Mein Apartment und das Frühstück

Ich habe gut geschlafen und mich inzwischen in meinem Apartment gut eingerichtet. Die Wäsche, die ich gestern gewaschen hatte, ist bereits wieder trocken. Nun warte ich auf das für 8 Uhr vereinbarte Frühstück. Ein Blick aus dem Fenster macht noch einmal die wunderschöne Lage meines Quartiers deutlich. Ich schaue auf die Bäume eines Grüngürtels, der die gesamte Altstadt von Krakau umgibt und als Planty bezeichnet wird. Der Name geht wohl auf das polnische Wort plantowanie zurück, was soviel wie pflanzen bedeutet. Er entstand 1822-1830 an der Stelle der zugeschütteten Grabens an der abgetragenen mittelalterlichen Stadtmauer. Der Grüngürtel umgibt die ganze Altstadt, ist 4 Kilometer lang und hat eine Gesamtfläche von 21 ha. Er ist recht schmal und an den breitesten Stellen auch nicht viel mehr als 100 Meter: dennoch ist eine wunderschön gestaltete Flaniermeile.

Das Haus in dem ich untergekommen bin, ist ein viergeschossiger Gründerzeitbau mit etwa 20 Wohnungen. Um 8 Uhr klingelt es dann pünktlich und ich bekomme eine Papiertüte überreicht, in der mein Frühstück drin ist. Auf den ersten Blick bin ich etwas entsetzt, weil alles in Plastik verpackt ist. Auf den zweiten Blick bin ich aber dann doch ganz zufrieden, weil ich mir auch nur schwer vorstellen kann, wie man ein solches Frühstück anders zusammenstellen könnte. Es ist ein dreifach unterteiltes Assiettentablett, auf dem sich Wurst, Käse und Butter befindet und in einem anderen Teil Frischkäse und schließlich noch Salat und Obst. In einem gesonderten Behältnis gibt es noch ein Joghurt mit Müsli. Getränke gibt es nicht, lediglich einen Teebeutel. Da ich aber Kaffee in der Küche finde, ist das kein Problem, außer dass ich mir wohl noch Milch besorgen muss. Nicht zufrieden bin ich mit den Brötchen. Sie sind klein, hell und bröselig. Hier werde ich wohl in den nächsten Tagen dazu übergehen, mir in einer nahe gelegenen Bäckerei bessere zu besorgen. Gute Brötchen sind für den Genuss des Frühstücks für mich unverzichtbar. So kann ich dem Frühstück, zwar eingeschränkt, aber doch etwas abgewinnen und genieße es in der Küche an einem kleinen Esstisch. Umweltfreundlich sind die ganzen Plastikverpackungen natürlich nicht. Aber zum Umweltschutz hat man in Polen zum einen wohl doch noch ein anderes Verständnis als es sich inzwischen bei uns entwickelt hat. Außerdem erlebte diese Art von Assiettenessen während der Corona-Pandemie ja auch bei uns wieder eine neue Konjunktur.

Hier nun ein Blick in mein Apartment und auf mein Frühstück.

 

Zur Geschichte Krakaus und Spaziergang durch die Altstadt und auf den Wawel

Nachdem Frühstück mache ich mich auf zu einem Spaziergang durch die Krakauer Altstadt und dann zum Wawel. Das Wetter ist sehr schön für einen Stadtrundgang. Es bleibt den ganzen Tag heiter bis wolkig bei angenehmen Temperaturen von 20 bis 25 Grad. Bevor ich die Bilder erzählen lasse aber ein kurzer Überblick zur Bedeutung Krakaus:

Krakau war bis 1596 Hauptstadt des Königreichs Polen, ist Sitz der – nach Prag – zweitältesten mitteleuropäischen Universität und entwickelte sich zu einem Industrie-, Wissenschafts- und Kulturzentrum. Zahlreiche Bauwerke der Gotik, der Renaissance, des Barock und späterer Epochen der Kunstgeschichte prägen das Stadtbild. Noch im 21. Jahrhundert wird Krakau als „heimliche Hauptstadt Polens“ bezeichnet und gilt als das „Jahrhunderte alte Zentrum des polnischen Staatswesens“. Dies zeigt sich auch an der ehemaligen Residenz auf dem Wawelhügel mit dem Schloss und der Kathedrale, wo die meisten der Könige Polens sowie zahlreiche Persönlichkeiten von mehr oder weniger herausragender historischer Bedeutung bis in die Gegenwart bestattet sind und noch bestattet werden.

