Nun bin ich also angekommen in Sankt Petersburg und die etwa 5 Kilometer mit dem Fahrrad über den Newski Prospekt zur Hauptverkehrszeit waren schon ein besonderes Erlebnis. Ich habe mich einfach der Fahrweise der Russen angepasst, habe mich zwischen den Autos hindurchgeschlängelt, habe mich nicht abdrängen lassen, sondern manchen zum Bremsen gezwungen … und es ging alles gut. Mit dem Hotel bin ich sehr zufrieden, Heidrun und ich werden ein schönes Apartment haben. So sind wir im Zweifel autonom. Das Hotel liegt sehr zentral direkt am Newski Prospekt.
Aber ich greife vorweg. Das Frühstück heute Morgen in Selenogorsk war in Ordnung, auch wenn man mich keine Minute vor 9 Uhr in den Frühstücksraum ließ. Aber ich bekam immerhin zwei Tassen Kaffee! Ansonsten gab es Porridge, also Haferbrei, bereits belegte Käsetoastbrote und Quark, den man sich mit Marmelade anreichern durfte. Wurst und Obst gab es nicht. Mir reichte es aus.
Die Fahrt mit dem Fahrrad nach Sankt Peterburg ist dann sehr eindrucksvoll. Nach über 2000 Kilometern recht dünn besiedelter Regionen prallt man nun plötzlich auf eine Fünf-Millionen Stadt, übrigens die nördlichste der Welt. Sankt Petersburg hat sich auch mächtig verändert in den letzten fünf Jahren. Die Gegend um das WM-Stadion zur Weltmeisterschaft 2018 und um den neuen Gazprom Tower, das inzwischen höchste Gebäude Europas, gibt dieser Metropole schon einen sehr weltstädtisches Flair. Ich bin tief beeindruckt als ich hier durchradle.
Für mich die wahrnehmbarste Veränderung sind die Fahrradwege. Zunächst ist der Fahrradweg nach Sankt Petersburg inzwischen sehr gut ausgebaut und befahrbar. Dort, wo kein Fahrradweg ist, wird man über Nebenstraßen geleitet, wenn man ein entsprechendes Navi hat. Hinweisschilder auf den Fahrradweg sucht man meist vergeblich. Anders ist es in Sankt Petersburg selbst. Inzwischen gibt es ein recht dichtes Netz von Fahrradwegen, die auch als solche ausgewiesen sind. Das gab es vor 5 Jahren noch überhaupt nicht. Ähnlich wie bei uns in Leipzig sind es meistens als Fahrradwege markierte Seitenstreifen auf den Straßen. Einziges Problem: Diese Fahrradwege werden offensichtlich von den Autofahrern als Parkstreifen genutzt. Ich habe kaum einen Fahrradweg gefunden, auf dem man ungehindert radeln konnte. Das macht die Situation aber für den Radfahrer eher noch gefährlicher, weil die Straßen nun enger geworden sind und man sich wieder im direkten Kontakt mit den Autos befindet. Aber zu Sankt Petersburg wird es in den nächsten Tagen sicher noch mehr zu berichten geben.
Ich freue mich nun erst einmal, hier zehn Ruhetage mit Heidrun verbringen zu können, die morgen mit dem Flugzeug anreist. Im Hotel wurde ich ausgesprochen freundlich von einer deutsch sprechenden jungen Frau namens Elena begrüßt. Sie hat mich auch schon richtig gut versorgt. Ich bekam von ihr Waschpulver für die Waschmaschine des Apartments, sie erklärte mir wie ich morgen zum Flughafen komme, um Heidrun abzuholen, sie zeigte mir, wo der nächste Supermarkt ist und sie erklärte mir auch, dass der Friseur, den ich aufsuchen wollte, gleich nebenan und nur für Männer ist. Den suchte ich auch auf und sehe nun wieder etwas zivilisierter aus. Preiswerter als in Deutschland war er allerdings nicht. Nun werde ich den Abend erst einmal im „Bier König“ ausklingen lassen, der Gaststätte des Hotels mit zünftiger deutscher Hausmannskost.
Tagedaten: 63,22 Km; 05:14:00 Std. Fz.; 12,08 Km/h; 120 Hm
Hallo Herr Dr. Kohl. Ich habe bis hierher sehr interessiert Ihre Reiseberichte gelesen. Ich bin beeindruckt, wie Sie die Strecke bisher gemeistert haben. Nun wünsche ich Ihnen und Heidrun viele schöne und erlebnisreiche Tage in Sankt Petersburg und bin gespannt auf Ihre Berichte. Viele Grüße aus dem sehr warmen Sachsen nach Sankt Petersburg an Sie und Heidrun sendet Wolfram Fischer