Wieder eine sehr schöner Tag. Den ganzen Tag Sonne, etwas kühler als gestern, aber immer noch angenehm. Mein geschätztes polnisches Frühstück habe ich bisher überhaupt noch nicht erwähnt. Aber sowohl in Danzig als auch heute morgen hier in Malbork gab es wieder ausgezeichnete Frühstücke. Insofern beginnen die Tage wie so oft in Polen richtig gut.
Ich hatte mich schon gestern dafür entschieden, heute doch noch mal in die Marienburg zu gehen und sie mir von Innen anzuschauen. Von außen ist sie ja inzwischen komplett saniert, aber ich wollte wissen, wie es heute innen aussieht. Als ich vor elf oder zwölf Jahren das erste Mal in Danzig war, habe ich noch eine riesige Baustelle im Inneren in Erinnerung. Also gehe ich nach dem Frühstück los und kaufe mir die notwendigen Tickets und einen Audio Guide, der wieder genauso gut funktioniert wie der im Museum des 2. Weltkriegs in Danzig. Allerdings zahlt man hier in der Marienburg fast das Doppelte dafür.
Zwar muss ich meinen Rundgang etwas abkürzen, weil ich nach zwei Stunden wieder zurück in meinem Hotel sein muss, um mich auszuchecken. Aber in zwei Stunden kann man auch sehr viel erfahren und vieles vergisst man ohnehin wieder, so dass ich auch hier sage, man sollte sich die Marienburg durchaus öfter anschauen. Auf jeden Fall war der Rundgang sehr eindrucksvoll und die Restauration ist wohl im wesentlichen abgeschlossen. Allerdings gilt für historische Gebäude sicher auch das schöne aber auch ambivalente Wort: Nach der Restaurierung ist vor der Restaurierung.
Zusammenfassend kann man sagen, dass diese Restaurierung sehr stark an der der Preußen ab 1880 bis ins frühe 20. Jahrhundert orientiert. Das ist wahrscheinlich auch deshalb sinnvoll gewesen, weil es darüber noch Pläne gab. Da eben so vieles durch den Krieg zerstört war, hat man zahlreiche Gerätschaften nach Modellen aus der Zeit des Deutschen Ordens rekonstruiert, die man andernorts zu sehen bekommt. Ansonsten hat man zumindest das, was nicht mehr im mittelalterlichen Stil rekonstruiert werden konnte eben so gestaltet, wie das im 19. Jhdt. von den preußischen Restauratoren durchgeführt wurde. Hier ist man dann gelegentlich erstaunt, dass tatsächlich einige Räumlichkeiten mit dem Mittelalter nichts mehr zu tun haben. Aber darüber kann man hinwegsehen, wenn man es nicht sogar als geglückte Symbiose zweier Welten ansehen will. Im übrigen kommt der Audio Guide sicher zurecht zu einer abschließenden Einschätzung, dass viele Fragen zur Marienburg noch unbeantwortet sind und es auch in Zukunft noch weitere Erkenntnisse geben wird.
Ich kann hier sicher nicht umfassend auf meine Besichtigungstour eingehen und werde primär die Bilder sprechen lassen. Bisher habe ich ja auch noch nichts über den Deutschen Ritterorden, den Ordensstaat und seine Bedeutung geschrieben. Dies würde den Rahmen hier sicher auch sprengen. Auf meiner Agenda steht aber auch noch einmal eine Radreise zu den Ordensburgen hier in Polen und im Baltikum. Bei dieser Tour werde ich dann auch auf die Geschichte des Ritterordens stärker eingehen. Mal sehen, wann diese Tour klappt. Denn eigentlich ist meine Agenda schon für mein nächstes Lebensjahrzehnt angefüllt.
Nach meinem Spaziergang durch die Marienburg, schecke ich im Hotel aus, verstaue mein Gepäck wieder auf dem Fahrrad und mache mich auf den Weg nach Elblag. Der Weg ist heute mit etwas über 40 Km kürzer als gestern. Die Landschaft bleibt flach allerdings habe ich heute Gegenwind, was dann die Durchschnittsgeschwindigkeit doch erheblich drückt.
Schließlich bin ich aber gegen 16 Uhr in Elblag. Nachdem ich eingescheckt habe, mache ich noch einen kleinen Stadtrundgang. Elblag hat meines Erachtens wenig Sehenswertes. Die Stadt wurde 1945 durch die Belagerung der Roten Armee zu 60 Prozent zerstört und die Gebäudesubstanz der Stadt lag in Trümmern (insgesamt 5255 Gebäude). Alle Baudenkmäler waren stark beschädigt, nur sechs Häuser in der Altstadt blieben stehen. Seit den 1980er Jahren wurde die Altstadt dann wieder aufgebaut. Dies geschah aber nicht durch eine möglichst authentische Rekonstruktion der Gebäude, sondern durch einen Neubau der Häuser im modernen posthistoristischem Stil. Wer das nicht mag, findet in Elblag daher wenig Sehenswertes.