Heute ist Krakau ein Standort für neue Technologien und Biowissenschaften für Zentral- und Osteuropa. Krakau ist auch ein bedeutendes Kultur-, Kunst- und Wissenschaftszentrum, z. B. mit dem Hauptsitz des Nationalen Zentrums für Wissenschaft und dem Zentrum der Wissens- und Innovationsgemeinschaft. Nach Angaben des World Investment Report 2011 der UNO-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD) ist Krakau der aufstrebendste Standort für Investitionen in Innovationen der Welt. Im Umkreis von 100 km leben etwa acht Millionen Menschen.

Seit 1978 steht Krakau auf der Liste des UNESCO-Welterbes und seit 2013 trägt es den Titel UNESCO-Literaturstadt. Im Jahr 2000 war Krakau Kulturhauptstadt Europas.

Krakau hat natürlich geprägt durch die polnische Geschichte eine entsprechend wechselvolle Geschichte. Unter Kasimir I. dem Erneuerer wurde Krakau 1038 Hauptstadt Polens. Kasimir verließ das von den Tschechen zerstörte Gnesen und verlegte den Herrschersitz nach Krakau. Wegen seiner neuen Rolle als polnische Hauptstadt entwickelte sich Krakau im 11. Jahrhundert sehr schnell. Ende des 11. Jhdt. kam es aber auch zum Konflikt der weltlichen mit der kirchlichen Macht in Polen, der darin mündete, dass König Boleslaw II. der Kühne, der Sohn Kasimirs I., den Erzbischof Stanislaus in der Michaeliskirche 1079 erschlug. Stanislaus wurde zu einem der ersten Schutzpatrone Polens. Boleslaw II. musste aus Polen fliehen und wurde später in Ungarn vergiftet. Sein Bruder Ladislaus I. Hermann, der ihm 1079 auf den Thron folgte, verlegte für kurze Zeit die Hauptstadt nach Płock. In der Płocker Kathedrale sind Ladislaus Hermann und sein Sohn Boleslaus III. Schiefmund beigesetzt. Bereits Anfang des 12. Jahrhunderts sicherte sich Krakau aber die Stellung der polnischen Hauptstadt erneut.

Kasimir III. der Große gründete 1364 die Krakauer Akademie (die spätere Jagiellonen-Universität), die damit nach der Universität Prag die zweitälteste in Mitteleuropa ist. Kasimir der Große ließ die Wawelkathedrale und viele andere Kirchen im gotischen Stil umbauen bzw. neu errichten. Zu seiner Zeit kamen nach den Pestpogromen in vielen mitteleuropäischen Städten von 1348/49 besonders viele Juden nach Polen und Krakau, denen Kasimir III. weitgehende Privilegien und in der Ausweitung des bereits seit 1265 bestehenden Toleranzedikts die Religionsfreiheit zusicherte. Sowohl die Gründung der Universität als auch die Ansiedlung von Juden zeigen, dass Polen im Hochmittelalter eines der kulturell zivilisiertesten Länder in Europa war. Nach dem Tod Kasimirs III. des Großen 1370 kam sein Neffe Ludwig von Anjou an die Macht, der zugleich König von Ungarn war. Nach dessen Tod bestieg die 12-jährige Hedwig 1384 den polnischen Thron als König (nicht Königin). Sie heiratete den litauischen Großfürsten Ladislaus II. Jagiello und legte damit den Grundstein für die Union zwischen beiden Staaten. Sie verstarb sehr jung 1399 und vererbte ihr ganzes Vermögen der Krakauer Universität. Ihr Ehemann Władysław II. Jagiełło besiegte 1410 den Deutschen Orden bei Tannenberg militärisch und 1416 auf dem Konzil von Konstanz juristisch. Nach der polnisch-litauischen Union von Krewo 1385 entwickelte sich Krakau als Hauptstadt einer der größten europäischen Kontinentalmächte ökonomisch, kulturell, wissenschaftlich und urban.

