Statt des Stücks Käsekuchen gab es heute Spiegeleier zum Frühstück. Kam mir mehr entgegen als der Käsekuchen. Danach ließ ich mir mein Fahrrad geben. Das läuft etwas kompliziert ab, weil die Frau an der Rezeption mir nicht etwa den Garagenschlüssel geben darf, sondern dafür einen Hausangestellten heranzitieren muss, der mir die Garage öffnet! Danach führt meine erste Fahrt zur Touristeninformation. Erstes Erfolgserlebnis, die Touristeninformation hat tatsächlich um 9 Uhr geöffnet. Erste Frustration, es gibt weder in Englisch noch in Deutsch Beschreibungen der Hauptsehenswürdigkeiten von Wyborg. Offensichtlich kommen außer Finnen doch recht wenige Touristen nach Wyborg. Auch die Mitarbeiterin der Touristeninformation sprach kaum Englisch. So konnte ich unverrichteter Dinge wieder von dannen ziehen.

Bis zur Öffnung des Fahrradladens war noch etwas Zeit. So machte ich eine kleine Runde durch die Stadt und besuchte vor allem das Kunstzentrum, ein an prominenter Lage auf den alten Befestigungsanlagen errichtetes markantes Gebäude in einem Stil, der auch an die Bauhausarchitektur erinnert. Ich machte einige Fotos und dann ging es zum Fahrradladen, hier war Ramon, der in Weimar geborene Russe bereits zugegen und offensichtlich auch erfreut über mein Kommen. Mit Zeichen und Zeigen machte ich ihm klar, worin ich mein Problem sehe und er sah es dann sofort auch, meinte aber „no problem“. Mit geübten Händen setzte er den Kettennieter an und bearbeitete den von mir versauten Niet so, dass er wieder halten und nicht mehr verrutschen sollte. Auch die Bremsbeläge überprüfte er und wechselte einen mit meinen entsprechenden Ersatzteilen aus. Wir waren uns einig, dass die hinteren Bremsbeläge noch gut genug waren. Interessant war, dass er die Bremsbeläge ganz anders wechselte als ich es gelernt habe. Er baute nicht das Rad aus, sondern montierte die an zwei Schrauben befestigte Bremse ab. Das Ganze dauerte eine knappe Stunde, auch weil Ramon zwischendurch immer wieder Kunden bedienen musste. Er war noch allein im Geschäft und ich war schon erstaunt wie viele Kunden in der Zeit in den Fahrradladen kamen. Gekostet hat mich das Ganze 400 Rubel, also knapp 4,50 €. Ich war begeistert und habe noch ein anständiges Trinkgeld draufgelegt, was natürlich Ramon erfreute. Bei meiner anschließenden weiteren Rundfahrt durch die Stadt konnte ich dann auch feststellen, dass das Knacken in der Kette nicht mehr zu hören oder zu spüren war.

Mein nächstes Ziel war der Landschaftspark Monrepos etwas außerhalb im Norden von Wyborg. Ich war erstaunt über den Namen, weil es ein gleichnamiges Schloss nahe Ludwigsburg gibt. Die Namensidentität ist tatsächlich kein Zufall, weil der Namensgeber und erste Besitzer von Monrepos der damalige Gouverneur von Wyborg, der in den Diensten Katharinas stehende Friedrich Wilhelm Karl Prinz von Württemberg war, der später als Friedrich I. erster König von Württemberg war. So baute er sich dann nach seiner Rückkehr auch bei Ludwigsburg sein Monrepos.

Der Besuch selbst war enttäuschend. Das Herrenhaus und weite Teile des Landschaftsparks sind zu Zeit in Restauro. Das Herrenhaus selbst ist mit Planen umgeben, so dass man überhaupt nichts erkennen kann. Ich denke aber, wenn die Sanierung mal abgeschlossen ist, wird es wirklich ein landschaftliches Kleinod. Erstaunt war ich übrigens wie viele Touristen trotz der doch eher bescheidenen derzeitigen Situation klaglos den Eintritt zahlen und eine Runde durch den Park drehen. Einige Stellen sind aber auch tatsächlich jetzt schon Kleinode.

Den Rest des Tages wanderte ich dann noch kreuz und quer durch die Stadt und ließ sie auf mich wirken. Ich weiß nicht genau, was es ist. Aber irgendwie ist mir Wyborg schon vor fünf Jahren ans Herz gewachsen. Ich bin trotz der allgegenwärtigen Sprachbarrieren ausgesprochen gerne in dieser Stadt. Es ist auch wieder ein phantastischer Tag aber auch schon wieder fast zu warm. Da es noch immer recht schwül ist, ist es auch nach wie vor ziemlich schweißtreibend.

Tagesdaten: 19.95 Km; 02:02:36 Std. Fz.; 9,76 Km/h; 109 Hm

Ein Kommentar

  • Regina Sakowitz sagt:

    Hallo Wolfgang,

    recht interessant, Deine Beschreibungen von Wyborg. Wirklich tolle Eindrücke! Nun dauert es nicht mehr lange, bis Du Dich mit Heidrun in Sankt Petersburg triffst. Die finnische Einsamkeit ist vorbei! Ich wünsche Euch eine schöne Zeit und viele interessante Begegnungen und Besichtigungen. Es ist eine wunderschöne Stadt mit viel Geschichte und Kunst. Genießt es.
    Viele liebe Grüße aus Chemnitz.

    Regina

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