Heute war der Tag ziemlich bedeckt. schon in der Nacht hatte es ordentlich geregnet und gegen 9:30 Uhr fing es wieder an. Ich wartete noch bis 10 Uhr, dann fuhr ich los. Mein Regen-App hatte mich aber nicht getäuscht. Der Regen hörte nach einer Stunde auf und dann wurde es bald wolkig bis heiter. Es war etwas kühler als in den vergangenen Tagen. Die Temperaturen kletterten nicht über 14 Grad. Für die Jahreszeit immer noch ziemlich warm.

Das Frühstück im Kloster war sehr ordentlich. Aber die meisten evangelischen Christen stehen offensichtlich genauso früh auf wie ich. Um 7:30 Uhr war der Frühstücksraum gut besucht. Es waren meist Frauen mittleren Alters,  die hier waren. Schien wohl irgendeine Tagung oder Begegnung gewesen sein. Die meisten reisten dann nach dem Frühstück auch ab. Sie  wirkten auf mich etwas esoterisch. So ging man sehr schwesterlich miteinander um. Man drückt sich kurz, fasste sich mal am Arm, legt dem Gesprächspartner mal kurz die Hand aufs Knie und erzeugt offensichtlich so Vertrautheit. Auch wenn mir persönlich das ziemlich fremd ist, bewundere ich insgeheim oft die Fähigkeit zu solchen Gesten. Sie sind in den meisten Kommunikationssituationen sicher hilfreich.

Mein heutiges Ziel ist Quedlinburg. Ich habe mich dort für drei Tage in einem Hotel direkt am Markt eingebucht. Der Grund ist der morgige Montag. Da scheint in Sachsen-Anhalt Ruhetag zu sein. Auf jeden Fall haben die Stätten der Romanik in Quedlinburg morgen geschlossen. So werde ich morgen wohl eine Tour in die von Quedlinburg nicht allzu fernen Stätten der Romanik machen. Da es sich um Burgen und Kirchen handelt, werde ich es auch verkraften, wenn ich sie nur von außen sehe.Dabei kommt mir immer der Spruch eines fünfjährigen Nachbarsjungen in den Sinn, als ich mit den Nachbarn kurz nach der Wende die Wartburg besuchte und Johannes keine Lust hatte, den Weg zur Wartburg hinaufzulaufen. Er machte ein Schnute und meinte, dass er kein Lust habe und brachte dann eine entwaffnende Begründung: „Alle Burgs sind gleich!“

Ich kann nicht verhehlen, dass mir dieser Satz in den letzten Tagen öfters durch den Kopf ging. Sowohl die kunsthistorischen als auch die architektonischen und entwicklungsgeschichtlichen Erläuterungen sind mir doch oft zu sehr formal und wenig fesselnd. Wenn dann vom Altan, dem Antentempel, dem Architrav und den Archivolten geschrieben wird, um nur die ersten im Alphabet zu nennen, schalte auch ich regelmäßig ab, obwohl ich mich für die romanische Architektur interessiere. Insofern bin auch ich mit meinen Darstellungen der Bauwerke nicht zufrieden, habe ich sie doch auch nur übernommen, obwohl ich die meisten nicht gelungen finde. Was fehlt ist meines Erachtens die Geschichte und die Geschichten der Häuser, warum wurden sie verändert und durch wen? Das ist sicher oft schwierig und kaum noch recherchierbar. Aber es könnte ein Weg sein, die Architektur auch unter kunstgeschichtlichen Gesichtspunkten erlebbarer zu machen.

So werde ich heute versuchen eine Geschichte beizutragen zum Kloster Wendhusen in Thale. Man findet sie in den Erläuterungen nirgends. Ich werde sie dort erzählen. Aber auch sie ist ein Stück deutscher Geschichte. Ansonsten liegen heute zwei Klöster und zwei Kirchen auf meinem Weg.

Tagesdaten: 50,58 Km; 03:51:38 Std. Fz; 13,1 Km/h; 327 Hm

 

Wernigerode – Kirche St. Johannis

Die Kirche St. Johannis in Wernigerode gehört zu den jüngsten Gebäuden, welche zur „Straße der Romanik“ hinzukam. Ihre Entstehungszeit geht auf das dreizehnte Jahrhundert zurück. Die Weihe des Altars fand im Jahr 1279 durch den Bischof Volrad von Halberstadt statt und grenzt die Zeit der Erbauung ein.

