Nach einem guten Frühstück, dass ich mir an Hand einer Speisekarte selbst zusammenstellen lassen kann, fahre ich heute zum Ziel meiner Tour, nach Danzig. Ich fahre aber einen kleinen Umweg. Gestern hatte mir eine gute Bekannte auf meinen Status zur Marienburg geschrieben, dass ihre Mutter hier ganz in der Nähe, in Groß Montau geboren sei. Da fiel mir dann wieder Dorothea von Montau ein und dass ich mir bisher kaum einen Kopf darüber gemacht hatte, dass Montau natürlich hier auch in der Nähe liegen müsste. So recherchiere ich ein wenig und stelle fest, dass eine Fahrt über Groß Montau, das heute Matowy Wielkie heißt, tatsächlich nur ein Umweg von 10 Kilometern ist und ich mir dadurch auch etwa 8 Kilometer auf der N 22 sparen könnte, die sicher recht befahren ist. Im übrigen soll die dortige Kirche eines der ältesten Bauzeugnisse der Kulturlandschaft Marienburger Werder sein, das unter dem Deutschen Orden entstanden ist.

So fahre ich die ca. 14 Kilometer in südwestlicher Richtung nach Matowy Wielkie zur dortigen Kirche. Die Kirche ist zwar erst 1383 erstmals erwähnt, könnte aber durchaus älter sein. So sind auch manche Autoren, die sich mit der Geschichte oder dem Schicksal der Dorothea von Montau befasst haben, der Meinung, dass sie in der noch heute stehenden Kirche getauft worden sei. Dies ist auch nicht unwahrscheinlich. Leider ist die Kirche verschlossen und so kann ich sie nur von außen betrachten. Die Kirche wurde im 14 Jhdt. als rechteckiger Fachwerkbau errichtet und später ummauert und das Langhaus in Stein ausgeführt. Teile der Holzkonstruktion der Kirche stammen noch aus dem 14. Jahrhundert, weil die Kirche im Laufe der Jahrhunderte nur während des Dreißigjährigen Kriegs von 1626–1629 und um 1740 in leichte Beschädigungen erfuhr. Die Kirche ist ein zweischiffiger Backsteinbau auf rechteckigem Grundriss mit fast quadratischem Westturm, einer Südvorhalle und kleiner rechteckigen Sakristei an der Nordseite.

Nachdem ich in die Kirche nicht hineinkomme, begebe ich mich nach Norden auf den Weg nach Danzig. Auf einer Nebenstraße fahre ich weitere 5 bis 6 Kilometer bis ich kurz vor der Brücke über die Weichsel die N 22 erreiche. Die zwei Kilometer bis zur Weichsel und dann über die Brücke sind schon sehr unangenehm, weil die Straße nicht so sehr breit ist und der Verkehr ununterbrochen rollt. Hinter der Brücke biegt dann ein sehr gut ausgebauter Radweg in Richtung Danzig ab. Auf diesem radle ich nun in das etwa drei Kilometer entfernte Tczew, das früher einmal Dirschau hieß. Die Stadt hat heute etwa 60 Tsd. Einwohner. Auch sie gehörte früher zum Deutschen Orden und später dann zu Preußen. Heute ist es eine Industriestadt. So entwickelte sie sich nach Wiederherstellung der Verkehrswege nach dem 2. Weltkrieg zu einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt. Industriebetriebe für Maschinen- und Schiffbau, Metallverarbeitung und Lebensmittelherstellung wurden aufgebaut.

Ich verweile nicht lange in der Stadt. Nach Tczew geht es etwa 30 Kilometer nahe der Weichsel entlang durch die landwirtschaftlichen Wiesen und Felder der Auen des Weichseldeltas. Die meiste Zeit geht es über einen ausgezeichnet ausgebauten Radweg. Meine Tour entlang der Weichsel endet dann in Wyspa Sobieszewska, einer Insel, die durch zwei Weichselarme und die Ostsee gebildet wurde, es ist aber auch der Name des östlichsten Danziger Stadtbezirks, der noch etwa 15 Kilometer vom Danziger Stadtzentrum entfernt liegt. Von hier wären es noch etwa zwei bis drei Kilometer bis zur Mündung des Hauptarms der Weichsel in die Danziger Bucht. Diese Strecke ist aber lediglich zu Fuß zu machen, worauf ich heute verzichte. Auf einem straßenbegleitendem Radweg geht es nun nach Danzig. Auf diesem Radweg verkehren übrigens drei Eurovelos. Zum einen der Eurovelo 9, die sogenannte Baltisch-Adriatische Route von Danzig bis nach Triest und Pula; dann der Eurovelo 10, die Ostseeküsten-Route und schließlich der Eurovelo 13, der Iron Curtain Trail (Radweg Eiserner Vorhang).

Nachdem ich die Brücke über einen anderen Weichselarm, die Martwa Wisla (Tote Weichsel), überfahren habe, wird es zunehmend großstädtischer. Mein Navi findet sich aber durch das Straßengewirr und schließlich gelange ich auch an mein heutiges Ziel, das Apart Neptun mitten in der Altstadt. Ich werde freundlich empfangen, checke ein und richte mich nun für drei Nächte in einem gemütlichen Zimmer ein. Nachdem ich mich etwas eingelebt habe, mache ich erst mal einen kurzen Spaziergang zum nächsten Supermarkt und erwerbe eine Flasche Rotwein und drei Dosen Bier als Vorrat für die nächsten drei Abende. Das Abendessen nehme ich dann im Restaurant des Neptun ein und mache danach noch einen Spaziergang durch die Altstadt.

Tagesstrecke: 82,79 Km

 

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