Meine Pension M.F. im Zentrum von Elblag ist ordentlich. Der Besitzer ist kaschubischer Abstammung und spricht sehr gut Deutsch. Die Kaschuben sind ein westslawisches Volk, das in Polen in der Woiwodschaft Pommern, also westlich von Danzig, im Landstrich Kaschubien, auch Kaschubei genannt, lebt. Einer der bedeutendsten deutschen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, nämlich Günter Grass, war ebenfalls kaschubischer Abstammung. Diese Abstammung hat er insbesondere in seinem wohl bekanntesten Roman, die Blechtrommel, literarisch verarbeitet.
Tagesstrecke: 41,85 Km; 12,50 Km/h
Besuch der Marienburg
- Blick über die Nogat auf die „skyline“ von Malbork
- Das gotische Rathaus von Marienburg
- Blick auf das Gesamtensemble. Links der mächtige Eckturm ist der Dansker, die Toilettenanlage der Ordensburg.
- Hier der herausragende Platz der Marienmadonna mit Kind auf der Marienburg
- Hier ein Bild der Zerstörung 1945
- und so ist es heute wieder rekonstruiert.
- Das Haupttor zu Marienburg führt in Vorburg.
- Mittelschloss und Hochschloss von der Vorburg aus gesehen.
- Eine weitere Marienfigur mit Kind über dem Eingangstor zum Mittelschloss.
- Der Zugang zum Mittelschloss. Hier erhält man einen Eindruck, wie gesichert solche Zugänge im Mittelalter waren.
- Im Hof des Mittelschlosses
- Der Rittersaal
- Natürlich auch eine eigene Kapelle.
- Freigelegte Fresken im Rittersaal mit Szenen aus dem Leben der Deutschordensritter.
- Schlussstein im Rittersaal mit Marias und Josefs Flucht nach Ägypten.
- Die persönlichen Gemächer des Hochmeisters
- Ihm stand sogar eine eigene Toilette zu.
- Das Schlafgemach des Hofmeisters …
- … mit Heizungsanlage.
- Der Sommerremter, hier sicher nicht nur der Speisesaal, sondern ein Festsaal. Das ganze Gewölbe wurde von einer Basaltsäule in der Mitte getragen.
- Den versuchten die Polen und Litauer nach ihrem Sieg bei Tannenberg und der danach erfolgten Belagerung der Marienburg bei einem Treffen der Ordensritter unter Beschuss zu nehmen. Sie verfehlten die Säule jedoch knapp. Der Hochmeister ließ danach die Kugel an der Stelle einmauern, wo sie eingeschlagen war. Links oben am Kamin.
- An den Wänden des Rmters finden sich die Bildnisse der Hochmeister..
- Der Winterremter mit einem umfassenden Heizungssystem.
- Im Untergeschoss die Küche von der aus der Rittersaal und die beiden Remter über Aufzüge versorgt werden konnten.
- Denkmalgruppe der Hochmeister im Hof des Mittelschlosses: . – v.l.: Hermann von Salza, Siegfried von Feuchtwangen, Winrich von Kniprode und Albrecht von Braunschweig.
- Hier ein Blick in die Kanzlei der Marienburg.
- Besucher der Marienburg – Hier August der Starke …
- … und Wilhelm II.
- Zugang zum Hochschloss.
- Im Hof des Mittelschlosses.
- Auf dem Dach des Brunnens der Pelikan, der sein Jungen mit Eigenblut tränkt, bis er vor Entkräftung stirbt.
- Die restaurierte Marienkirche
- Die Kanzel
- Der Altar
- Blick in den Chor. Das Mittelfenster ist zugemauert. Dahinter befindet sich auf der Außenseite die Marienstatue.
- Das Marienbildnis auch wieder im Schlussstein des rekonstruierten Chores.
- Fresko des Letzten Abendmals.
- Der Teufel weist nun den Weg zum Dansker.
- Blick in den langen Gang zum Dansker.
- Rekonstruierte Toilette in Dansker. Die Kohlblätter wurden als Toilettenpapier verwendet.
- Der Fall der Notdurft war hier tief (18 m). Auch dies eine hygienische Maßnahme.
Fahrt nach Elblag
- Kleiner Konsum mitten in der Landschaft.
- Sehr viele Weiden gibt es hier.
- Blick auf die Nogat.
- Blick auf die Nogat bei Kepki.
- Hier in Kepki habe ich für eine Bekannte das alte Wirtshaus ihrer Großeltern gesucht und …
- … an der Brücke der Nogat …
- … auch gefunden.
- Auf dem Weg nach Elblag bin ich dann ohne Vorwarnung nun plötzlich auf dem Green Velo.
- Blick auf die Altstadt von Elblag.
Kleiner Rundgang durch Elblag
- Meine heutige Unterkunft im Pensjonat M.F.
- Der Platz vor der Nikolaikirche. Hier sieht man sehr schön die posthistoristische Architektur, die in Polen Ende des 20. Jahrhunderts sich wahrscheinlich auch aus Kostengründen durchsetzte.
- Die Nikolaikirche aus dem 14. Jahrhundert.
- Das Markttor.
- Der Bäckerjunge von Elbing soll der Legende nach die Einnahme der Stadt durch die Ordensritter dadurch verhindert haben, das er im entscheidenden Augenblick das Seil des Falltors mit seiner Schaufel durchtrennte.
- Alte Kirche, die nun zur Kunstgalerie umgewandelt wurde..
- Die Gebäude des mittelalterlichen Spitals.
- Die Bibliothek von Elblag.