Im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit gingen viele Gelehrte und Künstler aus dem deutschsprachigen Raum, meist aus Franken, nach Krakau, so auch Buchdrucker. Kasper Straube war 1473 der erste, aber erst Johann Haller konnte eine Druckpresse für längere Zeit in Krakau betreiben. 1488 gründete der Humanist Conrad Celtis eine Gelehrtengesellschaft nach Vorbild der Römischen Akademie. 1489 beendete Veit Stoß aus Nürnberg die Arbeit am Hochaltar der Krakauer Marienkirche und fertigte dann den Marmorsarkophag für Kasimir IV. Jagiellonicus sowie für Bischöfe von Krakau und Posen. Auch zahlreiche andere Künstler aus Italien, Holland und Süddeutschland kamen in der Zeit Kasimirs IV. nach Krakau und arbeiteten im Stil der Spätgotik und Renaissance. Drei seiner Söhne waren nacheinander polnische Könige, der älteste aber König von Böhmen und Ungarn. Die Könige Alexander und Jan I. Olbracht ließen die Stadtbefestigung gegen einen befürchteten Türkenansturm ausbauen und um die Barbakane 1499 ergänzen und legten in Kazimierz den Grundstein für das neue jüdische Viertel, in dem die Alte Synagoge im Renaissancestil errichtet wurde. Ihr jüngerer Bruder Sigismund I. der Alte und dessen Sohn Sigismund II. August bauten Krakau zum Machtzentrum der jagiellonischen Länder in Polen-Litauen und Tschechien-Ungarn aus. Zu dieser Zeit zählte Krakau ca. 30.000 Einwohner. Aus dieser kulturellen Blütezeit der Stadt ist eine Vielzahl von Baudenkmälern und Kunstschätzen der Gotik und Renaissance erhalten. Insbesondere die Schlosskomplex auf dem Wawelhügel und die befestigte Altstadt – Barbakane, Tuchhallen, Bürgerhäuser etc. sind dieser Zeit zuzuordnen. Auch die Universität erlebte in dieser Zeit ihre Blüte. Hier studierte Ende des 15. Jahrhunderts Nikolaus Kopernikus zusammen mit zahlreichen deutschsprachigen Gelehrten.

1596 verlegte dann der polnische und zeitweise schwedische König sowie zeitweilige Zar von Russland Sigismund III. Wasa die Residenz nach Warschau, das bis 1526 (dem Jahr des Erlöschens des masowischen Piastenhauses) Hauptstadt des Herzogtums Masowien gewesen war, welches an die polnische Krone zurückfiel. Sigismund bevorzugte die Nähe Warschaus zu seinem schwedischen Erbkönigreich und zu seinen russischen Ambitionen. Die Bedeutung Krakaus nahm ab, beschleunigt durch die Plünderung während der schwedischen Invasionen 1655 und 1702 und durch die Pest, die 20.000 Opfer forderte. Ende des 17. Jahrhunderts und im 18. Jahrhundert lag Krakau abseits der polnischen Politik, die nun in Warschau ihren Mittelpunkt hatte. 1778 wurden in Krakau ohne die Vorstädte 8.894 Einwohner gezählt und 1782 insgesamt 9.193 Einwohner. Die Vorstädte (u. a. Kazimierz, Stradom, Kleparz, Garbary) wurden im Jahr 1792 vom Sejm nach Krakau eingemeindet.

Bei den Polnischen Teilungen In den Jahren 1772, 1793 und 1795 teilten die Nachbarmächte Russland, Preußen und Österreich den Unionsstaat Polen-Litauen schrittweise unter sich auf, so dass auf der Karte Europas von 1796 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs 1918 mehr als 120 Jahre lang Polen verschwand und kein souveräner polnischer Staat mehr existierte. Im Zuge der Dritten Teilung Polens wurde Krakau 1795 in der Habsburgermonarchie dem Kronland Galizien zugeordnet, dem habsburgischen Anteil aus der Ersten Teilung Polens 1772. Von 1809 bis 1815 gehörte es zum von Napoleon Bonaparte errichteten Herzogtum Warschau. Nach dem Wiener Kongress stand die Republik Krakau bis 1846 unter dem gemeinsamen Protektorat seiner Nachbarn Russland, Preußen und Österreich und wurde zu einer liberalen, wohlhabenden Handelsenklave in Mitteleuropa. Nach dem wegen des Galizischen Bauernaufstands gescheiterten Krakauer Aufstand 1846 annektierte Österreich Krakau mit Zustimmung von Russland und Preußen. Die ersten Jahre unter österreichischer Herrschaft waren von Germanisierungstendenzen der Wiener Führung geprägt. Nach der Niederlage Österreichs im Krieg gegen das sich formierende Italien 1859 und einer Schwächung der Zentralisten in Wien durch den österreichisch-ungarischen Ausgleich von 1867 folgte jedoch eine weitreichende Autonomie für Galizien.

