Heute stand ein langer Spaziergang durch Bratislava auf dem Programm. Das Wetter verspricht schön und warm zu werden. Die Altstadt von Bratislava scheint relativ überschaubar zu sein, so dass ich die meisten Sehenswürdigkeiten zu Fuß erlaufen werde. Da ich aber etwas außerhalb wohne, fuhr ich erst einmal mit dem Bus in die Altstadt. Zunächst suche ich aber eine Frühstücksmöglichkeit, da es in dem von mir gemieteten Zimmer kein Frühstück gibt. Allerdings hatte man mir gleich heute Morgen einen Kaffee angeboten. Ich finde dann auch in der Altstadt von Bratislava ein Café mit einem sehr guten Frühstücksangebot und lasse mir erst einmal die für mich wichtigste Tagesmahlzeit schmecken.
Ich hatte mir sechs Sehenswürdigkeiten ausgesucht, die ich mir auf jeden Fall etwas näher anschauen wollte. Da war einmal natürlich die Burg, dann die Kathedrale, dann der Hauptplatz mit dem Alten Rathaus, dann das Palais des Staatspräsidenten sowie eine Jugendstilkirche und schließlich wollte ich noch das Grab von Alexander Dubcek, der Leitfigur des Prager Frühlings im den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts, besuchen. Natürlich sieht man dann auf den Wegen zu den einzelnen Sehenswürdigkeiten noch mehr. In den letzten Tagen habe ich dann auch erfahren, was ich bisher nicht wusste, dass Bratislava mal über mehrere Jahrhunderte (also vom 16. Bis zum 19. Jahrhundert Hauptstadt des Königreichs Ungarn war. So wurde auch Marias Theresia 1741 hier in Pressburg, wie es damals noch hieß, zum König (sic!) gekrönt und viele andere vor und nach ihr auch. Das lag daran, dass die Türken in einer Schlacht 1526 große Teile Ungarns erobert hatten und man daher Pressburg zur Hauptstadt des als Königliches Ungarn bezeichneten Restterritoriums machte. War ja auch von der Entfernung her praktisch, da es unweit von Wien liegt.
Zunächst führt mich mein Spaziergang zum Hauptplatz mit dem von außen eher unscheinbaren Rathaus, dass auch drei Häusern zusammengewachsen oder erwachsen ist. Danach geht es zur Kathedrale, in der aber gerade Gottesdienst ist, so dass ein Besuch erst wieder ab 13 Uhr möglich ist. Also steige ich den Burgberg hinauf um mir das Schloss anzuschauen. Ein >Besichtigung werde ich wohl sein lassen, weil das Historische Nationalmuseum dort untergebracht ist und ich mit meinen Sprachkenntnissen den sicher interessanten Erläuterungen wohl kaum werde folgen können. Dennoch nehme ich mir für die Burg Zeit. Es ist eigentlich nur ein quadratischer Vierflügelbau, dem man keine besonderen Merkmale zusprechen kann. Allerdings ist die Burg offensichtlich neu und in strahlendem Weiß gestrichen, so dass sie schon wie ein Juwel in die Landschaft scheint. Auch ein sehenswerter barocker Garten schließt sich an die Burg an. Da hatte sicher auch Maria Theresia mit ihrer diesbezüglichen Vorliebe wieder die Finger mit im Spiel. Bei meinem Rundgang stoße ich dann auch auf eine Statue einer jungen Frau, die offensichtlich Arme speist. E handelt sich um die spätere Elisabeth von Thüringen, die auf der Burg hier ihre Jugend verbracht hat. Sie war die Tochjter des ungarischen Königs Andreas II.
