35. Tag: 22. Mai 2023 – Von Zamosc nach Stora Huta

Heute wieder ein sehr schöner Tag. Nach dem Frühstück gehe ich noch einmal durch die morgendliche Altstadt von Zamosc, um in einer Apotheke einige einiges gegen meine Mückenstiche zu holen. Seit dem Spaziergang in Okuninka am See, haben sich die Stiche nun ziemlich entzündet und ich sollte Mittel finden, dies wieder in den Griff zu bekommen. Meine Füße sehen inzwischen ziemlich böse aus. Die Apothekerin gibt mir Fenistil, das ich ja schon als Wirksam in solchen Fällen kennengelernt habe, ein Spray gegen die Mücken und ein Antiallergikum. Ein Spray habe ich zwar selbst, aber offensichtlich war es bisher gegen die hiesigen Insekten ziemlich wehrlos.

Das Besondere an dem Spaziergang ist aber, dass ich die Stadt nun einmal fast menschenleer erlebe. Insbesondere am Marktplatz lasse ich mir nicht entgehen, diesen ungewohnten Blick noch einmal festzuhalten. Wenn nur nicht diese Konzertbühne immer den Blick auf die besonders schöne Freitreppe trüben würde. Zurück in meiner Unterkunft packe ich zusammen, verabschiede mich von meinen Gastgebern und fahre los. Den Weg habe ich heute teilweise abweichend vom Green Velo um Einiges verkürzt. Ich fahre nicht über Zwierzyniec und Josefow, sondern über Krasnobrod. Das verkürzt die Strecke um 25 Kilometer. Einmal schickt mich mein Navi leider wieder völlig überflüssigerweise von einer ruhigen asphaltierten Straße ab auf eine Sandpiste, die tatsächlich nicht zu befahren ist und ich schieben muss. Als ich dann merke, dass diese Strecke auch noch zwei Kilometer länger ist als die Straßenverbindung, bin ich zwar wütend auf mein Komoot, aber es ist auch zu spät, noch einmal zurückzukehren.

Ansonsten ist die Fahrt recht ruhig und angenehm. Es gibt sehr schöne Landschaftsblicke, es wird wieder hügeliger und die Steigungen nehmen zu. Zum Schluss waren es doch über 600 Höhenmeter, die ich zu überwinden hatte. Kurz vor Narol überfahre ich dann die Grenze der Woiwodschaften Lublin und Karpartenvorland. Von der Größe her ist sie etwa so groß wie bei uns Thüringen und hat auch mit etwa 2,1 Mio. eine ähnliche Einwohnerzahl.

Das Karpatenvorland ist sowohl industriell als auch landwirtschaftlich geprägt. In der Industrie, die zu rund 30 Prozent der Wirtschaftsleistung beiträgt, sind insbesondere der Maschinenbau, die chemische Industrie, die Rüstungsindustrie, die Luftfahrtindustrie sowie der Fahrzeugbau von Bedeutung. Daneben spielt auch die Lebensmittelindustrie eine Rolle. Die Landwirtschaft hingegen ist häufig noch eher traditionell organisiert und kennzeichnet sich durch eine niedrige Durchschnittsfläche der Agrarbetriebe von unter 5 Hektar.

Im Vergleich mit dem BIP der EU ausgedrückt in Kaufkraftstandards erreichte die Woiwodschaft 2018 einen Index von 50 (EU-27 = 100), bezogen auf den Wert pro Erwerbstätigem erreichte das Karpatenvorland hingegen einen Index von 59 (EU-27 = 100). Innerhalb Polens gilt das Karpatenvorland damit zwar als strukturschwach, es ist jedoch zugleich von allen Woiwodschaften im Osten des Landes die wirtschaftlich am stärksten entwickelte.

Die einzige Stadt durch die ich heute neben Krasnobrod komme, ist hier im Karpatenvorland Narol, ein Städtchen mit etwas über 2 Tsd. Einwohnern. Eigentlich gehört ein attraktives Schloss dazu, dass aber hinter vielen Bäumen und Hecken verborgen und dazu noch verschlossen bleibt, so dass es mir nicht gelingt ein Foto zu schießen.

Angesichts des Mangels an sonstigen Sehenswürdigkeiten verharre ich ein wenig auf dem Rathausplatz von Narol mit seinem zumindest sehenswerten Rathaus in der Mitte des Platzes und der gegenüberliegenden römisch-katholische Kirche Mariä Geburt. Während das Rathaus mit seinen vorgelagerten Arkaden in den Jahren 1928-1932 erbaut wurde ist die gegenüberliegende Kirche schon älteren Datums und wurde in den 1790-1804 errichtet. 1914 zerstört, wurde die Kirche in den Jahren 1915-1917 wieder aufgebaut und 1957 bzw. 2000 neu gestrichen. Ich konnte sogar einen Blick in die Kirche werfen, da sie unverschlossen war.

Dann kommt das letzte Stück meiner heutigen Etappe, bei dem es die nächsten acht Kilometer immer auf und ab geht. Stara Huta ist eigentlich nicht einmal ein Dorf, sondern eine Ansammlung von höchsten fünf kleineren Gehöften und Häusern auf einer Lichtung im umgebenden Wald. Die Lichtung muss wohl auf ein früheren Eisenwerk zurückgehen, bedeutet der Name Stara Huta doch alte Eisenhütte. Meine Vermieterin Margareta, die ich nur kurz kennenlerne, hat hier wohl eines der Anwesen erworben, das eher aussieht wie ein altes Stallgebäude und und ist dabei daraus sehr schöne zweigeschossige Ferienwohnungen bauen zu lassen. Drei dieser Ferienwohnungen sind schon fertig, zwei bedürfen noch des Ausbaus. Hier zu wohnen ist wirklich sehr idyllisch. Morgens weiden die Schafe auf den umliegenden Weiden, neben an hat sich wohl ein Imker niedergelassen, auf einem gegenüberliegenden Gehöft wohnt ein älteres Ehepaar. Der Mann gab mir gestern auf Deutsch Hinweise wie ich zu meinem Domizil komme. Auch meine Vermieterin spricht gut Deutsch. Auf meine Frage antwortet sie, sie arbeite in Deutschland. Ich bin erstaunt – von hier aus? Leider kommen wir nicht mehr dazu, dies zu vertiefen. Sie hat es offensichtlich eilig.

Ich selbst habe den Abend hier sehr genossen und den Kamin angemacht, was dem Ganzen natürlich noch eine besondere Atmosphäre gibt.

Tagesstrecke: 64,81 Km; 11,68 Km/h; 669 Hm

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