Kemenate halbwegs eingerichtet habe, zieht es mich schon bald wieder nach draußen und es folgt heute noch ein ausgedehnter Stadtrundgang durch Lübeck.
Stadtrundgang in Lübeck
Meinen Stadtrundgang beginne ich am Mühlenteich mit dem schönsten Blick auf den Lübecker Dom. Wie schon gesagt gehört auch der Lübecker Dom zu den vier sogenannten Löwendomen. Im Jahre 1173 legte Heinrich der Löwe als Stifter den Grundstein des Domes als Kathedrale für das Bistum Lübeck. Der damals romanische Dom wurde etwa 1230 fertiggestellt und 1266 bis 1335 zu einer gotischen Hallenkirche umgebaut, indem man die Seitenschiffe etwa auf die Höhe des Mittelschiffes auf rund 21 Meter anhob. Im Zuge der Reformation wurde der Dom bis 1803 gemeinschaftliches Eigentum von Stadt und Domkapitel und ging dann mit Auflösung des Domkapitels in das Alleineigentum der Stadt über. Das Domkloster Lübeck wurde Ende des 19. Jahrhunderts Museumsstandort des Museums am Dom. Weiter gehe ich dann an die Obertrave mit ihren Postkartenmotiven. Nicht weit davon entfernt geht es zum Holstentor, dem wohl bekannteste Wahrzeichen von Lübeck. Danach schlendere ich durch die Altstadt. Zunächst geht es von der Trave weg in die Mengstraße, die seit Thomas Manns weltberühmten Werk „Buddenbrooks“ sicher zu den berühmtesten Straßen Lübecks zählt. So befindet sich hier auch das Buddenbrookhaus, in der einstmals auch die Familie Mann wohnte und das Thomas Mann in seinem Roman der fiktiven Familie Buddenbrook zuordnete, was insofern auch plausibel ist, weil die Buddenbrooks wohl viele Parallelen mit seiner eigenen Familie aufweisen.
Gegenüber dem Buddenbrookhaus steht dann stolz und mächtige die Lübecker Marienkirche (offiziell heißt sie St. Marien zu Lübeck), die von 1277 bis 1351 erbaut wurde. Die Lübecker Bürger- und Marktkirche ist von jeher ein Symbol für Macht und Wohlstand der alten Hansestadt und befindet sich auf dem höchsten Punkt der Lübecker Altstadtinsel. Sie ist schon von daher im Laufe der Jahrhunderte die bedeutendere Kirche als der Dom geworden. Die Kirche ist Teil des UNESCO-Welterbes Lübecker Altstadt. St. Marien gilt als „Mutterkirche der Backsteingotik“ und als ein Hauptwerk des Kirchenbaus im Ostseeraum. Sie gehört zur Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland. Da ich sie noch offen finde, mache ich noch einen kurzen Besuch und muss auch nur noch den halben Eintrittspreis entrichten, weil in 20 Minuten geschlossen wird.
Nach dem Rundgang in der Marienkirche geht es über den Marktplatz mit dem historischen Rathaus. Auch das Rathaus der Hansestadt Lübeck zählt zu den bekanntesten Bauwerken der Backsteingotik. Es ist eines der größten mittelalterlichen Rathäuser in Deutschland. Mir persönlich gefällt das Rathaus nicht so, weil ich es immer als sehr unharmonisch empfinde. Last but not least gehe ich dann noch in das gegenüber dem Rathaus angesiedelte Geschäft von Niederegger, weil ich dem Marzipan einfach nicht widerstehen kann und decke mich mit Vorräten für die nähere Zukunft ein. Ich denke, das habe ich mir nach dieser Tour doch verdient. Nun schlendere ich noch durch die Lübecker Altstadt zurück und nach einem kurzen Zwischenstopp im Hotel gehe ich die wenigen hundert Meter auf die andere Seite des Mühlenteichs in die Alte Mühle. Mit dieser hatte ich übrigens mein Hotel verwechselt und stelle nun fest, dass es sich bei der Alten Mühle ohnehin nur um ein Restaurant handelt. Dies habe ich allerdings in guter Erinnerung, weil es hier einen guten Flamkuchen gibt. Leider ist aber auch hier schon wieder alles ausgebucht. So bleibt mir nur bei 12 Grad ein Sitz draußen im Freien. Das Abendessen fällt damit recht kurz aus und nach einem kleinen Abendspaziergang treibt die Temperatur mich dann doch recht früh zurück in mein Hotel.