Templin – Leipzig (19. bis 21. März 2018)

Ein herrlicher Tag. Sonnenschein pur. Das Frühstück, dass mir Frau Winter bereitet hat, ist wieder hervorragend. Sie hat mir so viel aufgetragen, dass ich mich nach ihrer ausdrücklichen Aufforderung mühelos für den ganzen Tag versorgen kann. Gegen 8:30 Uhr komme ich los. Es sind allerdings -6° und ich habe mich dick eingepackt. Dennoch habe ich den ganzen Tag nicht gefroren. Ich hatte also die richtigen Schalen angelegt. Von Templin bis Zehdenick führt ein wie immer in Brandenburg gut ausgebauter Radweg entlang der B 109. In Zehdenick mache ich einen Abstecher zum ehemaligen gleichnamigen Kloster, das aber schon seit dem 30jährigen Krieg weitgehend zerstört ist und in dessen nachträglich in die Ruinen gebauten Häuser nun einige kulturelle Einrichtungen der Region untergebracht sind. Die Route führt nun für etwa 10 Kilometer entlang des Voßkanals, der Parallel zur hier stark mäandrierenden Havel verläuft. Weiter geht es durch Liebenwalde und Bernöwe für etwa 10 Kilometer durch einen Auenwald in einiger Entfernung vom und schließlich unmittelbar am Oder-Havel-Kanal entlang nach Sachsenhausen und Oranienburg.

Noch am Oder-Havel-Kanal lege ich meine Mittagspause ein und verzehre mit Genuss die beiden Brötchen, die mir Frau Winter zusätzlich heute sozusagen als Marschverpflegung hingelegt hatte. Dann mache ich einen Abstecher zu Schloss Oranienburg, das ich bisher noch nicht kannte und bestaune das großzügige und blütenweiße Ensemble, das wohl auf Louise Henriette von Oranien, der ersten Frau des Großen Kurfürsten und damit der Kurfürstin von Brandenburg zurückgeht. Weiter geht es dann über Birkenwerder, einer recht gesichtslosen Stadt, über Hohen Neuendorf bis Hennigsdorf. Von Hennigsdorf geht es bis nach Potsdam entlang des Mauerweges. Dabei führt der Weg in Hennigsdorf auch entlang des Werksgeländes von Bombardier und man kann sehr schön neue Züge für Bahngesellschaften verschiedener Länder sehen. Weiter geht es über Nieder-Neuendorf, was sich durch riesige Neubaugebiete mit Einfamilienhäusern auszeichnet. Dann geht es erst einmal durch den Spandauer Forst, in dem einige Hügel zu überwinden sind. Lediglich in Spandau wechselt die Route etwas nach Westen und verläuft abseits des Mauerweges entlang der Hauptmagistralen durch Spandau. Dabei kann man dann feststellen, dass Spandau von der Größe her fast eine eigenständige Großstadt sein könnte. Meine Strecke hatte eigentlich eine Planung von 106 Kilometern, aber dann stehe ich an einem Fähranleger in Sacrow und stelle fest, dass die Fähre erst im April wieder verkehrt. So lange möchte ich nun nicht warten und so korrespondiere ich mit meinem Navi, das sich aber nicht erfreut über meine Alternativbemühungen zeigt. Lange Rede kurzer Sinn, letztlich muss ich noch etwa 15 Kilometer nachradeln, bis ich nach 120 Kilometern schon im Dunkeln gegen 19 Uhr die Jugendherberge in Potsdam erreiche. Da Darius hier auch wieder übernachtet und ich mich nicht immer auf neue Menschen erheblich jüngeren Alters einstellen möchte, lasse ich mich bei ihm im Zimmer einquartieren. Da das Abendessen in der Jugendherberge nun auch schon beendet ist, marschiere ich erst einmal zu einem nahegelegenen Italiener und lasse mir dort eine Lasagne und einen Früchtetee schmecken. Die Nacht verläuft Gott sei Dank ruhiger als bei meinem letzten Aufenthalt vor einer Woche.

