Frühstück gibt es heute im Restaurant Remise, das wohl zum Hotel Brandenburger Dom gehört. Das Frühstück ist mal wieder vom Buffett und ordentlich. Meine Frühstücksbedürfnisse werden auf jeden Fall befriedigt. Heute gibt es nur noch einen Abstecher, der zum Fontane-Radweg gehört. Es ist das am Plauer See liegende Plaue mit seinem Schloss, dem Fontane in seinen Wanderungen ebenfalls eine Monografie im letzten Band Die fünf Schlösser gewidmet hat. Ansonsten habe ich nun etwas umgeplant. Ursprünglich wollte ich ja noch eine Tour entlang der Havel machen. Dies erweist sich nun deshalb als recht schwierig, weil ich keine geeigneten Unterkünfte bekomme. Es hat sich also doch ausgezahlt, dass ich den Fontane-Radweg schon vor längerer Zeit durchgeplant hatte. So lasse ich nun den Havel-Radweg sein und verbringe noch einige Tage an ausgewählten Orten, wo es günstige Quartiere und noch etwas anzuschauen gibt, dass ich noch nicht gesehen habe und doch einen Besuch lohnt.
Zunächst will ich mir aber natürlich noch den Brandenburger Dom anschauen. Der Dom Sankt Peter und Paul ist angeblich das größte Kirchengebäude der Stadt Brandenburg. Ich bezweifle das etwas angesichts der Ausmaße der St. Katharinenkirche. Jedenfalls hat er aber aufgrund seiner kulturhistorischen Bedeutung als „Wiege der Mark Brandenburg“ sein Primat in der Stadt. Der Bau begann 1165 auf der Dominsel als einschiffige, kreuzförmige, romanische Saalkirche in Backstein mit späteren Erweiterungen zu einer dreischiffigen Kreuzbasilika im Stil der Backsteingotik. Der Dom war Kern des historischen Bistums Brandenburg, welches ursprünglich 948 durch Otto I. gegründet wurde für die Slawenmission, welche aber zunächst scheiterte. Das Bistum wurde 1161 neu gegründet mit kurz darauf folgendem Dombaubeginn. Mit der Reformation im 16. Jh. wurde der Dom protestantisch und gehört heute zur Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz. Schutzpatrone sind wie der Name schon sagt die Apostel Petrus und Paulus.
Mein Vorhaben, den Dom zu besichtigen scheitert jedoch, weil ab 10 Uhr eine Trauergottesdienst stattfindet und der Dom in dieser Zeit für Besucher geschlossen bleibt. So muss ich mein Vorhaben aufgeben und beschließe statt dessen der St. Katharinenkirche einen Besuch abzustatten, die mir ohnehin besser gefällt und die ich zumindest architektonisch für das bedeutendere Bauwerk halte. Mit ihrer imposanten Größe und Ausstattung sollte die St. Katharinenkirche den Anspruch der Neustadt Brandenburg im Mittelalter verdeutlichen, mit der Schwesterstadt am gegenüberliegenden Havelufer die reichste, vornehmste und bedeutendste Stadt der Mark Brandenburg zu sein.
Die Kirche hat eine künstlerisch wertvolle, überaus reiche Ausstattung aus dem Mittelalter bis in die jüngere Vergangenheit. Der Hochaltar ist ein Flügelaltar mit zwei Flügelpaaren, der nach einer Inschrift im Jahr 1474 geschaffen wurde. Er wurde 1842 restauriert und neu gefasst, später fanden weitere Restaurierungen statt. Die Kanzel ist ein im Jahr 1668 gestiftetes Werk, das seither mehrfach restauriert wurde. Das Taufbecken wurde inschriftlich im Jahr 1440 von D. Molner in Erfurt in Messing gegossen und steht in der Nordkapelle. In der südlich gelegenen Schöppenkappelle steht der niederländisch beeinflusste Hedwigsaltar aus der Zeit um 1480. Sämtliche Glasfenster wurden im Jahr 1912 von Otto Linnemann aus Frankfurt entworfen und ausgeführt. Zahlreiche Epitaphien und Grabmäler sind auch zu sehen.
Nachdem ich mir das Innere der Kirche etwas genauer angeschaut habe umrunde ich sie auch noch mal von außen. Dann mache ich mich auf den Weg in Richtung Plaue. Das Wetter ist wieder angenehm und so macht die Tour nach wie vor Spaß. Der Weg nach Plaue ist nur etwa 10 Kilometer, so dass ich bald dort eintreffe. Leider ist ein Fernblick zur Zeit nicht möglich, weil die dafür geeignete Straßenbrücke gerade instandgesetzt wir und nicht betreten werden darf und da sie zudem noch mit Bauplanen verhangen ist, ist auch ein Blick aus weiterer Entfernung nicht möglich. Auch ansonsten macht das Schloss nicht gerade einen einladenden Eindruck, weil hier noch keine Restaurierung nach der Wende stattgefunden hat.
Das Schloss hat eine höchst wechselvolle Geschichte, die man zumindest bis Mitte des 19. Jhdt. bei Theodor Fontane fast minutiös nachlesen kann. Bereits seit 1620 war das Schloss Plaue im Besitz der Familie von Görne. Der preußische Minister Friedrich von Görne ließ das Schloss Plaue in seiner noch im erheblichen Maße bestehenden Form 1711 bis 1715 beziehungsweise 1716 als barocken Neubau errichten. Er blieb Schlossherr bis 1745. Sein Nachfolger war 1745 bis 1765 sein Sohn Leopold von Görne, der das Schloss verkaufte. Ihm folgten als Schlossbesitzer 1765 bis 1793 der preußische General Heinrich Wilhelm von Anhalt, der viele im Ort Plaue geschaffenen Strukturen zurückbauen ließ, und die Familie des Adolf Julius Freiherr Lauer von Münchhofen und seiner Frau Marie Magdalene Charlotte Baronin von Stoltzenberg, der ehemaligen Mätresse und zweiten Ehefrau des Markgrafen Friedrich Heinrich von Brandenburg-Schwedt. 1839 kam Schloss Plaue an die Grafen von Königsmarck, in deren Besitz es bis 1945 blieb.