Übrigens scheint nicht nur die Burg wie ein Juwel ins Land, sondern man hat von hier einen phantastischen Blick ins Land. Nicht nur Bratislava liegt einem zu Füßen, man kann auch bis Hainburg schauen. So lasse ich mir mit meinem Rundgang Zeit und koste es die phantastischen Blicke aus. Ganz nahe der Burg steht übrigens auch das moderne Gebäude des slowakischen Nationalrats, also des slowakischen Parlaments. Hier finde ich auch eine erste Gedenkbüste für Alexander Dubcek. Der Standort ist so gewählt, dass er sozusagen immer auf das Gebäude des Nationalrats blickt. Nachdem ich vom Burgberg in die Stadt zurückkehre geht es erst einmal zum Sitz des Staatspräsidenten, das Palais Grassalkovich, ein Rokokopalais aus dem 19. Jahrhundert. Da es aber nicht zugänglich ist, wird es nur abfotografiert und ich such nun die Kirche St. Elisabeth auf, die wegen ihrer äußeren Farbgestaltung als Blaue Kirche bezeichnet wird und ein klassisches Jugendstilbauwerk ist. Leider ist auch sie verschlossen und die Öffnungszeiten erschließen sich mir nicht richtig, weil sie nicht mal in Englisch ausgewiesen sind. Da die Kirche zu den TOP 10 der Sehenswürdigkeiten von Bratislava zählt, hätte man das eigentlich erwarten können. Aber die Gegend ist auch sonst interessant, steht nämlich gleich daneben ein riesiges Gymnasiumsgebäude ebenfalls im Jugendstil sowie mehrere weitere Jugendstilstadthäuser.
Nach dieser Besichtigung ruhe ich mich erst mal ein wenig aus und stehe vor der größten Herausforderung des heutigen Tages, dem Besuch des Grabes von Alexander Dubcek. Inzwischen habe ich den Namen des Friedhofs herausgefunden. Er liegt ziemlich weit außerhalb im Stadtteil Karlova Ves. Da muss ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln hin und deren Verständnis fällt mir nicht ganz leicht. Also es dauert einige Zeit, bis es mir gelingt, den richtigen Bus zu erwischen und dann auch noch den richtigen Umstiegspunkt. Ich habe mir inzwischen sicherheitshalber ein 24 Stunden-Ticket für 3,50 € geleistet. Um es kurz zu machen. Den richtigen Umstiegspunkt finde ich nicht und gehe daher die restlichen 1,5 Kilometer zu Fuß, was bergauf bei der Wärme erst einmal Durst verursacht und meine Wasserflasche ist leer. Gott sei Dank gibt es vor dem Friedhof eine Einkaufsgalerie, so dass ich wieder zu neuem Wasser und gleich zu einem Red Bull komme. So gestärkt gelange ich dann auf den sehr großen Friedhof und richte mich auf eine längere Suche ein. Brauche ich aber nicht, denn nach kurzer Orientierung ist das Grabmal für Alexander Dubcek schon direkt gegenüber dem Eingang des Friedhofs. Das Grab und auch die Büste von Alexander Dubcek gegenüber dem Parlament zeigen, dass er auch nach wie vor aus der Erinnerung vieler Slowaken nicht wegzudenken ist.
Nach dem Besuch des Friedhofs weiß ich dann wie ich zurück in die Stadt komme und erwische auch den richtigen Bus. Ich schaue nun noch in die Kathedrale St. Martin hinein, die aus meiner Sicht ein merkwürdiges architektonisches Missverhältnis zwischen einem doch recht stattlichen Chor und einem wenig kathedral wirkendem Langhaus hat. Danach begebe ich mich auf den Hauptplatz und schaue mir auch den Innenhof des Alten Rathauses mit seinen offenen Wandelgängen an. Schließlich lasse ich die Besichtigungstour bei einem Cappuccino und einem kleinen Eisbecher auf dem nach dem slowakischen Dichter und Lyriker Hviezdolslav benannten langgestreckten und begrünten Platz, der sich durch die halbe Altstadt zieht, ausklingen. Ab morgen liegen dann 500 Kilometer durch Ungarn vor mir.
Tagesdaten: 14 km Stadtbesichtigung