Am Ende des Ersten Weltkriegs sah sich Krakau ab 28. Oktober 1918 wie ganz Galizien als Teil des wieder erstehenden polnischen Staates.  Krakau entwickelte sich in der Zwischenkriegszeit sehr schnell und war neben Warschau und Lemberg eines der wichtigsten kulturellen Zentren Polens. Krakau wurde zum Sitz einer Woiwodschaft. Viele große Gebäude wurden erbaut, besonders nordwestlich der Krakauer Altstadt. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs nahm beim Überfall auf Polen die deutsche Wehrmacht  Krakau am 6. September 1939 kampflos ein. Die deutschen Besatzer vernichteten einen großen Teil der Kunstschätze des Wawels, insbesondere der polnischen Künstler. Die Bausubstanz Krakaus blieb aber zum großen Teil erhalten, da das NS-Regime Krakau als ursprünglich deutsche Stadt betrachtete. Krakau blieb von Bombardements und größeren Zerstörungen weitgehend verschont. Es verlor aber fast die Hälfte seiner Bevölkerung, fast die ganze jüdische Gemeinde und insbesondere mit der „Sonderaktion Krakau“ vom November 1939 die universitäre Elite.

Als die Rote Armee im Januar 1945 im Zuge der Weichsel-Oder-Operation überraschend auf Krakau vorstieß, ließ Generalgouverneur Frank alle Deutschen evakuieren und verließ die Stadt, während sich die deutschen Truppen zur Oder zurückzogen. So konnte die Rote Armee am 19. Januar in das nahezu unzerstörte Krakau einziehen. Die Sowjetunion und das polnische kommunistische Regime unterdrückten die bürgerlichen und aristokratischen Strömungen der Krakauer. Am 11. August 1945 kam es zum Pogrom von Krakau an jüdischen Überlebenden des NS-Terrors.

Aus ideologischen Überlegungen wurden in unmittelbarer Nachbarschaft zur Stadt das damals weltgrößte Stahlwerk und die sozialistische Trabantenstadt Nowa Huta (Neue Hütte) errichtet (1951 eingemeindet). Das Regime hoffte, durch einen größeren Anteil an „sozialistischen Arbeitern“ den Einfluss der „kapitalistischen Intellektuellen“ zu beseitigen. Nowa Huta wurde später, während der Solidarność-Bewegung, zu einem Brennpunkt des sozialen und politischen Reformwillens gegen den Kommunismus. Bis in die 1990er Jahre hinein schädigten die Emissionen des Stahlwerks die historische Bausubstanz Krakaus.

Im Jahr 1978 wurde der Erzbischof von Krakau, Karol Wojtyła, zum Papst gewählt und nahm als solcher den Namen Johannes Paul II. an. Er besuchte Krakau während seines Pontifikates mehrmals. Diese Wahl hatte bedeutende Auswirkungen auf die polnische Oppositionsbewegung und indirekt auf die gesamte internationale Politik. Im selben Jahr wurden die Altstadt von Krakau und der Wawel zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Das Salzbergwerk Wieliczka vor den Stadttoren Krakaus wurde 1978 ebenfalls UNESCO-Weltkulturerbe und wurde 2013 um das Salzgrafenschloss und Bochnia erweitert. Die Klöster in den Stadtteilen Tyniec, Bielany und Salwator standen einige Jahre auf der Nominierungsliste zum Welterbe.

Nach den Gesprächen am Runden Tisch 1988/89 und den ersten freien Wahlen 1989 konnte sich Krakau wieder frei entwickeln. Die Versäumnisse früherer Restaurierungsarbeiten konnten in den 1990er Jahren nachgeholt werden. Es wurden Autobahnverbindungen nach Katowice und Breslau errichtet und der Flughafen in Balice ausgebaut. Nunmehr wird die Autobahn A4 in Richtung Tarnów ausgebaut und die Schnellstraße „Zakopianka“ in die Hohe Tatra modernisiert.

