Heute liegt gleich das größte Programm meiner Tour an. Nach dem Frühstück und noch einer kleinen Stadtrundfahrt geht es zur Tuchfabrik der Gebrüder Pfau als Schauplatz TextilBoom und danach geht es weiter nach Zwickau, wo ich den Schauplatz AutoBoom im August Horch Museum und die Zentralausstellung im Audi Haus besuchen möchte. Das Wetter ist schön, die Sonne scheint und es wird immer wärmer. Die Temperaturen nähern sich im Laufe des Tages der 30 Grad-Marke.
Fahrstrecke: 31,82 Km
Besuch der Tuchfabrik Gebr. Pfau
1859 gründete Friedrich Pfau in Crimmitschau eine Handweberei. Ab 1885 entstanden die ersten Fabrikgebäude der Tuchfabrik Gebr. Pfau. Bis 1972 blieb sie in Familienbesitz und gehörte dann zum VEB Volltuchwerke Crimmitschau. 1990 wurde die ehemalige Tuchfabrik Gebr. Pfau als Gesamtheit unter Denkmalschutz gestellt. In ihrer Größe und in ihrer Vollständigkeit von historischem Gebäude- und Maschinenbestand soll die Pfausche Fabrik in Mitteleuropa einzigartig. Die Besucher können hier in geführten Rundgängen die Herstellung von Tuchen Schritt für Schritt: von der Anlieferung von Wolle, Zellwolle und Dederon, deren Mischung, bis hin zu fertig verpackten Stoffballen erleben. Die Maschinen werden von ehemaligen Beschäftigten der regionalen Textilindustrie vorgeführt. Nicht nur Technikgeschichte, sondern auch viele Einblicke in das Arbeiten und Leben der Textilarbeiter werden dabei vermittelt. Leider gilt das heute nicht für mich.
Der Besuch der Tuchfabrik Gebr. Pfau wird für mich etwas enttäuschend. Ich habe zwar für die Sächsische Landesausstellung ein Gesamtticket erworben. Allerdings kann man die gesamten Anlagen und Fertigungshallen nur mit einer Führung besichtigen, die extra kostet, was nicht das Problem wäre, aber man muss sich auch vorher anmelden, was ich versäumt habe und als ich ankomme sind die heutigen Führungen schon alle ausgebucht. So bleibt mir nur der Besuch der für die Landesausstellung zusammengestellten Ausstellung zur Zukunft der Textilindustrie insbesondere in Sachsen. Die Aussteller vertreten die Ansicht, das Sachsen nach wie vor zu den leistungsfähigsten Textilregionen Europas gehört.
Fahrt nach Zwickau
Die 20 Kilometer zwischen Crimmitschau und Zwickau sind unspektakulär. Bis kurz vor Werdau geht es noch entlang der Pleiße, dann geht es in Richtung Osten nach Zwickau. Einen kurzen Zwischenstopp lege ich in Neustadt an der Pleiße ein, heute ein Stadtteil von Crimmitschau. Hier gibt es das sehenswerte Schloss Schweinsburg mit einem sehr schönen Barockgarten. Das Schloss hat sehr viele Gesichter, was damit zusammenhängt, dass es ursprünglich eine Burg wohl aus dem 12. Jhdt. war und das Schloss wohl in Patchwork-Bauweise entstanden ist..
1743 wurde die verfallene Burg zu einem Barockschloss umgebaut. Die Besitzer Christian Friedrich und Friedrich Emil Robert Meinhold waren im 19. Jahrhundert Abgeordnete des Sächsischen Landtags. 1908 bis 1911 erfolgte für den Fabrikanten Carl Wolf ein erneuter Umbau im Stil des Neobarock. 1945 wurde das Rittergut enteignet und der Glockenturm (Turm der Unterburg) abgerissen. Zwischen 1946 und 1989 diente das Schloss als Parteischule der KPD/SED, die Bausubstanz wurde dabei erheblich beeinträchtigt; unter anderem wurde die Hauskapelle in eine Turnhalle unter Verlust des historischen Altares umgebaut. 1998 wurde das Schloss renoviert und in der Unterburg ein Hotel eingerichtet.
Das August Horch Museum in Zwickau
Zwickau erreiche ich dann gegen 14 Uhr und kann mich auch gleich im Gasthof/Hotel Alte Münze einchecken. Danach fahre ich zum August Horch Museum, dem Schauplatz AutoBoom der Sächsischen Landesausstellung. August Horch (1868 – 1951) war ein deutscher Maschinenbauingenieur und Gründer der Automobilbauunternehmen Horch und Audi. Die Biografie von August Horch ist sehr spannend, vor allem auch dadurch, dass er meistens nach kurzer Zeit aus den von ihm gegründeten Unternehmen wieder ausschied. Er war wohl mehr ein Einzelgänger und Technikfreak wie wir heute sagen würden. Allerdings hatte er auch ein Gespür für Selbstvermarktung und für die Vermarktung seiner Produkte.
Wer sich für Autos interessiert, insbesondere für ältere Modelle, für den ist ein Besuch des August Horch Museums sicher ein Muss. Dabei zeigt die Ausstellung ein durchaus differenziertes Bild. So wird auch auf die militärische Bedeutung des Autobaus sowie die Ausbeutung von Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen in der Nazizeit eingegangen. Auch hier ist August Horch in seiner Ambivalenz zu entdecken. Einerseits von den Nazis hofiert, war er nie Parteimitlied und seine Pflegetochter, die er später heiratete, entstammte einer jüdischen Familie, blieb aber wegen Horchs Bekanntheit von nationalsozialistischer Verfolgung verschont.
Interessant ist auch die Entstehung des Markennamens Audi. Horch verließ Anfang 1909 das von ihm gegründete Unternehmen A. Horch & Cie. Motorwagenwerke Actiengesellschaft, denn er hatte aufgrund seiner geringen Kapitalbeteiligung keine Entscheidungsmacht. Mit seinen befreundeten Investoren Paul Fikentscher und dessen Neffen Franz gründete er in Sichtweite der Zwickauer Horch-Werke ein zweites Unternehmen, die August Horch Automobilwerke GmbH, die am 16. Juli 1909 ins Handelsregister der Stadt Zwickau eingetragen wurde. Daraufhin kam es mit seinem vormaligen Unternehmen wegen des Markennamens Horch zum Rechtsstreit, den August Horch in letzter Instanz vor dem Reichsgericht in Leipzig verlor. Ein Sohn Franz Fikentschers erfand als Konsequenz aus dem Rechtsstreit den Markennamen „Audi“; das ist die Übersetzung des Imperativs „horch!“ (audi = höre! = horch!) ins Lateinische. Am 25. April 1910 wurde das Unternehmen in Audi Automobilwerke GmbH umbenannt.
Die Zentralausstellung in Zwickau im Audibau
Insgesamt ist die Ausstellung aus meiner Sicht sehr enttäuschend. Erstens darf man nicht fotografieren, weil sich daraus urheberrechtliche Probleme ergeben würden und zweitens wird man mit einer Masse von Ausstellungsgegenständen aus der sächsischen Industrielandschaft konfrontiert, die man zwar auf extra bereitgestellten digitalen Beschreibungen abrufen kann, die aber wenig klare Linie und Struktur erkennen lassen. Wenn man alle Beschreibungen tatsächlich lesen würde, müsste man sich wahrscheinlich etwa eine Woche in der dunklen Halle aufhalten. – Schade!
Abendspaziergang in Zwickau
Nach dem Abendessen im Biergarten des Brauhauses mache ich noch einen Spaziergang durch das Zentrum von Zwickau.