Die Kirche in Wernigerode erfuhr im Laufe der Jahrhunderte allerdings mehrere Umbauten und damit verbundene stilistische Veränderungen. Das basilikale Langhaus änderte sich zu einer Halle mit drei Kirchenschiffen und der Chor bekam eine Erweiterung im spätgotischen Stil. Der zur Kirche gehörende Westturm weist eine Erneuerung aus dem Jahr 1446 auf. Dies geht aus einer Ritzung im noch bestehenden Turmknopf hervor. Aus romanischer Zeit ist lediglich das Querhaus im südlichen Kirchenbereich erhalten geblieben.

Mit dem Ende des fünfzehnten Jahrhunderts war die bauliche Umgestaltung weitestgehend abgeschlossen. Erst im neunzehnten Jahrhundert schloss sich eine weitere Umbauphase an, die das Innere der Kirche St. Johannis betraf. Demnach, sorgte eine Restaurierung in den Jahren 1864 und 1865 für eine Ausführung des Vorbaus im Südportal, welche das alte Portal aus Holz aufgriff. Zudem, entschieden sich Kirchenverantwortliche für eine Entfernung der barocken Emporen und des Kirchengestühls sowie für den Einbau größerer Fenster.

Während des Zweiten Weltkriegs erlitt die Kirche St. Johannis schwere Schäden, darunter die Zerstörung des Daches, des Chor-Mauerwerks und etliche, zum Teil bunt verglaste, Fenster.

Bis 1994 gelang es, weitgehende Schäden instand zu setzen und das Gebäudeinnere zum Teil wiederherzustellen. Weitere Erneuerungen der Kirche in Wernigerode dauern derweil bis heute an oder sind in Planung, um die romanische Sehenswürdigkeit für kommende Generationen zu erhalten.

https://romanik-strasse-erleben.de/kirche-st-johannis-in-wernigerode/

 

Blankenburg – Kloster Michaelstein

Um 1147 gründete eine Äbtissin von Quedlinburg das ehemalige Zisterzienserkloster Kloster Michaelstein. Bei diesem Orden handelt es sich um eine Gemeinschaft, die sich zunächst dem Benediktinerorden zugehörig sah. Später, sorgten Reformen für die Weiterentwicklung der bisherigen Traditionen, die sich dann in einer eigenen Glaubensgemeinschaft, den Zisterziensern, widerspiegelten.

Ab 1152 galt das Kloster deshalb als ein bedeutender Mittelpunkt für wirtschaftliche und ideologische Punkte aller Zisterzienser.

Während der Bauernkriege, kam es zu schweren Schäden am Kloster und der Klosterkirche. Die Kirche hielt den Angriffen allerdings weniger stand und erlitt eine vollkommene Zerstörung. Aufgrund der schlechten Bedingungen gaben die Bewohner ihr Kloster im Jahr 1543 auf.

Nur ein Jahr nach den Angriffen und der darauffolgenden Klosterschließung, beschlossen die neuen Besitzer die Errichtung einer Klosterschule auf dem Gelände. Da bereits im fünfzehnten Jahrhundert Mönche aus Michaelstein die Universität Leipzig besuchten, folgten die neuen Eigentümer lediglich einer neuen Tradition.

Während des Dreißigjährigen Krieges besetzten Zisterzienser das Gebäude erneut, was zur Folge hatte, dass die Klosterschule vorerst keinen weiteren Bestand mehr hatte. Erst ab 1717, einhergehend mit einem wiederholten Besitzerwechsel, konnte die Schule wieder ihren Betrieb aufnehmen.
Heute beherbergt das Kloster Michaelstein ein Museum mit Themenschwerpunkten, wie Gärten, Musik und Geschichte und ist zudem Veranstaltungsort für zahlreiche kulturelle Events.

https://romanik-strasse-erleben.de/kloster-michaelstein/

 

Thale – Kloster Wendhusen

Die Klosteranlage Wendhusen in Thale entstand im Jahr 825 und zählt zu den ältesten Klöstern Sachsen-Anhalts. Zunächst bot das Gotteshaus eine Heimat für das Stift der Kanonissen. Das Stift war bekannt für seine enge Verbindung zu dem altsächsischen Adelsgeschlecht und erwirtschaftete aufgrund dessen schon früh eine Vielzahl von Besitztümern.

Um 840 kam es aufgrund der guten wirtschaftlichen Verhältnisse zum Bau der Stiftskirche und der Erweiterung der Klosteranlage um einige Klausurgebäude. Da die im Kloster lebenden Frauen vornehmlich aus Adelsfamilien stammten, galt ein strenges Reglement bezüglich des Lebens im Kloster Wendhusen. Nicht verwunderlich, dass die Bewohnerinnen mithilfe ihrer Disziplin später maßgeblich an der Entstehung des Quedlinburger Reichsstiftes mitwirkten.

