5. Tag: 22. April 2023 – Von Elblag nach Frombork

Die Fahrt von Elblag nach Frombork

Das Frühstück war heute für polnische Verhältnisse ausnahmsweise nicht so erquicklich. Aber ich bin satt geworden. Im Übrigen muss ich aber erst einmal Elblag Abbitte leisten. Meine Einschätzung von gestern war ja nicht so positiv. Allerdings ist Elblag eine Stadt von etwa 118 Tsd. Einwohnern und da sollte man seine Einschätzung nicht nur an der sehr kleinen Altstadt festmachen. Beim Weg hinaus sah ich dann doch ein etwas anderes Elblag als die aus meiner Sicht etwas sterile posthistorische der Altstadt. So finden sich hier repräsentative öffentliche Gebäude und andere Bauwerke und vor allem viele Parks mit einem umfassenden Angebot an Freizeitmöglichkeiten.

Mein Weg aus Elblag hinaus führt mich dann durch die Elbinger Höhen, eine eiszeitliche Moränenlandschaft, die heute mit einem zusammenhängenden Laubwald überwachsen sind, die recht hügelig ist und ich bereits nach 10 Kilometern mehr Höhenmeter habe, als in den letzten zwei Tagen zusammen. Die Wege sind nun auch qualitativ sehr unterschiedlich, aber darauf war ich vorbereitet. Dennoch ist die Fahrt durch den noch lichten Wald sehr angenehm. Nach etwa 20 Kilometer führt der Weg dann auf eine Straße und so komme ich auch wieder schneller voran. Mittagspause mache ich dann nach knapp 30 Kilometern in Kadyny, wo ich an einem Rastplatz neben einer 700 Jahre alten Eiche pausiere. Sie soll einer der ältesten Bäume Polens sein.

Aber Kadyny hat noch eine andere Vergangenheit zu bieten. Zu deutscher Zeit hieß der Ort Kadinen oder auch Cadinen und war seit 1898 Sommerresidenz Kaiser Wilhelms II. und das kam so:

1898 überließ der verschuldete Braunsberger Landrat Arthur Birkner den Landsitz dem deutschen Kaiser Wilhelm II., der ihn zu seiner Sommerresidenz ausbauen ließ.

Seitdem wurde Cadinen auch als Schloss bezeichnet. Interessant an Cadinen waren für den Kaiser zunächst die großen Wälder rings um den Ort in einer topografisch stark gegliederten Landschaft mit Steilküste zum Frischen Haff. Diese Wälder ließ der Kaiser sogleich unter Schutz stellen, um hier Jagden veranstalten zu können. Wilhelm veranlasste 1904 die Gründung einer Majolika-Werkstatt auf dem Gelände, deren Produkte als Cadiner Fliesen bei mehreren U-Bahnhöfen in Berlin, wo 1902 die Kadiner Straße so genannt wurde, beim Alten Elbtunnel in Hamburg und anderen repräsentativen Bauten Verwendung fanden.

Er ließ ein repräsentatives Gestüt errichten, in dem Trakehner, aber auch Holsteiner gezüchtet wurden. Die Baumeister des Kaisers errichteten ab 1899 nicht nur das Gestüt und die kaiserliche Residenz, sondern gestalteten den gesamten Ort neu. Cadinen wurde zum Badeort. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm die Volksrepublik Polen das Gestüt, das nach 1989 auch den Übergang in die Dritte Polnische Republik meisterte. Der ganze Ort wurde unter Denkmalschutz gestellt und hat sich zu einem beliebten Ziel für den Tourismus entwickelt.

Ich mache einen kurzen Rundgang durch das Dorf und stelle fest, dass sowohl das Schloss noch steht und heute noch genutzt wird als auch das Gestüt und die Majolika Manufaktur noch in Betrieb sind.

Die weitere Fahrt ist schnell erzählt. Ich verlasse den Green Velo und fahre auf den Kreisstraßen 503 und 504 nach Frombork. Der Hinweis diese Strecke zu wählen, hatte ich dem Fahrradführer zu Green Velo von Elblag nach Bialystok entnommen, weil der restliche Weg über einen sehr unwirtlichen Schotterweg führen soll. Die Straßen sind zwar durchaus befahren aber nicht so übermäßig, dass sich die Alternative nicht angeboten hätte. So bin ich schon gegen 15:30 in Frombork und habe noch Zeit, mir die dortigen Sehenswürdigkeiten anzuschauen.

