Am Grab von Nikolaus Kopernikus

Mein zweiter Besuch beim Foucaultschen Pendel verläuft ergebnislos, weil das Pendel nach 15 Stunden den gleichen Pendelverlauf wie am Vortag hat. Irgendetwas stimmt da entweder mit meinem Verständnis oder mit dem Pendel nicht. Wahrscheinlich ist es mein Verständnis.

Am Dom muss ich dann erst einmal bis zum Ende des Gottesdienstes warten. Der Besuch im Dom ist dann aber erfolgreicher, weil die junge Dame, die am Einlass meine Karte kontrolliert, mich auf meine Frage hin direkt zu dem Grab und dem modernen Epitaph von Kopernikus führt. Die Frage des Grabes war lange Zeit umstritten und scheint erst in jüngster Zeit endgültig geklärt worden zu sein. Das liegt vor allem daran, das es keine explizit auf Kopernikus hinweisendes Grab im Dom gab.

Ein Lokalhistoriker griff 2004 eine ältere Vermutung wieder auf, dass die Grabstätte, falls noch vorhanden, sich nahe dem heutigen Heilig-Kreuz-Altar (vierte Altarsäule rechts) befinden müsse. Auf Anregung des zuständigen Bischofs begann ein Team um den polnischen Archäologen Jerzy Gassowski mit Nachforschungen. Im Sommer 2005 entdeckte es in Altarnähe die Überreste von 13 teilweise stark beschädigten Gräbern, eines davon mit den Überresten und dem Schädel eines 60 bis 70 Jahre alten Mannes. Im November 2005 wurde anhand des Schädels eine Rekonstruktion des Gesichtes erstellt.

Zur Identifizierung sollte eine DNA-Analyse folgen. Eine Suche nach noch lebenden Verwandten von Kopernikus in maternaler Linie verlief ergebnislos, da nur eine seiner Schwestern Nachkommen hatte und deren maternale Nachkommen nur bis ins 18. Jahrhundert verfolgt werden konnten. In einem Buch, das einst im Besitz von Kopernikus war und dann als Kriegsbeute der Polnisch-Schwedischen Kriege des 17. Jahrhunderts in die Bibliothek der Universität Uppsala gelangt war (Calendarium Romanum Magnum), fanden sich neun Haare. Von vier Haaren konnte brauchbares genetisches Material gewonnen werden. Sie gehörten zu drei verschiedenen Personen. Am 20. November 2008 gaben der polnische Archäologe Jerzy Gassowski und die schwedische DNA-Expertin Marie Allen bekannt, dass die DNA-Analyse von zwei Haaren aus dem Buch und von einem Zahn des gefundenen Schädels ergab, dass beide mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Astronomen zugeordnet werden können. Allerdings ergab die DNA-Analyse auch, dass der Schädel zu einem Menschen mit heller (blauer oder grauer) Augenfarbe gehörte, was von allen historischen Farbporträts von Kopernikus abweicht, auf denen er stets mit dunkelbraunen Augen und dunklen Haaren abgebildet ist. Auf einer Kopernikus-Konferenz 2010 in Krakau wurde die Gen-Analyse von mehreren Wissenschaftlern diskutiert.

Offensichtlich hielt man dies alles aber für ausreichend, die sterblich Überreste Nikolaus Kopernikus zuzuordnen. Die sterblichen Überreste wurden am 22. Mai 2010 feierlich als diejenigen von Kopernikus im Dom zu Frombork wieder beigesetzt. Heute kann man den modernen Epitaph über dem Grab bestaunen und durch ein Glasfenster im Boden auf den nun neuen Sarg für Kopernikus schauern.

Die Fahrt von Frombork nach Pieniezno

Die Fahrt hinter Frombork führt nun erst einmal ans Frische Haff und dort entlang nach Norden bis Pasleka, der letzten Stadt vor der russischen Grenze. Kurz hinter Frombork holt mich ein Radfahrer ein, der mich anspricht: Zunächst auf polnisch, was ich nicht verstehe und ihn auf englisch frage, ob er das versteht und er mir dann auf deutsch antwortet „Ebesser deutsch“. Es stellt sich schnell heraus, dass er sehr gut deutsch spricht und auch schon häufiger in Deutschland gewesen ist. Er ist wohl Bauunternehmer in Warschau und arbeitet in seiner Freizeit als Volleyball-Trainer. Er hat vor einigen Jahren auch das Fahrradfahren für sich entdeckt und hat sich gerade eine kleine Auszeit gegönnt und in Suchacz am Frischen Haff Quartier genommen und macht von da aus täglich Fahrradtouren. Er will bis Pasleka und danach wieder zurück nach Suichacz fahren. Wir bleiben im Gespräch und fahren nun zusammen. Er heißt Darek und erzählt mir einiges aus seinem Leben in Polen. Leider verstehe ich wieder nicht alles.

