Auf dem Green Velo durch Polen – 17. April 2023

Morgen beginnt meine Reise zum Green Velo. Der Radweg Green Velo ist das spektakulärste Fahrradprojekt, das man sich in Polen einfallen ließ. Es handelt sich um fast 2.000 Kilometer einer speziell festgelegten Route, die vom Anfang bis zum Ende so konzipiert wurde, dass sie angeblich viele Überraschungen und Inspirationen bereit hält, und dass man dabei Freude am Reisen und Erkunden haben soll. Dabei kann die Tour auch noch erheblich länger werden, denn es gibt noch unzählige weitere Ausflugsrouten und Alternativstrecken. Ich will mich im wesentlichen zunächst auf die Hauptroute beschränken. Der Weg führt durch fünf Woiwodschaften Ostpolens. Diese fünf Woiwodschaften sind die dünn besiedeltsten in Polen. Die Landschaften, durch die der Green Velo führt, sind Touristen weitgehend unbekannt und unberührt. Sie sind ländlich und insofern politisch konservativ und fest in der Hand der nationalkonservativen, katholisch und rechtspopulistisch orientierten PiS (Prawo i Sprawiedliwość deutsch: Recht und Gerechtigkeit). Die Woiwodschaften sind Ermland-Masuren, Podlachien, Lublin, Karpatenvorland und Heiligkreuz. Bis auf Heiligkreuz grenzen sie alle an die zur Zeit problematischsten und konfliktreichsten Grenzen Europas. Ermland-Masuren grenzt an die russische Exklave Kaliningrad, Podlachien an Belarus, Lublin an Belarus und die Ukraine und das Karpatenvorland an die Ukraine.

Der Green Velo führt durch fünf Nationalparks, 15 Landschaftsparks, über 50 Tier- und Naturschutzgebiete und an unzähligen Sehenswürdigkeiten und historischen Orten sowie fünf UNESCO-Welterbestätten vorbei.  Ein Drittel des Weges führt durch Waldgebiete, etwa 10 Prozent entlang von Flussläufen und Feuchtbiotopen. Der Bau des Radweges und die Errichtung seiner Infrastruktur gilt seit 2019 als abgeschlossen. Insgesamt soll die Anlage des Weges 65 Millionen Euro gekostet haben, wobei 85% der Kosten aus dem „Europäischen Fonds für regionale Entwicklung“ zur Verfügung gestellt wurden, weitere 10 % investierte der polnische Staat und etwa 5 % steuerten die Woiwodschaften bei, durch die der Green Velo führt.

Die Qualität des Radweges gilt, wie in Polen allgemein, als sehr unterschiedlich. Von sehr gut ausgebauten neuen Radwegen reicht das Qualitätsspektrum bis zu kaum befahrbaren Sandpisten. Dieses Qualitätsmuster kenne ich aber bereits von meinen früheren Radtouren durch Polen. Hier gibt es ausgewiesene Radwege, die nicht zu befahren sind, sondern wo man das Gefährt schieben muss. Die Rad fahrenden Polen haben damit offenbar weniger Probleme. So sollen auf dem Green Velo auch etwa 400 Kilometer auf nicht asphaltierten Wegen, meist auf neu befestigten Wald- und Feldwegen, aber auch auf stillgelegten Bahndämmen und Uferbefestigungen verlaufen. Dem gegenüber gilt der Weg als sehr gut ausgeschildert und verfügt über 200 überdachte Rastplätze mit Informationstafeln, Übersichtskarten und Hinweisen auf touristische Attraktionen und Sehenswürdigkeiten.

