4. Tag (07. August 2019): Von Cedynia bis Stettin

Auch heute verspricht es zunächst einmal ein schöner Tag zu werden, nicht mehr ganz so warm wie gestern, aber mit Temperaturen um die 25 Grad angenehm. Aber auch heute sollen nachmittags wieder Schauer und Gewitter niedergehen. Vom Frühstück in meinem Hotel bin ich etwas enttäuscht, weil meine hohen Erwartungen an ein polnische Hotelfrühstück nicht erfüllt werden. Satt werde ich dennoch. Nach dem Frühstück fahre ich zurück an die Oder vorbei an einem gewaltigen Denkmal, dass die Polen hier zur Erinnerung an den 1000. Jahrestag der Schlacht bei Zehden 1972 errichtet haben. Es zeigt wie wichtig den Polen solche vermeintlich nationalen Heldentaten sind. Ob die Schlacht tatsächlich so stattgefunden hat wie dargestellt und ob sie nicht letztlich ein Pyrrhussieg war, lasse ich hier mal dahingestellt. Weiter geht es nun noch einmal vorbei am Polenmarkt, wo sich viele meiner Mitgäste im Hotel für heute und die nächsten Tage eindecken. Ich bevorzuge dagegen den gegenüberliegenden Supermarkt. Dann geht es wieder über die Oderbrücke und zurück auf den Oderradweg.

Eigentlich hatte ich auf dem Oderradweg schon gestern mehr Trubel befürchtet, denn ich kann mir eigentlich keinen anderen Grund vorstellen, warum die Quartiere hier so ausgebucht sind als dass Leute mit dem Fahrrad auf dem Oderradweg fahren. Aber man kann wirklich nicht sagen, dass hier allzu viele Menschen unterwegs sind. Mehrere Familien treffe ich, was auch kein Wunder ist. Der Oderradweg ist sicher auch eine ideale Route, um sie mit Kindern zu machen.

Die Strecke heute nach Stettin sollte eigentlich nur 93 Kilometer sein. Daraus wird aber nichts, weil zwischen Schwedt und Gartz wegen Deichbauarbeiten eine großräumige Umleitung eingerichtet ist, die die Strecke dann um fast sechs Kilometer verlängert und mich so wieder auf 100 Kilometer bringt. Dafür habe ich heute Glück mit dem Internet und kann mich auf das Gewitter und die Schauer vorbereiten. In Gartz lege ich in einem Café ein Pause von einer Stunde ein und es gelingt mir, dieses Mal den Regen im Trockenen zu überstehen. Mein Fahrrad wird zwar nass, aber das kann es ja ab. Meine Packtaschen sind auch nach über sieben Jahren im Gebrauch noch immer wasserdicht.

Etwa 14 Kilometer hinter Gartz biege ich dann vom Oderradweg ab und fahre über die Grenze in Richtung Stettin. Ich finde es übrigens ziemlich abwegig, dass der Oderradweg hier versucht immer auf deutschem Boden zu bleiben. Die Oder ist ein Fluss beider Länder und die Odermündung bei Stettin ins Stettiner Haff liegt nun einmal in Polen und nicht in Ahlbeck, wo der offizielle Oderradweg endet. Schon vor der Grenze komme ich auf die Bundestraße 2, die ich ja auch aus Leipzig kenne, und die als N 13 in Polen weiterverläuft bis nach Stettin. Der Verkehr ist doch sehr heftig und viele LKW sind unterwegs. Es ist inzwischen Feierabendverkehr. So freue ich mich doch, dass über weite Strecken neue und gut ausgebaute Radwege entlang der Straße führen. Es bestätigt mal wieder meinen Eindruck, dass die Polen doch eine ganze Menge in den Radwegeausbau ihres Landes investieren. Freilich wird die Fahrt durch die immerhin über 400 Tsd. Einwohner zählende Stadt Stettin nochmals eine Herausforderung. Zwar gibt es auch hier eine große Zahl an Radwegen, die aber oft auch als Parkstreifen missbraucht werden, was einen dann doch ziemlich wütend macht. Auch gibt es immer wieder Unterbrechungen und gerade dort entpuppen sich die Strecken dann als recht unwegsam und erinnern an Vorwendezeiten, was das Vorwärtskommen sehr anstrengend macht. Auch muss ich mich nach vier Tagen relativer Ruhe erst einmal wieder an den Großstadtlärm gewöhnen.

Gegen 18 Uhr erreiche ich dann meine Unterkunft, eine sehr schöne zum Hotel umfunktionierte Villa sehr nahe am Zentrum. Inzwischen habe ich auch beschlossen, morgen in Stettin zu bleiben und mir die Stadt etwas genauer anzuschauen. Meine Unterkunft in Trassenheide kann ich ohnehin erst ab Sonntag beziehen und bis dahin sind es gerade noch 150 Kilometer. Auch im Inneren ist das Hotel, dessen Adresse Matejki8 auch sein Name ist, sehr edel gestaltet und der große, fast die gesamte untere Etage einnehmende Frühstücks- und Restaurantraum ist mit sehr schönen großflächigen Leinwanddrucken der polnischen Art Déco-Malerin Tamara de Lempicka geschmückt. Von meiner Kleidung her, fühle ich mich etwas underdressed, bis ich dann feststellen kann, dass die übrigen Gäste auch nicht viel edler aussehen. Es gelingt mir auch, hier noch eine Nacht länger zu buchen, ich muss allerdings morgen das Zimmer wechseln, was mir nicht viel ausmacht. Leider muss ich aber bald feststellen, dass das WLAN auf dem Zimmer nicht funktioniert, wobei sich die ansonsten freundlichen jungen Servicekräfte als recht unprofessionell erweisen und nur bedauernd mit den Schultern zucken. Immerhin kann man aber unter im Restaurant sitzen, wo WLAN funktioniert und sich sonst kaum jemand aufhält. Nachdem ich mich eingerichtet habe, mache ich einen Spaziergang zur Hakenterrasse und kehre in einem mir schon vom letzten Besuch bekannten Grillrestaurant ein. Die Hakenterrasse ist sicher das städtebaulich imposanteste Ensemble in Stettin. Auf einer Länge von sicher 300 Metern stehen etwa 20 bis 30 Meter über dem Oderufer vier ausgesprochen repräsentative Gebäude unter anderem übrigens auch die ehemalige LVA Pommern, die zwischen 1902 und 1905 gebaut wurde, heute aber ein Teil der Seefahrtsakademie ist. Aber nun lasse ich den Abend erst einmal mit einem Steak ausklingen.

Tagesdaten: 100,2 Km; 06:46:26 Std. Fz.; 14,79 Km/h; 320 Hm

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