Tagesstrecke: 99,39 Km; 130 Hm; 15,01 Km/h
Das Wetter sieht etwas besser aus als gestern noch vorausgesagt. Allerdings sind die Temperaturen um über 10 Grad gesunken und verharren den ganzen Tag bei 16 bis 17 Grad. Auch muss ich noch für längere Zeit mit Regen rechnen. Mit über 90 Kilometern wird dies wohl die längste Strecke auf meiner Tour. Sie hat aber wenig Höhenmeter und führt nun entlang dem Dunajec bis zu Mündung in die Weichsel und dann entlang der Weichsel bis zu dem nicht bedeutendem Ort Polaniec.
Als ich in Tarnow losfahre regnet es bereits seit einigen Stunden. Die 26 Kilometer entlang des Dunajec verlaufen unspektakulär auf einem gut asphaltierten Radweg auf dem Dunajec-Damm. Allerdings regnet es recht heftig. Meine Regenkleidung hält aber das meiste ab. Kurz vor der Mündung in die Weichsel muss ich auf einer Fähre den Dunajec überqueren, um auf dem Weg entlang der Weichsel weiterfahren zu können. Der Regen lässt jetzt doch deutlich nach, aber ich kann noch nicht absehen, ob das tatsächlich so bleibt. Ich kenne die Gegend dort ganz gut von meiner Weichselradtour vor drei Jahren. Daher weiß ich auch, dass der Radweg an der Weichsel für die nächsten 35 Kilometer genauso hervorragend ist, wie der, den ich jetzt entlang dem Dunajec gefahren bin.
Als ich dann an der Fähre ankomme werden meine Hoffnungen für den weiteren Verlauf ziemlich getrübt. Ich sehe eine geschlossene Schranke vor dem Fähranleger und auf dem Schild daran übersetze ich mit meiner Übersetzungs-App, dass die Fähre geschlossen ist. Auf der anderen Seite steht zwar ein Mann mit einem weißen Hemd an dem Aufenthaltshäuschen für die Fährführer, aber er gibt mir mit seinen Armbewegungen auch zu verstehen, dass mit der Fähre hier und heute nichts läuft.
Ich schreie einige Kraftausdrücke vor mich hin, merke aber dann doch, dass das wohl nichts hilft. In etwa fünf Kilometern hatte ich schon einen anderen Hinweis auf eine Fähre gesehen, die in den Ort Otfinow übersetzt. Auch der Mann auf der anderen Seite macht wohl mit einigen seiner Armbewegungen darauf aufmerksam. Ich fahre also notgedrungen zurück und mein Stimmung hebt sich etwas als ich merke, dass ich nun auf einmal Rückenwind habe und der Regen tatsächlich nachlässt und nur noch als leichter Nieselregen fällt. So gelange ich bereits nach 20 Minuten zum Fähranleger Otfinow, gerade noch rechtzeitig bevor dieser mit zwei Autos bereits voll beladen den hier lediglich etwa 20 bis 30 Meter breiten Dunajec in etwa zwei bis drei Minuten überwindet.
Nun stehe ich aber erst einmal vor dem Problem wie ich am schnellsten von hier an die Weichsel komme. Meine Handys waren wohl etwas verschnupft über den Regen und geruhten erst nach einiger Zeit liebevoller Behandlung mit mir wieder zu kommunizieren. Dann sah ich aber, dass eine Woiwodschaftsstraße mich sehr günstig an die Weichsel führt, so dass sogar die inzwischen angefallenen Mehrkilometer wieder kompensiert wurden. So kam ich nach etwa 9 Kilometern an der Weichsel an und hatte vor mir die gleiche Kilometerzahl, die ich gehabt hätte, wenn die erste Fähre gefahren wäre. Inzwischen hatte ich die ersten 45 Kilometer hinter mir und damit knapp die Hälfte der heute zu bewältigenden Strecke. Ich mache erst mal eine Mittagspause im Stehen und verzehre die beiden heute morgen im Konsum in Tarnow erstandenen Brötchen.
Nun Liegen erst einmal noch 25 Kilometer auf dem Radweg auf dem Weichseldamm vor mir und da ich auch hier Rückenwind habe komme ich zügig vorwärts. Die Gegend, durch die ich schon seit Tarnow fahre, ist sehr dünn besiedelt. So gibt es ganz wenige Brücken sowohl über den Dunajec als auch über die Weichsel und der Bedarf wird halt mit einigen Fähren versucht zu erfüllen. Bei Szczucin kommt dann eine Brücke, über die die Nationalstraße 73 führt. Hier endet dann auch der ausgeschilderte Weichselradweg genauso abrupt wie gestern der Dunajec-Radweg. Der Weichselradweg endet hier allerdings für einige hundert Kilometer wie ich von meiner Radtour vor drei Jahren noch weiß.
Als ich über die Brücke fahre, verlasse ich auch die Woiwodschaft Kleinpolen und komme nun in die Woiwodschaft Heiligkreuz. Nach etwa zwei Kilometern kann ich die Nationalstraße verlassen und fahre auf ruhigen und gut befahrbaren Nebenstraßen in meinen heutigen Zielort Polaniec. Seltsamerweise ist in meinem Navi das Ziel das Polizeirevier der Stadt, wo ich eigentlich nicht übernachten wollte. Ich hatte offensichtlich aus mir nicht ganz erklärlichen Gründen etwas falsches in das Navi eingegeben. Leider musste ich dann auch noch feststellen, dass mein auf der Karte ausgewiesenes Zielhotel dort überhaupt nicht war. So schloss sich eine etwas längere Irrfahrt an, die mich aber dann nach etwa einer halben Stunde doch an mein Ziel brachte und meine zurückgelegten Kilometer auf fast 100 erhöhte. Es ist ein Hotel mit drei angeschlossenen Apartmenthäusern von denen ich mir eines für zwei Nächte gebucht habe. Morgen soll es nach nun über 340 Kilometern in vier Tagen erst mal einen Ruhetag geben.