Morgen habe ich einen wie soll man es nennen, postdienstlichen Termin in Dessau. Einer meiner ehemaligen Vorstandsvorsitzenden möchte sich im kleinen Rahmen verabschieden und ich habe zugesagt. Das fand ich eine gute Gelegenheit, um mir mal Dessau und die Umgebung etwas genauer anzuschauen. Und wie geht das natürlich am besten? – Mit dem Fahrrad!

So fuhr ich kurz nach 9 Uhr heute los. Die Tour ist ja nicht sonderlich aufregend, kenne ich doch viele Streckenabschnitte schon. Zunächst ging es bis Delitzsch wieder am Schladitzer und am Werbelliner See vorbei. Nach Delitzsch kommt die Bitterfelder Rekultivierungslandschaft vor allem mit der Goitzsche. Dann kommt Wolfen, wo die Zeit noch stehen geblieben scheint; außer im Norden, wo man ein ehemaliges Plattenbaugebiet sehr ansprechend modernisiert hat. Aber die Gegend hat auch ihre Reize, nämlich da, wo man sehen kann wie sich die Natur mit viel Efeu und anderen Pflanzen das zurückholt, was man ihr einst genommen hat. Ab Wolfen geht es eigentlich nur noch entlang der Bundestraße 184 bis nach Dessau und dann nach Zerbst. Zunächst etwa 10 Kilometer fast schnurgerade durch eine landwirtschaftlich genutzte Fläche. Hier ist alles eben und platt und man kann schauen soweit das Auge reicht. Man sieht aber nichts, denn die Felder sind inzwischen abgeerntet und so sehen sie eher brachliegend aus. Danach geht es ebenfalls oft schnurgerade auch etwa 10 Kilometer durch die Mosigkauer Heide, weniger Heide als doch mehr ein großes Waldgebiet. Dann ist man auch schon in Dessau. Durch Dessau zieht es sich und mein Hotel zu den 7 Säulen liegt ganz im Norden in der Nähe des Bauhauses und direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite von den sogenannten Meisterhäusern, die Walter Gropius als Einzelhaus für sich und als Doppelhäuser für die Bauhausmeister errichten ließ.

Nachdem ich mein Gepäck im Hotel deponiert habe, mache ich mich auf den Weg zu meinem eigentlichen heutigen Ziel, nämlich einem Stelldichein mit Sophie Auguste Friederike in Zerbst, dem wohl bedeutendstem Spross der Fürstenfamilie derer von Anhalt-Zerbst aus dem Geschlecht der Askanier. Sie ist zwar nicht in Zerbst geboren, sondern in Stettin, wo ihr Vater damals preußischer General und Gouverneur war. Dennoch hat sie die Jahre 1742-1744 in Zerbst, dem Stammsitz des Fürstentums gelebt, nachdem, ihr Vater dort die Regierung übernommen hatte.

Zerbst selbst ist heute ein eher trauriger Anblick, den man jedoch mit beträchtlichem Aufwand aufgehübscht hat. Wegen seiner in der Nazizeit erlangten militärischen Bedeutung wurde Zerbst im 2. Weltkrieg weitgehend zerstört und die Wunden wurden auch bisher nicht geheilt. Die historische Altstadt ist weitgehend vernichtet. Das Schloss ist ebenso eine Ruine geblieben wie die Nikolaikirche, die ehemalige Stadtkirche und auch die St.-Bartholomäi-Kirche ist noch teilweise eine Ruine. Lediglich an der sogenannten Schlossfreiheit sind die ehemalige Schlosswache und zwei barocke Kavaliershäuser äußerlich in alter Form wieder rekonstruiert worden. Trotz des zum Teil tristen Anblicks hat man sich bemüht die Umgebung so zu gestalten, dass auch die Ruinen eine ästhetische Einbettung erfahren. Das gilt vor allem für den Schlossgarten in dem die Ruine des Schlosses nicht einmal wie ein Fremdkörper wirkt. Und hier steht dann auch seit 2010 das Denkmal für Sophie Auguste Friederike, noch sehr jung und hübsch anzusehen wie sie, vor ihr schon die Insignien der späteren Macht, in die Ferne schaut und sich durch die Ruine des Schlosses ihrer Väter, in deren Richtung sie schaut, davon nicht abhalten lässt.

Ich wäre gerne noch etwas länger in Zerbst geblieben. Es gibt hier sicher noch einige Kleinodien, so zum Beispiel die Roland-Statue auf dem Marktplatz aus dem 15. Jahrhundert, die mir entgangen ist. Auch einige Seitenstraßen mit Gründerzeit- und Jugendstilhäusern sind durchaus ansprechend. Aber ich muss zurück. Den ganzen Tag über weht schon Wind der mir entgegengekommen ist. Er ist nicht heftig, aber eine Briese, die das Tempo drosselt. Das hat meine Ankunft in Zerbst erheblich verzögert. Zurück zu geht es nun natürlich viel schneller, denn nun habe ich Rückenwind. Aber es ist doch schon kurz nach 19 Uhr als ich mein Quartier wieder erreiche. Da Montag ist, haben die meisten Lokale geschlossen. Aber die Dame an der Rezeption gibt mir den Tipp für ein nahegelgenes Gasthaus. Nachdem ich tagsüber nur ein Brötchen gegessen habe, verspüre ich nun einn Bärenhunger, den ich dann aber auch befriedigt bekomme!

 

Ein Kommentar

  • Karsten Uebe sagt:

    Nur ein Hinweis zu einer Bildunterschrift auf Ihre Tourbeschreibung: Bildunterschrift „Sophie Auguste Friederike von Zerbst“ ist zugleich die russische Zarin Katharina II. (die Große). Sie ist in Zerbst aufgewachsen, ich weiß nicht, ob Sie in Zerbst großes Sightseeing gemacht hatten. Ich denke, sie dürfen das erwähnen ;-), wenn Sie wollen.

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