Mein erster Spaziergang führt mich nun über den Rynek in die Franzciskana. Hier schaue ich beim Erzbischöflichen Palast vorbei und besuche die Basilika des Heiligen Franziskus von Assisi. Dann geht es hinauf zu Wawel. Hier schaue ich mir die Wawel-Kathedrale auch von Innen an. Leider ist fotografieren nicht erlaubt, was auch streng überwacht wird.

 

Kazimierz und das jüdische Viertel in Krakau

Nach dem Besuch des Wawels gehe ich in das nur wenige hundert Meter entfernte Kazimierz das heute ein Stadtteil von Krakau ist. Hier ist vor allem das Jüdische Viertel von Interesse.

Bereits 1234 erließ Bolesław der Fromme in dem Statut von Kalisch weitgehende Rechte für Juden in Polen. Das Statut von Kalisch enthielt als eines der wichtigsten Inhalte Vorschriften zur Bestrafung jener, die Juden des Ritualmordes beschuldigten. Ebenso wurde den Juden die Unantastbarkeit des Lebens und des Besitzes zugesichert. 1348 kamen viele Juden aus Mitteleuropa nach Pogromen in anderen europäischen Ländern nach Krakau. Das jüdische Viertel lag damals im heutigen Universitätsviertel um die ulica Świętej Anny (St.-Anna-Straße). 1495 wurde die jüdische Bevölkerung nach einem schweren Stadtbrand bzw. wohl eher nach einem Pogrom in die nahegelegene Stadt Kazimierz umgesiedelt. Kazimierz war damals noch eine selbständige Stadt. Heute ist sie ein Stadtteil von Krakau nur wenige hundert Meter vom Wawel und der Altstadt entfernt. Dieses Jüdische Viertel entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte zu einem Zentrum des europäischen Judentums.

Mit der Einwanderungswelle nach 1234, bildeten sich große jüdische Gemeinden und Polen wurde zum Zentrum des aschkenasischen Judentums, das sind mittel-, nord- und osteuropäische Juden. Das Statut von Kalisch bildete die Grundlage der jüdischen Kultur in Polen und für die gesamte mittelalterliche und neuzeitliche Judengesetzgebung in Polen, die von allen nachfolgenden polnischen Königen bis zum König Stanislaus II. August Poniatowski (1764–1795) fortgeführt wurde. Mit der Verfassung vom 3. Mai 1791 wurde unter ihm die erste aufgeklärte Verfassung Europas verabschiedet, in die Inhalte des Statuts von Kalisch einflossen. Das Bürgertum, die Bauern und die Juden wurden mit neuen Rechten ausgestattet.

1496 kam Jakob Polak und gründete die erste Jeschiwa Polens. Eine Jeschiwa ist eine jüdische Hochschule, an der sich meist männliche Schüler dem Tora-Studium und insbesondere dem Talmud-Studium widmen.  Die Stadt wurde so zu einem geistigen Zentrum jüdischer Kultur. 1497 wurde die Alte Synagoge errichtet. 1534 gründeten die Brüder Helicz eine hebräische Druckerei, die erste in Polen und Osteuropa. Joseph ben Mordechai Gershon wurde Leiter einer Jeschiwa. 1550 kam Moses Isserles nach Krakau und wurde die wichtigste geistige Autorität. Er gründete eine Jeschiwa, wurde Dajan (Richter) und Vertreter im jüdischen Rat der vier Länder in Polen. Mattitja ben Solomon Delacrut lehrte Astronomie und Kabbala. Schüler wie Mordechai Jaffe lernten in Kazimierz. 1553 wurde die Remuh-Synagoge eröffnet. In den folgenden Jahrhunderten verschlechterten sich allerdings die Bedingungen für das jüdische Leben. Auch in Polen entwickelte sich ein immer stärker werdender Antisemitismus.