Am Dienstag sieht die Welt dann wieder ganz anders aus. Ein großes vom Wetterdienst angesagtes Schneegebiet für Nord- und Ostdeutschland hat sich breit gemacht und zieht langsam von Norden in südliche Richtung. Als ich aufwache, ist es nur ein wenig bezuckert, aber als ich mit dem Frühstück fertig bin, schneit es doch recht heftig. Ich weiß noch nicht, ob ich mir die Fahrt bis Wittenberg mit dem Fahrrad antun soll. Andererseits gebe ich ungerne meine Vorhaben auf. So fahre ich kurz nach 9 Uhr bei dichtem Schneetreiben und inzwischen etwa 3 bis 5 cm Schnee in Potsdam los, … und es geht besser als ich gedacht habe. Meine Reifen sind gut profiliert, so dass ich nicht ins Rutschen komme. Es ist aber auch trotz des Schnees nicht sonderlich glatt. Das Bremsen führt also nicht dazu, dass die Räder ausbrechen bzw. wegrutschen. Natürlich fahre ich vorsichtig und komme daher nicht sehr schnell vorwärts. Bis Beelitz habe ich dann für die etwa 20 Kilometer 2 ½ Stunden gebraucht. Dort gönne ich mir dann erst einmal einen Kaffee.

Meinem Navi habe ich heute einen Ruhetag gegönnt, damit es nicht immer den Wetterkapriolen ausgesetzt ist. Ich brauche es eigentlich nicht, weil ich die ganze Strecke entlang der B2 fahre. Nur in Beelitz weicht die Route etwas von der B 2 ab, die hier zur Umgehungs- und Kraftfahrstraße wird. Als ich aus Beelitz herausfahre, verfranze ich mich daher etwas. Ich nehme also mein Navi heraus und es fällt mir erst einmal in den Schnee. Gott sei Dank hat es aber keinen sichtbaren und hoffentlich auch keinen unsichtbaren Schaden genommen und es führt mich dann auch wieder auf den rechten Weg zurück, worauf ich es wieder warm einpacke.

Kurz hinter Beelitz kommt mir der Schneepflug auf dem Radweg entgegen. Es hat inzwischen aufgehört zu schneien, was ich mit großem Gefallen registriere. Nachdem der Schneepflug mich passiert hat, fahre ich die nächsten 35 Kilometer auf geräumten und schneefreien Radwegen. Bis Treuenbrietzen kann ich die Durchschnittsgeschwindigkeit daher schon wieder erheblich steigern. In Treuenbrietzen lege ich einen kurzen Stopp ein und verspeise vor dem Sabinchenbrunnen am Rathaus mein in Beelitz erstandenes Käsebrötchen und einen Kinder Pinguin Riegel, den mir Darius zum Abschied hingelegt hatte. Zwischen Treuenbrietzen und Wittenberg bleibt nun noch der Höhenzug des Fläming zu überwinden. Es sind etwa 100 Hm in einem ständigen Auf und Ab zu bewältigen. Allerdings sind die Steigungen moderat, so dass es sich gut radeln lässt. An der Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt endet dann der Radweg und ich muss die nächsten 15 Kilometer unmittelbar auf der B 2 fahren. Das ist natürlich angesichts des nicht geringen LKW-Verkehrs nicht gerade erfreulich. Da aber auch die B 2 gut geräumt ist, geht es dann doch ganz ordentlich. So komme ich gegen 16:30 Uhr in der Jugendherberge in Wittenberg an und freue mich, die Tour so gut geschafft zu haben. Ich gönne mir für 10 € zusätzlich ein Einzelzimmer, weil ich heut Abend noch in Ruhe an dem Reisebericht schreiben will. Von meinem Fenster aus habe ich einen recht einmaligen Blick auf das Schloss und die Schlosskirche von Wittenberg. Ich nehme mir wieder Halbpension und genieße zum Abendessen die Bouletten mit gebackenen Kartoffelhälften und Kräuterquark. Dazu trinke ich wie in den letzten Tagen schon häufiger Thüringer Kräutertee. Nach dem Abendessen gönne ich mir noch einen Spaziergang durch die Stadt, habe ich doch bisher nur einmal Wittenberg „bei Nacht“ gesehen und damals auch nicht fotografiert.

