Wieder ein sehr schöner Tag. Für heute und die nächsten Tage ist sonniges Wetter angesagt. Es ist allerdings merklich kühler geworden. Die Temperaturen steigen heute nur noch auf 14 Grad. Nach dem Frühstück aktualisiere ich noch meine Webseite und dann mache ich mich auf den Weg zum romanischen Spaziergang in Quedlinburg. Neben der Stiftskirche St. Servatii, die insbesondere mit der ersten Königin Mathilde, der Frau Heinrichs I., die als die Gründerin des Stifts gilt und ihrer Enkelin gleichen Namens, die hier die erste Äbtissin war, in Verbindung stehen, steht noch die Kirche St. Wiperti, die ich als Kirche des ersten Königshofes Heinrichs I. bezeichnen würde und die Klosterkirche St. Marien auf dem Münzenberg auf dem Programm.

Das Kloster St. Marien ist heute wohl der originellste Programmpunkt. Es wurde wohl 986 von der Äbtissin Mathilde zum Gedenken an ihren früh verstorbenen Bruder Otto II. gegründet. Ein Besuch ist schon deshalb außergewöhnlich, weil selbst Quedlinburger von dem Kloster und der Klosterkirche oft nichts wissen. Als ich das Museum besuche, werde ich mit der erstaunten Bemerkung begrüßt: „Oh, hat sich doch jemand heute hierher verirrt“. Weder das Kloster noch die Klosterkirche sind auf den ersten Blick sichtbar. Die Fundamente der Klosterkirche sind in den letzten Jahrhunderten nach dem Verfall des Klosters darüber gebauter Wohnhäuser geworden. Dies hat ein engagierter Neubürger Quedlinburgs entdeckt und mit der Erforschung begonnen. Schließlich hat die Deutsche Stiftung Denkmalpflege beträchtlich Mittel investiert, um diese Kirchenreste wieder im Zusammenhang zugänglich zu machen, ohne die darüberstehenden Häuser abzureißen und zu beschädigen. Allein die sich daraus ergebenden Klärungen von Eigentumsfragen stelle ich mir sehr zeitaufwändig vor, was mir auch der Museumsführer bestätigt. Sie sind auch immer noch nicht abgeschlossen. Insofern wird sich das Museum wohl noch ausweiten.

Besonders interessant sind auch die hier gefundenen Kopfnischengräber, die wohl eine zeitgemäße Bestattungsart wohlhabender Personen zwischen dem 10. und 13. Jahrhundert in Europa darstellen. Es waren in Steinen gesetzte oder in Stein gehauene Gräber in Form des Umrisses eines Menschen. Ein Holzsarg diente lediglich zum Transport der Leiche zum Bestattungsplatz Die Leiche selbst hüllte man dann nur in ein Leichentuch und bettete sie dann in das Grab. Große Steinplatten oder einfache Holzplanken überdeckten die Gräber . Der Blick des Toten sollte immer nach Osten gerichtet sein, der aufgehenden Sonne entgegen.

Die Stiftskirche St. Servatii in Quedlinburg

Vor der Erbauung der Stiftskirche St. Servatii gab es bereits drei andere Kirchenbauten, die an selber Stelle platziert waren, jedoch nicht lange standhielten. Ihr Vorgänger, aus dessen Reste die Kirche nach wie vor besteht, war durch einen schweren Brand gezeichnet. Aus diesem Grund, entstand ein Neubau beziehungsweise Umbau der Kirche, dessen zweite Kirchweihe im Jahr 1129 stattfand.

Das Hauptportal mit den geschichtsträchtigen Säulen gehört zu einem der bedeutendsten und ältesten in Deutschland. Dies macht die Kirche wiederum zu einer der wichtigsten Kirchenbauten aus der Zeit der Romanik. Mit Beginn der Kirchengründung, waren diese heiligen Hallen Heimat eines Damenstifts, weshalb die Kirche umgangssprachlich oft als Dom bekannt ist.

Um 1320 kam es zu größeren Umbauten in dem Objekt, so bekam der Hohe Chor beispielsweise eine gotische Gestalt. Zwischen dem sechzehnten und achtzehnten Jahrhundert mussten Verantwortliche die Stiftskirche, wegen zunehmender Risse im Mauerwerk umfangreich sanieren. Schuld daran war der poröse Sandstein, aus dem der Bau bestand. Dieser wies im Laufe der Jahre eine zunehmende Instabilität auf, wodurch Teile des Gemäuers nicht mehr sicher standen.

1802 löste sich das Damenstift auf und die Kirche ging vorerst in den preußischen Besitz über. Im Jahr 1928 übernahm sie schließlich die Stadt Quedlinburg, die die Kirche letztlich für die Öffentlichkeit zugänglich machte.