Im Jahr 1120 änderte sich jedoch die Lebensweise auf dem Gelände und es erfolgte die Übernahme der Augustiner-Regelungen. Dies sorgte letztlich für bauliche Erweiterungen auf dem Areal, aus denen beispielsweise das massive Westwerk der Kirche hervorging. Es besteht aus drei Etagen und blieb bis heute erhalten.

Plünderungen und eine anschließende Brandstiftung sorgten während des Bauernkrieges im Jahr 1525 für das vorläufige Ende des Klosters. Die Zerstörungen waren verheerend und so lösten die Verantwortlichen das Kloster schließlich auf. Dies rief einen ruinösen Zustand der Anlage hervor. Bis 1945 nutzten die neuen Besitzer das Kloster Wendhusen als Rittergut, bevor es nach dieser Zeit dann in den öffentlichen Besitz überging.

Gegenwärtig, befindet sich hinter den noch bestehenden historischen Fassaden ein Klostermuseum mit dazugehörigem Café und einer großflächigen Außenanlage, die jeweils zu einem Besuch einladen.

https://romanik-strasse-erleben.de/kloster-wendhusen-in-thale/

Und hier nun meine Geschichte zum Kloster Wendhusen.

Als ich in der Erläuterungstafel den Namen von dem Bussche lese erwacht bei mir eine vage Erinnerung, dass mir der Name vor einiger Zeit schon einmal untergekommen ist. Am Abend recherchiere ich noch einmal kurz und dann fällt mir der Zusammenhang wieder ein. Das Kloster Wendhusen war Gegenstand einer wichtigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Der Kläger war Axel von dem Bussche 1919-1993) , der mit seiner Klage nach der Wende die Rückübereignung des von den Russen 1945 enteigneten nunmehrigen Rittergutes und vormaligen Klosters Wendhausen beanspruchte, dass nach der Wiedervereinigung Eigentum der Bundesrepublik Deutschland wurde. Das Bundesverfassungsgericht lehnte dies mit der Begründung ab, dass die Bundesrepublik nur dann zur Rückgabe verpflichtet sei, wenn sie Rechtsnachfolger des enteignenden Staates sei. Dies gelte für die Enteignungen der ehemaligen DDR aber nicht für Enteignungen der Sowjetunion, weil die Bundesrepublik nicht Rechtsnachfolger der Sowjetunion der sowjetisch besetzten Zone geworden sei.

Das Urteil ist sicher vertretbar gewesen. Dennoch erinnert es etwas an den Satz von Bärbel Bohley: „Wir wollten Gerechtigkeit und bekamen den Rechtsstaat.“  So sah es wohl auch Axel von dem Bussche, weil auch nach sowjetischen Standards nur „Faschisten“ von Enteignungen betroffen sein sollten, zu denen er sich nicht zählen lassen wollte. Wer war nun Axel von dem Bussche? Er war ein junger inzwischen hochdekorierter Offizier (Orden des Deutschen Kreuzes in Gold) der Deutschen Wehrmacht im 2. Weltkrieg. Er war aber auch durch ein ihn zeitlebens traumatisierendes Erlebnis zum engagierten Widerstandskämpfer gegen Hitler und die Nazi-Diktatur geworden. So war er als 23-jähriger Ende 1942 in der Ukraine zufällig Zeuge einer Massenexekution von über dreitausend Zivilisten, Männern, Frauen und Kindern – überwiegend Juden – geworden, die während zweier Tage von acht SS- und mehreren SD-Leuten systematisch durchgeführt wurde. Von dem Bussche hat dieses Verbrechen beschrieben: „SS-Leute führten die Juden an eine Grube. Dort mußten sie sich entkleiden, danach in die Grube steigen, in der schon eine Schicht zuckender Leiber lag: Mit dem Gesicht nach unten mußten sie sich dem Befehl gehorchend auf die Ermordeten legen und wurden dann durch Schüsse in den Hinterkopf getötet.“

