28. Tag: 15. Mai 2023 – Von Janow Podlaski nach Koden

Wetterwechsel – Der Tag beginnt grau und bedeckt und wieder um einige Grad kühler als am gestrigen Frühsommertag. Ab Mittag regnet es. Da ich vor dem Regen möglichst weit kommen möchte, fahre ich bereits gegen 8:00 Uhr los. So werde ich aber auch dem Ort Janow Podlaski nicht mehr gerecht. Immerhin gibt es hier ein Schloss und ein berühmtes Pferdegestüt. Aber ich lerne zunehmend, dass man sich nicht alles anschauen kann und für Pferde interessiere ich mich auch nicht besonders.

Der Weg führt heute ganz überwiegend auf gut asphaltierten Woiwodschaftsstraßen. Zunächst auf der 698 bis Terespol, der Grenzstadt mit einem der wichtigsten Kraftfahrzeug- und Schienengrenzübergänge nach Belarus. Wie das bei den Kraftfahrzeugen aussieht, davon konnte ich mich selbst überzeugen. Kilometerlange Schlangen von LKW. Auf der gegenüberliegenden Seite des Bug befindet sich die mit ca. 350 Tsd. Einwohnern sechstgrößte Stadt von Belarus. Ich habe die Stadt aber leider nicht zu Gesicht bekommen.

Von Terespol au geht es auf der 816 bis Koden, meinem heutigen Ziel. Ein längerer Abschnitt der von der 816 abseits führt dient wohl dazu, noch einmal einen schönen Blick auf den Bug zu werfen. Der Blick auf den Bug ist hier wirklich sehr schön. Still fließt der Fluss durch die flache Waldlandschaft. Auf belarussischer Seite kann man außer dem Wald überhaupt nichts sehen. Auf polnischer Seite gibt es einen Unterstand für Beobachtungsposten, der allerdings nicht besetzt ist. Einen Zaun sehe ich hier nicht.

Auf dem Weg wieder zurück auf die 816 begegne ich erstmals einem weitern richtigen Green Velo Fahrer. Da er gut Englisch spricht, können wir uns ein wenig austauschen. Er macht den gesamten Green Velo und ist in Konskie gestartet. Er will jetzt bis Danzig fahren und er wohnt auch dort in der Nähe, nämlich in Sopot. Wir wünschen uns noch viel Glück und fahren dann wieder unserer Wege. Er hat mich vorher noch auf die Sehenswürdigkeit im nächsten Dorf hingewiesen. So kommt man in dem Dorf Kostomloty an der unierten Pfarrei des Hl. Märtyrers Nikita vorbei. Sie gilt als die einzige katholische Pfarrei der Welt des byzantinisch-slawischen Ritus (neo-uniert).

Was damit genau gemeint ist, weiß ich allerdings bisher auch nicht. Ich komme dann an dem Komplex vorbei und bin schon erstaunt, was hier für ein Auftrieb herrscht. Allerdings scheinen das keine Gläubigen zu sein, sondern eine Kindergruppe, vielleicht Schüler, die einen Ausflug machen. Sie kommen gerade aus der Kirche herausgestürmt, was mir die Gelegenheit gibt, den genervten Geistlichen zu bitten, dass ich auch noch ein Foto schießen darf. Er gibt meiner Bitte ziemlich lustlos statt. So mache ich einige Fotos. Das beste Foto finde ich das, wo der Storch auf dem orthodoxen Kreuz sitzt.

Inzwischen hat es angefangen zu regnen, so dass ich die restlichen Kilometer bis Koden ohne weiteren Stopp fahre. Hier in Koden habe ich mich mit Darek verabredet. Ihn hatte ich auf meiner Fahrt von Frombork nach Pieniezno kennengelernt und er hat Gefallen an dieser Form des Fahrradreisens gefunden und wollte unbedingt, dass wir uns auf dieser Tour noch einmal treffen. Da man sich mit Darek sehr gut auf Deutsch unterhalten kann, fand ich an dieser Idee auch Gefallen und so haben wir uns heute hier verabredet. Zufälligerweise treffen wir uns dann auch noch genau am Zugang unserer Unterkunft.

Die Unterkunft ist ein schönes kleines, neu saniertes Holzhaus mit zwei Einzelzimmern und einem weiteren Mehrbettzimmer. Wir belegen die beiden Einzelzimmer und da kein weiterer Gast angekündigt ist, haben wir das Haus für uns. Es handelt sich um ein Gosciniec, was als Gasthaus übersetzt wird. Allerdings handelt es sich nicht um Gasthäuser in unserem Sinne, sondern es werden Zimmer zur Verfügung gestellt und meist ist auch eine voll eingerichtete Küche vorhanden, mit der man sich selbst versorgen muss. Die Vermieterin ist eine sehr sympathische Frau, die angeregt mit Darek diskutiert. Ich verstehe natürlich kein Wort. schön ist, dass wir genau gegenüber einen großen Supermarkt haben, in dem wir uns mit den nötigen Lebensmitteln versorgen können.