Neben der beeindruckenden Geschichte, existieren weitere Besonderheiten der Kirche, wie der über 1000 Jahre alte Domschatz, der sich in der Schatzkammer befindet. Des Weiteren, ist es möglich die Grabstätte des ersten deutschen Königspaares in der Krypta unter dem Chor zu besuchen.
Seit 1994 steht die Stiftskirche St. Servatii zudem auf der Liste der UNESCO Weltkulturerbe.

https://romanik-strasse-erleben.de/domschatz-und-stiftskirche-quedlinburg-st-servatii/

In den Jahren des Nationalsozialismus wurde die Kirche als „Weihestätte“ der SS missbraucht. Heinrich Himmler  hatte sich wohl auf seinen Namensvorgänger „König Heinrich“  fixiert und soll „Zwiesprache“ mit Heinrich I. gehalten haben. Ab 1938 erfolgte eine sehr grobe „Wiederherstellung“ des romanischen Chors im Inneren; von außen blieb das gotische Erscheinungsbild des Chorraums unverändert. Im Inneren wurden Altar, Kanzel und Gestühl entfernt und das gotische Chorgewölbe zerstört, um eine neue, pseudo-romanische Apsis zu errichten. Als bei Grabungen am Schlossberg Knochenreste gefunden wurden, hielt insbesondere Himmler diese für die Gebeine Heinrichs I. und ließ sie 1937 feierlich in der leeren Grabstelle neben Königin Mathilde beisetzen. Im Schlossmuseum werden heute die Überreste des Sarkophages und eine Dokumentation zur NS-Zeit ausgestellt.

 

Wipertikirche

Auch die Wipertikirche steht wie die Stiftskirche St. Servatii auf der Liste der UNESCO Weltkulturerbe und gehört damit zu den Wahrzeichen der Stadt Quedlinburg. Im neunten Jahrhundert erbaut, nutzte sie ein Hersfelder Kloster zunächst als Außenstelle.

Zwischen dem zehnten und zwölften Jahrhundert begannen Könige, wie Otto I., die Kirche zunehmend für Osterfeste oder familiäre Anliegen zu belagern. Somit kam es zu einer Umgestaltung der Kirche in einen Königshof. Wenn die Könige das Anwesen nicht bewohnten, nutzten Chorherren die Kirchenanlage, die zudem für den Bau der Krypta um 1000 im Stil der Romanik sorgten.

Um 1148 kam es zur Gründung eines Konvents der Prämonstratenser, der die Kirche und ihre Anlagen umfangreich bewirtschaftete und ausbaute. Mit dem Bauernkrieg im Jahr 1525 endete die Blütezeit der Kirche und es folgten schwere Schäden sowie Plünderungen. Entgegen den Bemühungen von Herzog Georg von Braunschweig verzichteten die Besitzer der Kirche auf einen Wiederaufbau. Das Kloster löste sich währenddessen vollends auf. Mit der Reformation entstand aus dem einstigen Kloster eine evangelische Pfarrkirche.

Während des Dreißigjährigen Krieges erfolgte ein neuer Versuch, das Kloster beziehungsweise die Kirche durch den Prämonstratenser-Orden wiederzubeleben. Dieses Anliegen war, aufgrund des unerwünschten Kriegsverlaufs durch den Kaiser nicht mehr umsetzbar.

In den Folgejahren zählte die Kirche unzählige Besitzer mit fernen Nutzungsabsichten, die das Gebäude trotz allem instand hielten. Lediglich der Umbau im Stil des Barocks traf auf Einigkeit. Erst um 1950 diente die Kirche wieder einer katholischen Gemeinde, die das Gebäude grundlegend sanierte und seither nutzt.

https://romanik-strasse-erleben.de/st-wiperti-quedlinburg/

 

 

Marienkloster auf dem Münzenberg

Im Jahr 986 gründete die Äbtissin Mathilde, die Schwester Kaiser Ottos II., das Marienkloster auf dem Münzenberg. Mit der Gründung schuf das Kloster eine Heimat für einzelne Benediktinerinnen, denen es gewidmet war.

Bis ins sechzehnte Jahrhundert konnte die Klosteranlage ihren Bestand sichern, bis sie sich aufgrund des Bauernkriegs und der Reformation auflöste. Danach nutzte die Bevölkerung das Kloster als Steinbruch, bevor 1580 kleine Wohnhäuser auf dem einstigen Klosterareal durch Künstler und mittellose Bürger entstanden.

Die damaligen Hausbewohner, bauten ihre Eigenheime allerdings nicht aus dem Baumaterial des Klosters, sondern über den noch bestehenden Klostermauern. Aus diesem Grund dienten die, unter den Häusern befindlichen, Klosterräume zunächst als Keller.

Die Entstehung der unweiten Klosterkirche geht mit der Gründung des Marienklosters einher. Sie lässt noch immer eine romanische Grundrissgestaltung mit einer Apsis, einem Querhaus, dem dreischiffigen Langhaus sowie einem Westbau vermuten. Bis 1536 bestand die Kirche, bevor sie anderen Zwecken diente. Demzufolge, erhielt die ehemalige Klosterkirche zahlreiche Überbauten und fungierte später als Bestandteil des Wohngebäude-Komplexes. Nicht zuletzt, finden sich deshalb Großteile der Kirche unter den Häusern und somit unter der Erde wieder.

Dank des Engagements eines Ehepaars, war es möglich einige Häuser, die wesentliche Bauteile der Kirche enthielten, aufzukaufen. Eine gegründete Stiftung erfasste die Hauskäufe und ermöglichte einen öffentlichen Zugang.

Heute beherbergt die ehemalige Krypta der Klosterkirche ein Museum mit interessanten Ausstellungen zur Objektgeschichte. Interessant sind vor allem die zahlreichen Kopfnischengräber, die hier gefunden wurden.

https://romanik-strasse-erleben.de/marienkloster-muenzenberg-in-quedlinburg/

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