Der Green Velo führt zum Teil nur einige Meter oder sogar unmittelbar an den Grenzen entlang. Ostpolen ist wie das übrige Polen auch sehr geschichtsträchtig und nicht unwesentlich mit der deutschen Geschichte verwoben. So fahre ich in Ermland-Masuren durch ein Gebiet, dass bis 1945 noch überwiegend von Deutschen bewohnt war und mit Ostpreußen zu Deutschland gehörte. In Podlachien, Lublin und dem Karpatenvorland fahre ich durch Gebiete, in denen die Deutschen nach dem Überfall auf Polen zwischen 1939 und 1945 die barbarischsten Verbrechen begangen haben und Millionen Juden brutal und bestialisch ermordet wurden, aber auch Millionen nicht jüdische Polen und Ukrainer durch Deutsche ermordet oder im Widerstand und Krieg zu Tode kamen. Das Ausmaß dieser Verbrechen erklärt sich auch dadurch, das in diesen Gebieten eine große Zahl an jüdischen Bürgern lebte, die zum Teil in den größeren Städten sogar in der Mehrheit waren. So werde ich auf der Tour auch an zwei der sechs durch die Nationalsozialisten nach dem Überfall auf Polen errichteten Vernichtungslager, nämlich  Sobibor und Belzec, vorbei kommen und die dortigen Gedenkstätten besuchen. Aber auch die zwei Vernichtungslager Treblinka zwischen Bilystok und Warschau und Majdanek (bei Lublin) liegen nur unweit entfernt von der Strecke des Green Velo.

Hier der grobe Verlauf des Green Velo in Polen (Routenverlauf – Der Östliche Radweg Green Velo)

Um die historischen Zusammenhänge in Polen zu verstehen, gebe ich hier zunächst einen kurzen Überblick zur polnischen Geschichte. Wem das zu viel ist, der kann es ja überspringen. Ich habe mich  jedoch bemüht, mich einigermaßen kurz zu fassen.

Überblick über die polnische Geschichte

Die polnische Geschichte beginnt im 10. Jahrhundert mit der Christianisierung und der Gründung des ersten polnischen Staates unter dem Piasten-Herrscher Mieszko I. Im 11. und 12. Jahrhundert erlebte Polen eine Zeit der Expansion und Konsolidierung, aber auch der inneren Zerstrittenheit und des Verlustes von Gebieten an die deutschen Feudalherren. Unter den Jagiellonen-Dynastie im 14. und 15. Jahrhundert erreichte Polen seine größte territoriale Ausdehnung durch die Union mit Litauen und die Eroberung von Teilen Russlands. Ein wichtiges Ereignis dieser Epoche war die Schlacht bei Tannenberg im Jahr 1410, in der die polnisch-litauischen Truppen den Deutschen Orden besiegten. Der Deutschordensstaat war das Territorium des Deutschen Ordens in der Zeit von 1230 bis 1561. Der Staat umfasste im Kern etwa das Gebiet Alt-Preußens zwischen Weichsel und Memel und weiter über das Gebiet der heutigen Baltischen Staaten.

 Polen-Litauen um 1670

Im 16. Jahrhundert wurde Polen zu einer Adelsrepublik mit einem gewählten König und einem parlamentarischen System. Diese Zeit gilt als das „Goldene Zeitalter“ Polens, das sich durch kulturelle Blüte, religiöse Toleranz insbesondere auch gegenüber den Juden und politischen Einfluss auszeichnete. Zu dieser Zeit war Polen einer der größten und mächtigsten Staaten in Europa. Bedingt durch mehrere Kriege und innenpolitische Unruhen setzte im 17. Jahrhundert eine dauerhafte Krise ein, die die Nachbarmächte auszunutzen wussten.

Polen war im 17. Jahrhundert von mehreren Kriegen und innenpolitischen Unruhen betroffen, die das Land schwächten und seine Nachbarn zu Eingriffen veranlassten. Zu den wichtigsten Konflikten gehörten Kriege zwischen Polen und Schweden, Russland und dem Osmanischen Reich. Die Nordischen Kriege waren mehrere militärische Konflikte, die zwischen wechselnden Staaten um die Vorherrschaft im Ostseeraum  geführt wurden. Sie dauerten von 1554 bis 1721. Diese Kriege und Unruhen hatten verheerende Folgen für Polen-Litauen. Sie führten zu einem Bevölkerungsverlust von etwa 40 Prozent, zu wirtschaftlicher Zerrüttung, zu sozialer Spaltung und zu politischer Instabilität. Ebenso wie Schweden verlor Polen-Litauen  den Status als europäische Großmacht und Russland erzielte den gleichzeitigen Aufstieg des 1721 von Peter I. gegründeten Russischen Kaiserreiches.