Von unserer Vermieterin hat Darek erfahren, dass es hier im Ort ein Kloster gebe, dass auch eine Pilgerherberge habe und auch ein preiswertes Restaurant. Obwohl der Regen inzwischen heftiger geworden ist, laufen wir dahin und sind tatsächlich sehr positiv überrascht. Es ist ein moderne Cafeteria, wo man ein Drei-Gänge-Menü für 25 PLN (ca. 5,50 €) bekommt. Nur schade, dass es in diesem Nonnenkloster kein Bier gibt und wir uns mit Kwas begnügen müssen. Kwas ist ein Getränk aus dem ostslawisch- und teilweise auch südslawischsprachigen Raum, das durch Gärung aus Brot hergestellt wird. Kwas ist heute überwiegend in Russland, Belarus, Polen, der Ukraine, der Republik Moldau, Serbien, Montenegro und dem Baltikum verbreitet. Soweit so gut. Aber das Bier holen wir dann nachher in der Unterkunft nach.

Als wir zurückgehen wollen, schüttet es aus Kübeln. Da der Weg etwa 1,5 Kilometer weit ist, erscheint das nicht vergnügungssteuerpflichtig. Aus irgendeinem Grund, der mir entfallen ist, muss Darek noch einmal die Vermieterin anrufen. Mit Blick auf das Wetter bietet sie dann sofort an, uns abzuholen. Das erleichtert uns doch erheblich und nur wenige Minuten später ist sie auch schon. Sie lässt uns am Supermarkt raus, wo wir uns noch für das Frühstück versorgen.

Wir sitzen dann noch auf ein Bier zusammen im Aufenthaltsraum unserer Unterkunft und diskutieren darüber, wie wir den morgigen Tag gestalten wollen. Beide sind wir eher Vertreter der These, dass man solche Touren besser alleine fährt. Wir haben uns aber nun auch getroffen, um etwas zusammen zu unternehmen. Also beschließen wir die morgige Tour gemeinsam zu machen. Ich habe allerdings bereits in Okuninka vorgebucht. Also ruft Darek dort an und zu seiner und meiner Überraschung erfährt er, dass das Hotel derzeit keine Einzelbesucher aufnehme. Alas Darek meint, dass er das nicht verstehe, weil er das nicht verstehe, weil er jemanden kenne, der gerade als Einzelreisender für morgen ein Ziumer gebucht habe, weiß die Dame am Telefon wohl sofort, dass es sich dabei um mich handeln muss. Sie erläutert Darek, dass dies ein Irrtum von Booking.com gewesen sei und diese mir inzwischen schon die Stornierung mitgeteilt hätten.

Als Darek aufgelegt hat schauen wir uns erst einmal verblüfft an. Dann fällt mir aber ein, dass ich heute von booking.com eine Nachricht erhalten hatte, dass es irgendeine Schwierigkeit gegeben hätte. Ich wollte das dann später genauer lesen, fand die Nachricht aber nicht mehr. Ich musste aber nun wohl davon ausgehen, dass die Unterkunft tatsächlich storniert ist. Wir suchten daher nun Ersatz und fanden Sie im Hotel Panorama in Okuninka. Okuninka kam einfach in Betracht, weil es von meiner Planung zwar nicht am besten war. aber ich in Wlodawa, einer größeren Stadt vor Okuninka, keine geeignete Unterkunft gefunden hatte. Darek rief also im Hotel Panorama an und handelte den Preis von 185 PLN auf 130 PLN herunter. Dafür bekamen wir jeder ein Einzelzimmer mit Frühstück. Offensichtlich ist das für Polen nicht unüblich, Preise zu verhandeln. So hatte ich mein heutiges Zimmer über booking.com für 150 PLN bekommen und Darek, hat dann nachdem ich schon gebucht hatte dort angerufen und hat das völlig gleichwertige zweite Einzelzimmer für 90 PLN bekommen. Verhandeln setzt aber eine gewisse Sprachkompetenz voraus, über die ich leider hier in Polen und an vielen anderen Orten der Welt nicht verfüge. Dann beschließen wir den Abend im Gosciniec mit unserem Bier und Geschichten aus unseren Leben.

Noch einarbeiten: Stornierung des Hotels Perlowy

Tagesstrecke: 65,07 Km; 12,65 Km/h; 40 Hm

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