30.+31. Tag: (7.+8. April 2024) – Le Havre

Meine beiden Tage hier in Le Havre sind durch Spaziergänge, Einkäufe als Selbstversorger, Planungen für die weitere Strecke und Reinigung des Fahrrads bestimmt. Hier nun erst ein Blick auf die Geschichte von Le Havre, eine Zusammenfassung meiner Spaziergänge durch Le Havre und die bildlichen Impressionen dazu.

Le Havre ist sicher eine außergewöhnliche Stadt. Im Zweiten Weltkrieg zogen 1940 nach der Niederlage Frankreichs deutsche Truppen in Le Havre ein. Es entstand eine deutsche Garnison und der Hafen wurde im Rahmen des Atlantikwalls zu einer Festung ausgebaut. Insbesondere die jüdische Bevölkerung, darunter der Bürgermeister, war unter der Naziherrschaft Repressionen, Terror und Verfolgung ausgesetzt. Die Résistance wurde verstärkt nach der Landung der Alliierten am 6. Juni 1944 in der Normandie. Nach dem Kollaps des Kessels von Falaise südlich von Caen im August 1944 hatten sich die deutschen Truppen sukzessive in Richtung Belgien und deutsche Reichsgrenze zurückgezogen. Es waren jedoch einige Widerstandsnester zurückgeblieben, darunter die Hafenstädter Le Havre, Dieppe, Boulogne und Calais. Der schnelle alliierte Vorstoß rief logistische Probleme hervor, so dass der Hafen von Le Havre strategische Bedeutung als Nachschubhafen bekommen musste und schließlich auch bekam.

Der deutsche Stadt- und Garnisonskommandant von Le Havre, Oberst Eberhard Wildermuth, der nach 1949 bis zu seinem Tod 1952 noch Bundesminister für Wohnungsbau wurde, erhielt den Befehl, Le Havre unter allen Umständen zu halten. Der Anweisung des Stadtkommandanten vom 19. August 1944 zur Evakuierung der Stadt folgte nur ein Teil der Bewohner, da Plünderungen, wie bei der Evakuierung im Jahr 1940, befürchtet wurden. Der alliierte Angriff begann am 5. September 1944. Nach schweren tagelangen Luftangriffen der Royal Air Force, zum Teil unterstützt durch Schiffsartillerie, wurde Le Havre am 11. September 1944 eingenommen. Die Stadt war insgesamt 132 Bombenangriffen ausgesetzt worden, wobei der massivste vom RAF Bomber Command am 5. und 6. September 1944 geflogen wurde. Dieser kostete 5000 Menschen das Leben, zerstörte 12.500 Gebäude und machte 31.000 Einwohner obdachlos. Die Stadt wurde zu etwa 80 % zerstört. Die Bombardements hatten nicht primär der damals etwa 12.000 Mann starken deutschen Garnison an der Küste gegolten, sondern es erfolgte ein Flächenbombardement der gesamten Stadt.

Zwischen 1945 – 1960 wurde die Stadt nicht rekonstruiert, sondern modern unter Federführung des französischen Stahlbeton-Papstes Auguste Perret (1874-1954) wieder aufgebaut. Er ist für einen geradlinig-monumentalen Stil bekannt, der allerdings nicht ohne dekorative Elemente ist. So erinnern auch viele Bauten etwas an den stalinistischen Baustil der fünfziger Jahre. So etwa das Hotel de Ville (Rathaus) mit seinem 74 Meter hohen Turm und die trotz oder wegen ihrer Betonbauweise auch im Inneren beeindruckende Kirche St.-Joseph mit ihrem 106 Meter hohen Turm, der innen hohl ist, also bis in die Spitze keine Stockwerke aufweist. Aber auch andere Stararchitekten haben hier ihre Spuren hinterlassen. So wurde das Kulturzentrum am Bassin du Commerce von Oscar Niemeyer, dem Architekten der brasilianischen Hauptstadt Brasilia, geplant. Sicher gibt es zur Architektur in Le Havre unterschiedliche Einschätzungen. Immerhin gehört Le Havre aber als „herausragendes Beispiel für die Nachkriegsstadtplanung“ zum UNESCO-Welterbe und ist damit neben Brasilia die einzige Stadt, die bisher für die Stadtplanung im 20. Jahrhundert diese Auszeichnung erhalten hat.

So schlendere ich, wie bereits vor sieben Jahren einmal zusammen mit Heidrun, über die Boulevards und bin nach wie vor beeindruckt von dem Stadtbild. Besonders interessant ist sicher die Kirche St.-Joseph, mit der sich Perret wohl auch ein persönliches Denkmal gesetzt hat und die auch heute wieder offen zugänglich ist. Der  Blick in diesen sicherlich ungewöhnlichen Kirchenbau ist schon beeindruckend, zumal ich heute bis in die Spitze des Turms hinaufschauen kann, was beim letzten Mal wegen irgendeines Schleiers nicht möglich war. An alten Gebäuden sind in Le Harve lediglich noch Kathedrale Notre-Dame aus dem 16. Jahrhundert, der inzwischen in Renovierung befindliche Justizpalast und einige Gründerzeithäuser erhalten bzw. rekonstruiert worden.

Hier nun einige Impressionen:

Nun noch zum Abschluss meines Aufenthalts in Le Havre Impressionen von einem Abendspaziergang. Hier wird es übrigens eine morgens eine Stunde später hell und abends eine Stunde später dunkel als in Leipzig. Richtig dunkel war es daher erst gegen 21:30.

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