Wieder ein sehr schöner sonniger Tag. Doch es wird merklich kälter. Über 11 Grad steigen die Temperaturen heute nicht mehr. Nach dem wieder sehr guten Frühstück fühle ich mich gestärkt für die weitere Tour. Heute soll es bis Eisleben gehen. Da ich die meisten Romanik Stationen zwischen Quedlinburg und Eisleben schon erledigt habe, werden die ca. 65 Kilometer kein Problem sein. Lediglich die Klosterkirche in Klostermansfeld ist heute noch Pflichtprogramm. Allerdings beschließe ich auch noch einmal zur Burg Falkenstein hinaufzufahren und mir diese auch von Innen etwas näher anzusehen.
Bei meiner Abfahrt von Quedlinburg fällt noch einmal mein Blick auf die Gedenktafel am Haus des Hotels „Zum Bären“, in dem ich nun drei Nächte verbracht habe, die auf den Dichter Julius Wolff verweist, der hier am 16. September 1834 geboren ist. Wahrscheinlich wird mit dem Namen kaum jemand etwas verbinden. Julius Wolff war mir zunächst auch kein Begriff. Eines seiner Werke ist allerdings wahrscheinlich den meisten in Deutschland ein Begriff. Es ist der „Rattenfänger von Hameln“. Wolff hat die Sage in Romanform geschrieben und damit sicher zur Verbreitung beigetragen.
Mein Weg führt mich wieder an Ballenstedt vor bei und dann über Meißdorf das Selketal entlang hinein in den Harz. Ich muss natürlich wieder schieben als es auf den letzten Kilometern steil bergauf geht. Heute mit Gepäck ist es sogar etwas anstrengender als am Montag. Dennoch komme ich zügig voran und bin bereits gegen 11:30 Uhr an der Burg Falkenstein. Ich nehme mir noch einmal das schönste Motiv vor diesmal mit dem Gedenkstein, der exponiert vor der Burg platziert wurde. Es ist ein Gedenkstein des Bundes Nationalsozialistischer Juristen Gau Naumburg, den diese 1933 hier aufstellten. Die Worte „Bund Nationalsozialistischer“ und die Jahreszahl „1933“ wurden aus der Platte herausgemeißelt, sind aber immer noch deutlich lesbar. Ob eine solche Korrektur nicht eher das Gegenteil von dem bewirkt, was man damit bezwecken wollte, weiß ich nicht. Vielleicht wäre es dann sinnvoller gewesen, den Stein gleich ganz zu entfernen und vielleicht einen neuen Gedenkstein für Eike von Repkow zu stiften. Eine Erklärung, warum der Stein das Jahr 1933 so hervorhebt bzw. gerade in diesem Jahr gesetzt wurde, gibt es nicht, weil der Sachsenspiegel nicht in einem bestimmten Jahr, sondern im Laufe mehrerer Jahre zwischen 1220 und 1235 entstanden ist. Es ist wohl eher so, dass man auch hier von Seiten des Nationalsozialismus eine bedeutende historische Figur für die eigenen Interessen missbrauchte, um die vermeintlich tiefe Verankerung des Nationalsozialismus in der deutschen Geschichte, nun auch in der Rechtsgeschichte zu untermauern. So wird Eike von Repkow als dem „Kenner und Künder des deutschen Volksrechtes“ gehuldigt.
Diesmal komme ich nun in die Burg hinein, nachdem ich meinen Obulus entrichtet habe. Die Burg ist als Museum gestaltet und enthält eine Ausstellung mit der Geschichte der ansässigen Adelsgeschlechter, mehrere Räume zum Sachsenspiegel und schließlich mehrere Räume eingerichtet aber weniger im mittelalterlichen als mehr im romantischen Stil des 19. Jahrhunderts. Auch die alte Burgküche wird sehr eindrucksvoll zu Schau gestellt. Für mich am eindrucksvollsten war allerdings der Blick vom Bergfried hinein in den Harz. Leider hatte der Regen in den letzten Tagen den goldenen Herbst schon zurückgedrängt und die Wälder werden immer grauer. Dennoch ist der Blick beeindruckend und reicht bis zum Brocken.
Ich verweile etwa eine Stunde auf Burg Falkenstein, dann will ich weiter. Leider komme ich nicht weit, weil mein Hinterrad an der ersten steileren Strecke kurz hinter der Burg plötzlich blockiert. Indem ich das Rad hin und her bewege und mehrfach die Gangschaltung betätige, bekomme ich es nach einiger Zeit wieder fahrtüchtig. Allerdings kann ich die niedrigen Gänge nicht mehr benutzen. Dies macht die verbleibenden 40 Kilometer bis Eisleben doch etwas anstrengend, weil die Strecke, die nun ins Mansfelder Land hineinführt, doch sehr hügelig bleibt bzw. wird. Hier braucht man die niedrigeren Gänge. 10 Kilometer vor Eisleben beschließe ich dann, die Tour heute zu beenden. Ich gehe davon aus, das die Reparatur Zeit in Anspruch nehmen wird und da ich ohnehin am Freitag nach Hause will, kann ich mir die letzten beiden Übernachtungen auch sparen, zumal ich ohnehin bisher nur ein Drittel der Südroute der Straße der Romanik geschafft habe. Ich werde also demnächst wieder einsteigen müssen, um auch den Rest noch zu bewältigen. So komme ich gegen 16:30 Uhr in Eisleben am Bahnhof an. Von hier fahren regelmäßig Züge nach Halle und der nächste kommt schon 10 Minuten später. In Halle gibt es dann auch zügig einen Anschluss mit der S-Bahn, so dass ich bereits nach anderthalb Stunden kurz nach 18 Uhr wieder in Leipzig bin. – Nachtrag dazu: Wie sich hinterher herausstellte, war der Abbruch eigentlich nicht nötig. Die Hinterradachse hatte sich nur gelöst und ich hätte sie einfach nur wieder fest drehen müssen. Als ich mit dem Monteur des Fahrradladens darauf stieß, fiel mir auch ein, dass ich dieses Problem schon einmal vor sechs Jahren hatte und es damals selbst gelöst bekam. Na ja, vielleicht wollte ich nach neun Tagen einfach wieder mal nach Hause!
Auf jeden Fall wird die Tour auf der Straße der Romanik bald fortgesetzt.
Tagesdaten: 65,37 Km; 05:34:33 Std. Fz; 11,7 Km/h; 776 Hm