Am Mittwoch geht es nun wieder nach Hause. Das Wetter hat sich wieder auf Sonnenschein verlegt. Allerdings sind die Temperaturen noch nicht sonderlich gestiegen. Nachts ist noch immer strenger Frost und der Schnee taut tagsüber nur sehr wenig. So graut es mir auch etwas vor der Strecke. Im Hinblick auf die nicht mehr so komfortablen Radwege in Sachsen-Anhalt und Sachsen male ich mir schon einige Hindernisse aus. Heute bei Schnee über Waldwege zu fahren, verspüre ich wenig Neigung. So überlege ich mir schon mögliche Ausweichstrecken.

Zunächst geht es aber auf einem guten und auch geräumten Radweg entlang der B 2 raus aus Wittenberg. Bei Eutzsch geht es dann entlang der B 100 Richtung Gräfenhainichen. Nach etwa 3 Kilometern endet der Radweg entlang der Bundesstraße und wird über die Alte Wittenberger Straße weitergeleitet. Sie ist gewölbt, mit gutem alten Basaltkopfsteinpflaster belegt und nicht geräumt. Der erste Blick zeigt schon, dass diese Strecke heute nur für Lebensmüde befahrbar ist. Also fahre ich noch weitere drei Kilometer auf der B 100 nun ohne Radweg. Es ist sogar die kürzere Variante. Dann führt der Radweg ein kurzes Stück auf einem unbefestigten Weg durch den Wald. Nicht gerade angenehm aber mit entsprechender Vorsicht zu bewältigen. Über Rotta fahre ich dann auf einigermaßen geräumten Dorf- und Kreisstraßen bis Lubas, wo es wieder auf die B 2 geht. Nun führt der Weg etwa 20 Kilometer auf der B 2 durch die Dübener Heide. Trotz der gut ausgebauten Bundesstraße komme ich aber recht schleppend voran. Zum einen ist die Dübener Heide eine Endmoränenlandschaft der Eiszeit, so dass man immer bergauf und bergab fährt. Insgesamt sind auch hier wieder etwa 100 Höhenmeter zu überwinden. Zum anderen habe ich heute direkten Gegenwind. Er ist zwar nicht allzu kräftig, aber doch für die Durchschnittsgeschwindigkeit hemmend. Über 11,8 km/ha komme ich heute jedenfalls nicht.

In Bad Düben lande ich dann schon etwas erschöpft und lege auf dem Marktplatz in einer Fleischerei eine Mittagspause ein. Bei einem belegten Brötchen und einem Kaffee sammle ich neue Kräfte, immerhin liegt die Hälfte der heutigen Etappe noch vor mir. Danach geht es auf einem Radweg bis Wellaune, bekannt durch Michael Kohlhaas, entlang der B 2. Da ich mir den Waldweg durch die Noitzscher Heide ersparen möchte, geht es nun weitere fünf Kilometer ohne Radweg weiter auf der B 2. Dann biege ich auf Nebenstraßen nach Noitzsch ab und fahre über Krippehna, Wölkau, Kupsal, Mutschlena und die ehemaligen Universitätsdörfer Gottscheina und Merkwitz über Plaußig und Taucha zurück nach Hause in Leipzig. Zwischen Wölkau und Merkwitz kann man dann sehr schön sehen, was der Winter- und Schneeeinbruch am letzten Wochenende im Leipziger Raum angerichtet hat. Die Straßen sind zwar geräumt, aber immer noch muss man auf glatte Stellen achten. Es hat wohl auch erhebliche Schneeverwehungen gegeben. Sichtbar wird das daran, dass die Felder schon fast wieder schneefrei sind, aber an den Straßenrändern für den Leipziger Raum ungewöhnliche Schneemengen angehäuft sind. Insofern bin ich sehr froh, als ich gegen 17 Uhr vor unserer Haustür stehe und auch diese Etappe unversehrt überstanden habe.

Schreibe eine Antwort

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.