Es gab aber auch verfassungsrechtliche Gründe, die zur Schwächung Polens beitrugen. Ein wichtiger Faktor war das sogenannte Liberum Veto, das 1652 eingeführt wurde und jedem Abgeordneten des Sejm das Recht gab, eine Gesetzesvorlage oder eine Parlamentssitzung mit einem Einspruch zu blockieren. Dies führte zu einer Lähmung des politischen Systems und zu einer Erpressbarkeit durch ausländische Mächte, die einzelne Abgeordnete bestechen oder bedrohen konnten. Das Liberum Veto wurde erst 1791 mit der Verabschiedung der Verfassung vom 3. Mai abgeschafft, die als erste moderne Verfassung Europas gilt. Allerdings war das schon zu spät, um Polens staatliche Existenz noch zu retten.

Ein weiterer verfassungsrechtlicher Grund war die Wahlmonarchie, die seit 1572 bestand und den polnischen König von der Zustimmung des Adels abhängig machte. Die Wahlkönige hatten oft wenig Einfluss auf die innere und äußere Politik Polens und mussten zahlreiche Zugeständnisse an den Adel machen. Zudem waren einige Wahlkönige Ausländer, wie zum Beispiel der sächsische Kurfürst August der Starke, oder hatten ausländische Interessen, was zu Konflikten mit dem polnischen Parlament oder dem Volk führte. Gerade die Wahl Augusts des Starken zum polnischen König zeigt, welche grotesken Folgen dieses Wahlkönigtum auslösen konnte.

Die Kriege und die verfassungsrechtlichen Schwächen des Wahlkönigtums und das Liberum Veto trugen dazu bei, dass Polen im 17. Jahrhundert seine Souveränität und seine Handlungsfähigkeit verlor und sich nicht gegen die Aggressionen seiner Nachbarn wehren konnte. Sie machten das Land auch anfällig für die Einmischungen seiner Nachbarn Russland, Preußen und Österreich-Ungarn, die schließlich zur Teilung Polens Ende des 18. Jahrhunderts führten.

Die Teilungen Polens 1772 bis 1796 (Teilungen Polens – Wikipedia)

Die Teilungen Polens waren drei Ereignisse, bei denen das polnisch-litauische Staatsgebiet am Ende des 18. Jahrhunderts unter Russland, Preußen und Österreich aufgeteilt wurde. Die Teilungen führten zur Auflösung des polnischen Staates bis 1918. Die Karte oben zeigen die Gebietsveränderungen durch die Teilungen:

– Die erste Teilung (1772) entzog Polen-Litauen etwa ein Viertel seines Territoriums und seiner Bevölkerung. Preußen erhielt Westpreußen mit Danzig und Thorn, Österreich erhielt Galizien und Lodomerien mit Lemberg und Krakau, Russland erhielt Weißrussland mit Minsk und Wilna.

– Die zweite Teilung (1793) entzog Polen-Litauen weitere 30 Prozent seines Territoriums und seiner Bevölkerung. Preußen erhielt Großpolen mit Posen und Gnesen sowie Teile von Masowien mit Warschau, Russland erhielt den Rest von Weißrussland sowie Podolien und Wolhynien¹.

– Die dritte Teilung (1795) beseitigte den polnischen Staat vollständig von der Landkarte Europas¹. Preußen erhielt Neuostpreußen mit Białystok und Teile von Litauen mit Kaunas, Österreich erhielt Westgalizien mit Sandomierz und Lublin sowie Krakau, Russland erhielt den Rest von Litauen sowie Kurland und Samogitien.