Dieses traumatische Erlebnis führte Axel von dem Bussche in den Widerstand, weil er sich an den Eid auf Adolf Hitler nicht mehr gebunden fühlte, da dieser ihn durch seine Befehle selbst mehrfach gebrochen habe. So wurde Axel von dem Bussche auch derjenige, der nachdem er mit Graf Stauffenberg Kontakt aufgenommen hatte, sich bereit erklärte das Attentat auf Hitler selbst auszuführen. Die Widerstandsgruppe um Stauffenberg plante, dass sich von dem Bussche bei einer Vorführung neuer Uniformen mit einer Handgranate auf Hitler stürzen sollte, um so sicher zu gehen, dass der Diktator un Tyrann das Attentat nicht überlebte. Die Präsentation der neuen Uniformen wurde dann mehrfach verschoben, weil zunächst der Eisenbahnwagon mit den neun Uniformen bei einem alliierten Luftangriff auf Berlin zerstört wurde. Nachdem Stauffenberg für von dem Bussche schon einen Marschbefehl für den Februar 1944 nach Berlin besorgt hatte, wurde der Frontoffizier von dem Bussche am 30. Januar 1944 durch einen sowjetischen Granatsplitter so schwer verwundet, dass sein Bein amputiert werden musste. Damit war sein Einsatz als Attentäter hinfällig und das war der Grund, warum schließlich Stauffenberg es selbst übernahm, das Attentat durchzuführen. Axel von dem Bussche hat durch seine Verwundung als einer der ganz wenigen des militärischen Widerstandes gegen Hitler die Nazizeit überlegt. Offensichtlich führten keine Spuren mehr zu ihm.

Axel von dem Bussche war übrigens ein enger Freund des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker. Sie kannten sich schon aus gemeinsamen Wehrmachtszeiten. Sie waren im gleichen Regiment und von Weizsäcker wusste auch wohl von von dem Bussches Zweifeln und Plänen. Die Bitte von dem Bussches, sich für ihn bei der Rückübertragung seines beanspruchten frühern Besitzes zu verwenden, lehnte von Weizsäcker aber ab, was zu einer erheblichen Beeinträchtigung ihrer Freundschaft geführt haben muss. Trotz allem Verständnisses für die Haltung von dem Bussche hatte von Weizsäcker jedoch völlig Recht mit seiner Weigerung, weil es natürlich nach unserer Verfassung nicht zulässig sein darf, dass sich ein Verfassungsorgan in die Zuständigkeiten eines anderen einmischt.

Als ich Thale und die Reste des Klosters Wendhusen besuchte, empfand ich wenig für dieses Areal. Das änderte sich auch nicht, nachdem ich den verbliebenen romanischen Klosterturm für 3 € besichtigt hatte. Die Geschichte des Axel von dem Bussche hat diese Bauwerk der Straße der Romanik für mich jedoch lebendiger werden lassen und so dazu geführt, dass ich weder die persönliche Geschichte noch das Bauwerk so leicht vergessen werde.

 

 

Gernrode – Stiftskirche St. Cyriakus

Die ersten Erwähnungen der Kirche in Gernrode gab es schon um 961. Markgraf Gero errichtete sie und plante ein Frauenstift für die Kirche. Der Grund für diese Überlegung war die Schwiegertochter des Markgrafen, die als frühzeitige Witwe eine ausreichende Versorgung durch das Stift erhalten sollte.

Viele Jahre leitete die markgräfliche Schwiegertochter das Stift als erste Äbtissin in Gernrode. Bis zu dieser Zeit profitierte es zunehmend von seinem sehr guten Ruf, wodurch es sich zu einem der renommiertesten Stifte im ganzen Reich entwickelte. Um 1616 sank die Bedeutung des Stifts zunehmend und Gerüchte über Misswirtschaft kamen auf. Dies führte letztlich zur Auflösung des hochadligen Frauenstifts.

Stiftskirche Gernrode: Kerzenschein aus dem Heiligen Grab

Nach seiner Auflösung war die Kirche dem Verfall ausgesetzt und diente für andere Zwecke, vorrangig für landwirtschaftliche. Dies hatte zur Folge, dass einige Fenster weiterem Gemäuer weichen mussten, um beispielsweise dunkle Räume für die Lagerung von Kartoffeln zu schaffen.

Erst 1834 entdeckte ein Kunsthistoriker die ehemalige Stiftskirche von Neuem und veranlasste eine Restaurierung. Diese konnte einen Großteil des ursprünglichen Baus wieder freilegen und instand setzen.

Weitere Sehenswürdigkeiten in der Kirche sind, zum Bespiel das Grabmal des damaligen Stiftgründers Markgraf Gero, ein romanischer Taufstein sowie das Heilige Grab. Bei diesem Grab handelt es sich um die älteste, noch bestehende Grabnachbildung des Grabes von Christi.

https://romanik-strasse-erleben.de/stiftskirche-gernrode/

 

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