Tagesstrecke: 50,47 Km; 12,95 Km/h; 521 Hm

Der Dom in Frombork und Nikolaus Kopernikus

In Frombork, dass früher Frauenburg hieß, schecke ich kurz in der freundlichen und gepflegten Pension Villa Warmia ein und mache mich dann gleich auf den Weg zum Dom und den Museumsbereich. Auch der Dom ist aus einer ehemaligen Burg des Deutschen Ordens entstanden. Die Stadt ist aufgrund des architektonisch interessanten Domes sowie des Wirkens des Astronomen Nikolaus Kopernikus, dessen Grabmal sich im Dom befindet, international bekannt. Soweit ich das nachvollziehen konnte, lebte Nikolaus Kopernikus von 1510 bis zu seinem Tod im Jahre 1543 in Frauenburg. Er war hier Kanzler des Ermländer Domkapitels und hatte als Administrator die Regierungsgeschäfte zu regeln.

Ich besichtige dann als erstes den Dom, weil ich merke, dass man dort bereits kurz vor der Schließung ist und eigentlich nur noch aufhat, weil die Vorbereitungen für ein Konzert stattfinden. So ist der Besuch sehr schnell und dabei finde ich nicht auf Anhieb das Grab von Kopernikus. So mache ich noch schnell einige Fotos und beschließe morgen in der früh noch einmal vorbeizuschauen.

Nachdem die ermländische Wirtschaft nach den Wirren der Eroberungszeit bis 1280 sich schnell stabilisierte und wuchs, begann das Domkapitel im 14. Jahrhundert mit dem Bau einer festen Burg und des Domes selbst. Der Frauenburger Dom Mariä Himmelfahrt und St. Andreas ist deshalb etwas Besonderes, weil er nach einem einheitlichen Plan von 1329 bis 1388 errichtet wurde und architektonisch weitgehend im ursprünglichen Zustand erhalten ist.

Nachdem Besuch des Domes gehe ich ich noch zu dem schräg gegenüber vom Dom gelegenen Turm, den Kopernikus mehrere Jahrzehnte bis zu seinem Tode 1543 besaß und für seine Forschungen nutzen konnte. In diesem Turm hängt heute an einem 29 Meter langen Seil ein sogenanntes Foucaultsches Pendel, mit dem besagter Physiker  Léon Foulcault den laientauglichen und aufsehenerregenden Nachweis der Erdrotation erbrachte. So führte er am 26. März 1851 seinen Versuch in Paris im Panthéon mit einem 67 Meter langen Pendel und einem 28 Kilogramm schweren Pendelkörper der Öffentlichkeit vor. Am unteren Ende des Pendelkörpers befand sich eine Spitze, die mit jeder Schwingung eine Spur in einem Sandbett auf dem Fußboden markierte.

Ein solches Pendel schwingt nun auch in Frombork. Da ich nicht so lange warten wollte, bis sich die Erde einmal um sich selbst gedreht hatte, beschloss ich mir das Gansze auch noch einmal am morgigen Sonntagvormittag anzuschauen. Den ganz begriffen hatte ich es nicht. Der Zusammenhang des Foucaultschen Pendels mit Kopernikus liegt aber natürlich auf der Hand. Es ist die Demonstration des heliozentrischen Weltbildes, das Kopernikus entwickelt hatte. Insofern ist Frombork sicher ein geeigneter Ort für ein Foucaultsches Pendel.

Den Abend lasse ich dann in einem Fischrestaurant am Hafen ausklingen. Der Hafen ist allerdings zu Zeit nicht in einem guten Zustand, weil er wohl umfassend saniert wird. Den Abend beschließe ich dann mit einem Spaziergang auf die Mole und einen Blick auf den Sonnenuntergang über dem Frischen Haff.

Das Foucaultsche Pendel

Dazu werde ich später noch etwas ausführen!

Schreibe eine Antwort

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.