Im 19. Jahrhundert kämpften die Polen für ihre nationale Wiedergeburt gegen die Fremdherrschaft. Es gab mehrere Aufstände gegen Russland (1830/31, 1863/64) und Preußen (1846, 1848), die jedoch blutig niedergeschlagen wurden. Trotz der Repressionen entwickelte sich eine starke polnische Kultur- und Bildungsbewegung sowie eine soziale und politische Oppositionsbewegung. Erst nach dem Ersten Weltkrieg konnte Polen seine Unabhängigkeit wiedererlangen unter dem Marschall Józef Piłsudski, der das Land autoritär regierte. Die Herrschaft Pilsudskis zeigt aber auch, dass es den Polen weniger um Demokratie um individuelle Freiheit ging, sondern vorrangig um Wiederherstellung eines polnischen Staates und die nationale Identität.

Aktuelle Woiwodschaften in Polen (https://de.wikipedia.org/wiki/Polen)

Die Zwischenkriegszeit war auch geprägt von wirtschaftlichen Schwierigkeiten, sozialen Spannungen und territorialen Konflikten mit den Nachbarstaaten (vor allem Deutschland und Sowjetunion). Im Zweiten Weltkrieg wurde Polen erneut zunächst zwischen Deutschland und der Sowjetunion aufgeteilt und nach dem Überfall auf die Sowjetunion von Deutschland insgesamt besetzt (1941) und schließlich von der Sowjetunion (1944) zurückerobert. Polen erlitt sowohl durch die Sowjetische Besetzung aber vor allem durch die deutschen Massenmorde enorme Verluste an Menschenleben (etwa sechs Millionen Tote) sowie an Kultur- und Wirtschaftsgütern. Die polnische Widerstandsbewegung kämpfte sowohl gegen die Nazis als auch gegen die Kommunisten um ihre Freiheit.

 

Die Aufteilung und Zerstörung Polens zwischen Deutschland und der Sowjetunion

Von der deutschen Besatzung und deren Verbrechen war besonders stark die jüdische Bevölkerung betroffen. 1939 gab es in Polen 3.460.000 polnische Bürger jüdischer Abstammung. Etwa sechs Millionen polnische Bürger kamen während des Zweiten Krieges ums Leben, die Hälfte von ihnen waren Juden, somit kam, bis auf 300.000 bis 500.000 Überlebende, die komplette jüdische Bevölkerung des Landes, die in den Vernichtungslagern der Nationalsozialisten in Auschwitz, Treblinka, Majdanek, Belzec, Sobibor und Kulmhof ermordet wurden oder in den Ghettos verhungerten ums Leben. Viele Juden im damaligen Ostpolen fielen auch den Einsatzgruppen der Nationalsozialisten zum Opfer, die vor allem 1941 Juden massakrierten. So wird man auch auf dem Green Velo nicht entlangfahren können, ohne zahlreiche Spuren dieser Verbrechen zu sehen.

NS-Vernichtungslager und Ghettos in Polen (https://de.wikipedia.org/wiki/Polen)

 

Nach dem Krieg wurde Polen unter sowjetischen Einfluss gestellt und musste seine Grenzen nach Westen verschieben, wodurch auch hier Millionen Menschen vertrieben wurden. Dies wird leider oft bei der Diskussion um deutsche Vertriebenenschicksale vergessen. Bei dem verständlichen Leid unter dem auch die deutschen Vertriebenen gelitten haben, wird zu oft übersehen oder bewusst ignoriert, dass die viele  Polen das gleiche Schicksal der Vertreibung erleiden mussten und dass die Ursache für diese Vertreibungen sowohl der Deutschen nach als auch der Polen allein durch Deutschlands  kriegerische Expansionspolitik ausgelöst wurde. Die kommunistische Partei errichtete eine Diktatur, die die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereiche des Landes kontrollierte. Trotz der Repressionen gab es immer wieder Widerstandsbewegungen gegen das Regime, wie zum Beispiel den Arbeiteraufstand in Poznań 1956 oder die Studentenproteste 1968.

Im Jahr 1978 wurde der polnische Kardinal Karol Wojtyła zum Papst Johannes Paul II. gewählt, was einen großen moralischen Impuls für die polnische Opposition bedeutete. Im Jahr 1980 entstand die unabhängige Gewerkschaft Solidarność unter der Führung von Lech Wałęsa, die Massenstreiks und Demonstrationen für mehr Freiheit und Demokratie organisierte. Die kommunistische Führung reagierte mit der Verhängung des Kriegsrechts 1981 und der Verfolgung der Aktivisten.