Der Weg entlang am Frischen Haff ist bis Pasleka ein Betonplattenweg. Nicht sehr schön, aber es gibt deutlich Schlimmere. In Pasleka weist mich Darek dann auf das Haus des polnischen Grenzschutzes hin und wie nah wir hier der russischen Grenze sind, denn sie führt hier gerade einmal in einem Kilometer Entfernung durch das Frische Haff. Darek entscheidet sich noch dafür, mich auch noch bis ins sieben Kilometer entfernte Braniewo zu begleiten. Hier führt der Green Velo nun nach Osten entlang des Flüsschens. Hier geht der Radweg eigentlich direkt am Ufer des hochgelegten Flusses entlang. Der Weg ist aber so schlecht, dass wir doch lieber auf dem parallel verlaufenden Weg bleiben. In Braniewo trennen sich unsere Wege dann wieder. Darek muss zurück nach Suchacz und ich voran nach Pienieznoo, was noch etwa 37 Kilometer sind. Wir tauschen aber noch unsere Daten aus und wollen im Kontakt bleiben. Insbesondere interessiert Darek meine Webseite, von der ich ihm erzählt habe. Bevor es bei mir aber nun weitergeht, setze ich mich auf eine Bank an der Katharinenkirche und mache Mittagspause.

Nachdem ich mich ein wenig ausgeruht habe, geht es weiter. Der Weg führt nun über  Straßen unterschiedlichster Qualität und damit auch unterschiedlichster Verkehrsdichte. Viel befahrene Straße muss ich aber nicht fahren. Da hat Green Velo den Weg tatsächlich sinnvoll gelegt. Der Weg führt durch eine hügelige Landschaft, die überwiegend landwirtschaftlich genutzt wird. Zu sehen gibt es ansonsten nicht viel und so bin ich gegen 16 Uhr in Pieniezno. Die Stadt macht auf mich merkwürdigerweise einen eher abweisenden Eindruck.

Ich erreiche dann mein Hotel Hermes, in dem ich zu einem unvergleichlich niedrigen Preis von 16 EURO ein Zimmer bekommen habe. Als ich ankomme, ist niemand da, aber ich kann eine Telefonnummer anrufen. Da meldet sich auch sofort jemand und redet polnisch auf mich ein, was ich natürlich nicht verstehe. Irgendwie bekomme ich aber mit, dass die Dame hinter der Stimme schon auf dem Weg ist und als ich den Kopf hebe, winkt mir auch schon jemand aus dem Nachbarhaus kommend zu. Das Zimmer, dass die Dame mir zuweist ist einfach aber ordentlich. Frühstück gibt es keins, was ich wusste, aber auf meine Frage nach einem Restaurant, zuckt die Dame auch nur mit den Schultern und verweist mich auf die Küche, die aber nun wirklich keinen einladenden Eindruck macht. Nun ich richte mich ein und werde dann die Stadt erst mal selbst erkunden.

Tagesstrecke. 59,58 Km; 12,49 Km/h; 415 Hm

Spaziergang durch Pieniezno

Als ich hier in Pieniezno ankomme hatte ich einen  abweisenden Eindruck, aber das trifft es nicht ganz. Vielmehr macht die Stadt einen desolaten Eindruck. Alles, was sehenswert wäre, ist kaputt. Sei es das Rathaus, das eine Ruine ist, von der ehemaligen evangelischen Kirche nach den Plänen von Schinkel steht nur noch eine Turmruine und schließlich die Ordensburg, die dem Verfall preis gegeben ist. Auch der Marktplatz selbst, der wohl erst nach 1945 in dem Stil aufgebaut ist, macht einen alles andere als einladenden Eindruck. An der einzigen Ladenzeile wird kein Laden mehr betrieben. Lediglich die inzwischen katholische Kirche scheint gut restauriert worden zu sein und gibt dem Ort einen kleinen architektonischen Glanzpunkt.

So gehe ich ziemlich frustriert aus dem Zentrum und sehe mich nun nach etwas Essbarem um. Als ich vorhin nach Restaurants gegoogelt habe, habe ich nur eins gefunden und das ist das letzte Haus der Stadt. Als ich vorhin ins Zentrum ging, sah ich an der wohl größten Kreuzung einen Kebab-Laden. Hier will ich es erst einmal versuchen. Als ich aber die Tür öffne, kommt mir ein Geruch entgegen, der mich sofort die Tür wieder von außen verschließen lässt. Nun wandere ich also zum 3 Kilometer entfernten einzigem Restaurant des Ortes.

Dort angekommen bin ich erst einmal überrascht über das moderne Haus mit dem Namen „Czar i Las“, was nach der Übersetzer-App „Zauber und Wald“ heißt. Das Haus passt so gar nicht zur sonstigen Bebauung des Ortes. Das Haus besteht im wesentlichen aus einem großen Saal, der offensichtlich auch für andere Veranstaltungen als den Restaurantbetrieb genutzt werden kann. Ich werde freundlich empfangen und kann mit der Kellnerin das notwendige auf Englisch klären.

Mit meinem Essen bin ich dann sehr zufrieden. Es ist ein paniertes Hähnchensteak mit gebackenen Kartoffelscheiben und drei Salatvariationen. Dazu genehmige ich mir ein Bier und stelle erfreut fest, dass der Abend doch noch einen ganz guten Ausklang gefunden hat. So zufrieden gehe ich dann zurück in mein Hotel und bereite mich auf die Nachtruhe vor.

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