So kam es 1407 in Krakau zu einem Ritualmordvorwurf, begleitet von einem Pogrom. Während der Zeit von Polen-Litauen haben Historiker von 1500 bis 1800 mindestens 89 Ritualmordanklagen und -prozesse ermittelt, in deren Folge es geschätzte 200 bis 300 Hinrichtungen gab. 1758 baten die jüdischen Gemeinden Polens Papst Benedikt XIV., sie gegen die häufigen Ritualmordvorwürfe von Katholiken ihres Landes zu verteidigen. Nach dessen Tod beauftragte das Heilige Offizium den Franziskaner Lorenzo Ganganelli (1705–1774), den späteren Papst Clemens XIV., die Vorwürfe zu prüfen. In seinem Gutachten kam er zu dem Ergebnis, dass historische und aktuelle Beispielfälle unbegründet seien. Er nannte judenhetzende Christen „Pöbel“ und „Lügner“ und wies polnischen Bischöfen Widersprüche ihrer Argumente für die angeblichen Ritualmorde nach. Man müsse vernunftgemäß argwöhnen, dass die Vorwürfe insgesamt nur „Verleumdung“ der Juden durch Christen seien.

Trotz der immer wieder vorkommenden Übergriffe wuchs die jüdische Bevölkerung in Polen in blühenden Gemeinden stetig an. Vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges lebten in Polen rund 3.350.000 Juden und machten damit etwa 10 % der polnischen Bevölkerung aus. In Krakau selbst lebten 1910 etwa 32 Tsd. Juden, was über 20 Prozent der Einwohner Krakaus entsprach. 1918 kam Krakau zur neuen Polnischen Republik. Die jüdische Bevölkerung war formal gleichberechtigt. Mordechaj Gebirtig beschrieb in seinen Liedern präzise und liebevoll das Leben der einfachen jüdischen Bevölkerung in Krakau. Ende der 1920er Jahre verschlechterten sich die Bedingungen. Kazimierz war der Stadtteil der ärmeren und orthodoxen jüdischen Bevölkerung. Die wohlhabenderen wohnten in Podgórze oder anderen Stadtvierteln. 1939 gab es in Krakau 130 Synagogen und Bethäuser.

Nach der Besetzung Polens durch die Deutschen wurde 1941 das Ghetto Krakau im Stadtteil Podgórze eingerichtet. Die meisten Einwohner wurden bis 1944 ermordet. Aber auch nach dem Ende der nationalsozialistischen Besatzung kam es noch zu Ausschreitungen gegen Juden in verschiedenen Teilen Polens. Am 11. August 1945 kam es zu schweren Ausschreitungen gegen Juden in Krakau. Auch in anderen polnischen Städten kam es nach dem Ende des Zweiten <Weltkrieges noch zu Judenpogromen. Kein Wunder, dass auch die letzten verbliebenen Juden dann auch nach 1945 Polen den Rücken kehrten.

Ich schlendere durch das Jüdische Viertel von Kazimierz und schaue auch in einige drei der noch sieben erhaltenen Synagogen hinein.

 

Besuch der Marienkirche

Nach dem Rundgang durch Kazimierz geht es zurück in die Altstadt. Heute morgen war ich nicht in die Marienkirche hineingekommen, weil irgendeine Beisetzung stattfand. Die Todesdaten der Beizusetzenden lagen allerdings schon Jahrzehnte zurück. Wahrscheinlich waren es also sogenannte Umbettungen. Auf meinem Weg zurück schaue ich noch kurz in der Dominikanerkirche vorbei.

 

Abendspaziergang

Nach sieben Stunden Stadtrundgang erhole ich mich erst einmal in meinem Apartment wieder ein wenig. Ein Dusche tut nun sehr gut. Am frühen Abend gehe ich dann ins Kielbasa i Sznurek im Souterrain des Hauses, in dem mein Apartment liegt. Da es noch warm ist, nehme ich mir einen Platz im Freisitz. Ich bestelle eine Portion Pelmeni und ein Bier. Die Pelmeni habe ich schon besser gegessen, sie waren sehr ölig. Aber ich werde satt. Danach mache ich noch einen Abendspaziergang, komme aber nur an einem Platz vorbei, den ich noch nicht kenne, obwohl der nur unweit meines Quartiers liegt. Hier auf dem Matejko-Platz steht das Grunwald-Denkmal, dass ein besonderes nationales Symbol für Polen ist, aber der mit dem Denkmal gedachten Schlacht auch für Deutschland lange Zeit als Ausdruck einer schmachvollen Niederlage bis ins 20. Jahrhundert hinein nationale Bedeutung hatte. Morgen werde ich hierzu dann etwas mehr erzählen.

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