Im Jahr 1989 kam es zu einem historischen Durchbruch: Nach Runden Tisch-Gesprächen zwischen der Regierung und der Opposition wurden teilweise freie Wahlen abgehalten, die von Solidarność haushoch gewonnen wurden. Damit begann der friedliche Übergang Polens zu einem demokratischen Rechtsstaat und einer marktwirtschaftlichen Ordnung. Polen war damit ein Vorreiter des Umbruchs im Ostblock und ein Vorbild für andere Länder in Mittel- und Osteuropa.

 

Aktuelle Woiwodschaften in Polen

Polen hat sich seit 1989 sehr positiv entwickelt. So belegt es auf dem Korruptionswahrnehmungsindex den 45. Rank nach den baltischen Ländern, Tschechien und Slowenien aber vor allen anderen osteuropäischen Staaten. Das Land hat eine stabile Demokratie mit einem Mehrparteiensystem und einer Gewaltenteilung etabliert. Auf dem Demokratie Index rangiert Polen ähnlich auf dem 46 Platz und gilt damit noch als unvollständige Demokratie. Besser rangieren hier wieder die baltischen Staaten, Tschechien, Slowenien und die Slowakei, die allerdings alle noch als unvollständige Demokratien geführt werden. Polen hat auch eine erfolgreiche wirtschaftliche Transformation vollzogen, die zu einem hohen Wachstum, einer niedrigen Arbeitslosigkeit und einer Verringerung der Armut geführt hat. Polen ist auch ein aktives Mitglied der internationalen Gemeinschaft geworden: Es ist seit 1999 Mitglied der NATO und seit 2004 Mitglied der Europäischen Union.

Zu den wichtigsten politischen Persönlichkeiten der Dritten Polnischen Republik gehören Lech Wałęsa, der erste demokratisch gewählte Präsident Polens (1990-1995), Tadeusz Mazowiecki, der erste nichtkommunistische Ministerpräsident Polens (1989-1990), Leszek Balcerowicz, der Architekt des marktwirtschaftlichen Reformprogramms (1989-1991), Aleksander Kwaśniewski, der zweimalige Präsident Polens (1995-2005) und Lech Kaczyński, der bei einem Flugzeugabsturz 2010 ums Leben gekommene Präsident Polens (2005-2010).

Polen steht heute vor mehreren Herausforderungen, die seine Zukunft auch negativ beeinflussen können. Einige davon sind:

  • Die demographische Entwicklung: Polen hat eine der niedrigsten Geburtenraten und eine der höchsten Abwanderungsraten in Europa. Das führt zu einem Bevölkerungsrückgang, einer Überalterung und einem Fachkräftemangel. Um diese Probleme zu lösen, braucht Polen eine stärkere Sozialpolitik, die Familien unterstützt, junge Menschen anzieht und die Integration von Migranten fördert.
  • Die Rechtsstaatlichkeit: Polen befindet sich seit einigen Jahren in einem Konflikt mit der Europäischen Union über die Unabhängigkeit der Justiz und die Achtung der Grundrechte. Das jüngste Urteil des polnischen Verfassungsgerichts, das die Vorrangstellung des EU-Rechts über das nationale Recht infrage stellt, hat die Spannungen weiter verschärft. Freilich hat das deutsche Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil zum Frage des Umfangs der Geldpolitik der EZB ein unsägliches Beispiel dafür gegeben, indem es sich über ein Urteil des EUGH hinweggesetzt hat und dieses mit dem deutschen Verfassungsrecht für unvereinbar erklärt hat. Um eine Eskalation zu vermeiden, braucht Polen jedoch einen konstruktiven Dialog mit der EU und eine Reform seines Justizsystems im Einklang mit den europäischen Werten.

