Heute Morgen erst einmal gemĂŒtlich in meinem Apartment gefrĂŒhstĂŒckt. Es gab sogar Kaffee und ich war so frei, mich einfach zu bedienen. Nachdem ich eingepackt hatte, ging es dann auch gegen 9 Uhr los und das war auch gut so, denn die Strecke nach Lieksa war ĂŒber 100 Kilometer. Das Wetter war in Ordnung. Morgens noch bedeckt aber nicht sehr kĂŒhl. Ab 10 Uhr kam die Sonne durch die Wolkendecke und es war vier Stunden sehr schön. Danach zog es aber wieder zu und es wurde kĂŒhler aber Gott sei Dank kein Regen.
Die Fahrt selbst war wieder nicht reich an Höhepunkten. Wenn ich gestern beklagte, dass es hier an den StraĂen kaum RastplĂ€tze gibt, wollte man mich heute wohl LĂŒgen strafen. Zwanzig Kilometer hinter Kuhmo kam dann ein gut ausgebauter Rastplatz mit entsprechender Infrastruktur. Sie war aber wohl mehr der SehenswĂŒrdigkeit der alten finnischen Verteidigungsanlagen geschuldet. Die Finnen prĂ€sentieren nĂ€mlich offensichtlich sehr gerne ihre seinerzeit ausgehobenen SchĂŒtzengrĂ€ben und stellen auch gerne altes Kriegsmaterial aus. Was die SchĂŒtzengrĂ€ben betrifft, wurden sie ĂŒbrigens je nach Verlauf der kriegerischen Auseinandersetzungen von den Gegnern, insbesondere den Russen, genauso gerne genutzt wie von den Finnen.
Ich fuhr heute weite Strecken durch eine sehr einsame Gegend. Auf einer NebenstraĂe, auf der ich etwa 80 Kilometer weit fuhr, kamen mir vielleicht ein Dutzend Autos entgegen. Viel mehr haben mich auch nicht ĂŒberholt. Es sind zwar auf der Karte einige Ortschaften genannt, aber man nimmt sie kaum war, weil es sich meist um wenige HĂ€user handelt, die dann auch noch weit verstreut stehen. Lediglich NurmijĂ€rvi hatte einen gewissen Dorfcharakter. Hier konnte ich sogar in einem CafĂ© Pause machen. Ansonsten auch verstreute HĂ€user, aber einen Friedhof mit Friedhofskapelle. Heute ĂŒberfuhr ich aber die Grenze zur Landschaft Nordkarelien. Schon mehrere hundert Kilometer fahre ich auf der Via Karelia und sie wird mich auch noch bis zur Ostsee begleiten. Sie ist eine von den Finnen eingerichtete FerienstraĂe, was immer das bedeutet. Der gröĂte Teil Kareliens liegt heute in Russland.
Es ist nicht ganz einfach Karelien zu beschreiben. Es ist eine historische Landschaft, die immer wieder unterschiedlich zwischen Russen und Schweden, spĂ€ter den Finnen geteilt wurde und dabei von schrecklichen Kriegen ĂŒberzogen wurde, beispielsweise dem Winterkrieg und dem sogenannten Fortsetzungskrieg. Ohne feste Grenzen erstreckt sich Karelien von Sankt Petersburg bis zum Nördlichen Polarkreis, vom Finnischen Meerbusen im Westen bis zum eisbedeckten WeiĂmeer im Osten. Es wird in unzĂ€hligen Liedern und Gedichten als âLand der blauen Seen, schroffen Felsen, wilden FlĂŒsse und geheimnisvoll rauschenden WĂ€lderâ beschrieben, das von zahlreichen Mythen umrankt ist. Karelien gehört wohl auch zu den Ă€ltesten Kulturlandschaften des europĂ€ischen Kontinents. Insbesondere fĂŒr Russland war Karelien als Bollwerk fĂŒr Sankt Petersburg von Interesse, denn wer Karelien besaĂ stand sozusagen vor den Toren von Sankt Petersburg. Vor diesem Hintergrund hat das Gebiet eine bewegte Geschichte aber auch dunkle Seiten. So wurde es schon zu Zarenzeiten als Verbannungsort fĂŒr politische HĂ€ftlinge genutzt und unter Stalin wurde hier der erste GULAG errichtet. Wer sich Karelien nĂ€hern will, sollte sich die sehr einfĂŒhlsame letzte zweiteilige Reisereportage des verstorbenen Journalisten Klaus Bednarz âDas Kreuz des Nordens â Reise durch Karelienâ zu GemĂŒte fĂŒhren, zu der es auch eine Buchfassung gibt.
Mein heutiger Zielort Lieksa ist einer der ausgeprĂ€gtesten Touristenorte Nordkareliens. Er liegt am fĂŒnftgröĂten See Finnlands, dem Pielinen. In einem Freilichtmuseum kann man sich ĂŒber die Landwirtschafts- und Forstkultur und die damit verbundene Architektur informieren. Ich spare mir das und beziehe nach 115 Kilometern durch Karelien, es war bisher meine lĂ€ngste aber auch schnellste Etappe, meine HĂŒtte auf dem sehr malerisch am Pielinen gelegenen Campingplatz.
Tagesdaten: 115,32 Km; 07:57:45 Std. Fz.; 14,48 Km/h; 807 Hm
- Mein GĂ€stehaus
- Moderne finnische Gewerbe- bzw. Industriearchitektur
- Ein Rastplatz
- Finnische Verteidiungsanlagen aus dem 2. Weltkrieg
- Landschaftsimpressionen
- Nun geht es durch Nordkarelien
- Der Wald ist nicht immer schön …
- … um dem Raubbau der Forstwirtschaft etwas entgegenzuwirken stellt die finnische Regierung jetztr zunehmend ganze Regionen unter Naturschutz
- Teile der alten Verteidigungslinie: Mit Felsen gegen Panzer
- Birkenwalt
- Selbst auf dem Parklplatz stehen noch die alten Kanonen
- Hier gönne ich mir eine Kaffee
- Die Friedhofskapelle von NumijÀrvi
- Nun beginnt auch der GemĂŒseanbau
- Von wegen! Ich habe noch immer keinen Elch gesehen
- Lieksa, die BĂ€ume gefielen mir
- Impressionen aus Lieksa
- Zwei orthodoxe Kirchen in Lieksa
- Im Zentrum von Lieksa
- Das scheint die moderne lutherische Kirche zu sein