Zum Schluss noch eine kurze Vorstellung der wichtigsten polnischen Parteien:

In Polen gibt es viele politische Parteien, die sich nach verschiedenen Ideologien und Interessen ausrichten. Die wichtigsten Parteien, die aktuell im Sejm (dem Unterhaus des Parlaments) vertreten sind, sind:

  • Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość, PiS): Die PiS ist die stärkste Partei im Sejm mit 235 von 460 Sitzen. Sie ist eine nationalkonservative und christdemokratische, vor allem am Katholizismus orientierte populistische Partei, die für eine starke Rolle des Staates in der Wirtschaft und der Gesellschaft eintritt. Sie ist auch euroskeptisch und kritisch gegenüber der EU-Rechtsordnung. Sie wird von Jarosław Kaczyński geführt.
  • Bürgerkoalition (Koalicja Obywatelska, KO): Die KO ist die größte Oppositionspartei im Sejm mit 134 Sitzen. Sie ist eine liberale und proeuropäische Partei, die für eine offene und moderne Gesellschaft eintritt. Sie ist auch für eine Reform des Justizsystems und den Schutz der Grundrechte. Sie wird von Borys Budka geführt.
  • Konfederacja Wolność i Niepodległość (Konfederacja): Die Konfederacja ist eine rechtsextreme und nationalistische Partei mit 11 Sitzen im Sejm. Sie ist gegen die EU-Mitgliedschaft Polens und für einen Austritt aus der NATO. Sie ist auch gegen Migration, Abtreibung und LGBT-Rechte. Sie wird von Janusz Korwin-Mikke geführt.
  • Linke (Lewica): Die Lewica ist ein Bündnis aus drei linken Parteien mit 49 Sitzen im Sejm: Der Bund der demokratischen Linken (Sojusz Lewicy Demokratycznej), der Frühling (Wiosna) und der Linken Zusammenarbeit (Lewica Razem). Sie sind für eine stärkere Sozialpolitik, den Klimaschutz und die Gleichstellung aller Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder Identität. Sie werden von Włodzimierz Czarzasty geführt.
  • Polnische Volkspartei (Polskie Stronnictwo Ludowe, PSL): Die PSL ist eine agrarische und christdemokratische Partei mit 30 Sitzen im Sejm. Sie vertritt vor allem die Interessen der ländlichen Bevölkerung und der Kleinbauern. Sie ist für eine enge Zusammenarbeit mit der EU und für den Erhalt der traditionellen Werte. Sie wird von Władysław Kosiniak-Kamysz geführt.

Es gibt auch einige kleinere Parteien im Sejm wie das deutsche Minderheit oder das Polen 2050.

Nun aber wieder zurück zum Green Velo!

Natürlich habe ich mich gefragt, ob es im Moment ratsam ist, so nah an den Grenzen dreier Länder entlangzufahren, die sich in einem Krieg befinden. Allerdings steht die Tour entlang de Green Velos schon länger auf meiner Agenda und ich habe ihn bereits letztes Jahr aufgeschoben. Nachdem mir nun das polnische Fremdenverkehrsbüro auf meine Anfrage mitgeteilt hatte, dass auch ihnen keinerlei Beschränkungen auf dem Weg bekannt seien, habe ich mich nun entschieden, den Weg in diesem Jahr zu fahren. Allerdings werde ich ihn in zwei Teile aufteilen. Ab morgen und bis Ende Mai möchte ich die Strecke bis Przemysl schaffen, was etwa 2/3 der Gesamtstrecke sind. Im Sommer möchte ich dann noch den restlichen Teil bis Konskie und noch weiter über Lodz nach Poznan fahren.

Morgen geht es aber heute erst einmal mit dem Zug nach Danzig. Hier werde ich zwei Nächte bleiben, um mir übermorgen das hier entstandene Museum des 2. Weltkriegs anzuschauen. Am Donnerstag geht es dann, wenn das Wetter mitspielt nach Malbork zur Marienburg und am Freitag will ich dann nach Elblag radeln, wo der Green Velo beginnt. Mal schauen, ob ich meine Pläne umsetzen kann. Wie immer freue ich mich natürlich über virtuelle Begleitung.

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