Zum Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Schloss Plaue von der Roten Armee geplündert. Nach der Enteignung wurde es kurze Zeit Erholungsheim für sowjetische Kinder und Militärlazarett. Von 1946 bis 1966 war eine Verwaltungsschule untergebracht. 1965 bis 1966 erfolgte eine Instandsetzung, in deren Folge die Fassade stark vereinfacht wurde. Anschließend zog ein Institut für Sprachintensivausbildung, eine Dolmetscherschule des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der DDR, ein. 1989 wurde das Gebäude erstmals für die Bevölkerung geöffnet. 1993 schloss man das Sprachinstitut, und das Schloss Plaue ging in den Besitz des Landes Brandenburg. Heute wird das Schloss nur für gelegentliche Dinnerveranstaltungen genutzt, ansonsten wartet es darauf, dass sich jemand seiner erbarmt und es aus dem Dornröschenschlaf wieder erweckt.
Ich mache keinen Hehl daraus, dass mich der erste Anblick doch ziemlich enttäuscht hat. Als ich schon weiterfahren wollte, zeigt mir ein Blick auf den Schlossplan, dass es im Schlosspark doch noch einiges zu sehen geben müsste. Der Schlosspark befindet sich südlich des Schlosses. Er erstreckt sich entlang des nordwestlichen Ufers des Plauer Sees bis an den Wendsee. Seine Ausdehnung ist Resultat einer Erweiterung Leopold von Görnes 1755 und der Umformung in einen Landschaftspark unter der Familie von Königsmarck um 1850. Der Schlosspark ist für die Bevölkerung seit 1935 zugänglich.
Im englischen Landschaftsgarten befinden sich Reste alter Gebäude. Am Ort eines ehemaligen Pferdegrabes begegne ich dann Theodor Fontane, der mich recht stoisch begrüßt. Er befindet sich hier seit 2012 als eine Bronzeskulptur. Die Skulptur wurde vom Künstler Dirk Harms geschaffen. Etwas weiter entfernt dann eine mitten in der Landschaft stehende Aussichtsterrasse, die sich nach Lektüre bei Wikipedia als Tontaubenschießstand entpuppt. Dieser Tontaubeschießstand verfügt sogar über einen Superlativ. Er soll der weltweit älteste erhaltene und um 1900 vom Schlossbesitzer Hans Adolf Erwein Max Graf von Koenigsmarck errichtet worden sein. Er ist mit auf Sockeln platzierten überlebensgroßen Tierfiguren, einem Bären und einem Markhor (Schraubenziege), Erinnerungen an eine Jagdreise in den Himalaya und Trophäen, die nachträglich ergänzt worden waren, verziert. Der Schießstand wurde 2013 restauriert und die stark beschädigten Tierfiguren durch Duplikate ersetzt.
Vom Schlosspark gelangt man durch das sogenannte Engelstor auf den Friedhof der Pfarrkirche Plaue. Durch dieses Tor hatte die gräfliche Patronatsfamilie einen eigenen Zugang vom Schloss zum Friedhof mit seinen Familiengrabstätten und zur Kirche. Das eiserne Engelstor wird von zwei großen Engelsskulpturen auf Sockeln gerahmt. Die Engel wurden 1835 im Auftrag der Schlossherrin Freifrau Charlotte von Lauer-Münchhofen aus Sandstein gearbeitet. Die evangelische Pfarrkirche Plaue ist eine zweischiffige Hallenkirche im Stil der Gotik und ein wirkliches Kleinod. Zunächst stehe ich aber vor verschlossenen Türen, bis mich der Gärtner bemerkt und mir zuwinkt und mit einer Schließbewegung nachfragt, ob ich die Kirche besichtigen will. Als ich dies mit Kopfnicken bejahe kommt er gelaufen und schließt mir die Kirche auf, so dass ich mich ungestört umschauen darf.
Die heutige Kirche beeindruckt durch eine üppige Kirchenausstattung. Insbesondere durch wechselnde Stadt- und Patronatsherrschaften erfolgten Veränderungen und Erweiterungen. An der Westwand befinden sich Fresken von bedeutender Qualität aus der Zeit um 1400, die erst bei Restaurierungsarbeiten zwischen 1983 und 1987 wiederentdeckt wurden. Durch den gotischen Umbau und die Orgel ist die Sicht stark eingeschränkt und nur von der Empore möglich, zu der ich dann auch hinauf steige. Der Altar hat einen dreistufigen Säulenaufbau aus Holz mit korinthischen Säulen und Statuen von König David und Mose sowie Malereien vom letzten Abendmahl Christis sowie dessen Kreuzigung, Grablegung und Himmelfahrt. Die Kanzel aus dem Jahr 1616 ist eine Stiftung der Familie von Arnim. Die Orgel wurde von Wilhelm Grüneberg im Jahr 1793 für die Brandenburger St. Johanneskirche errichtet. Nach Requirierung und Auslagerung wurde sie durch König Friedrich Wilhelm III. der Kirche in Plaue zugeeignet.
Das Spätrenaissance-Epitaph für Leonhard und Elisabeth von Arnim, die in unterster Ebene kniend dargestellt sind, ist wie die Kanzel eine Stiftung der Familie von Arnim aus dem Jahr 1616. Es wird den Bildhauerbrüdern Jonas und Michael Grünberger aus Freiberg in Sachsen zugeschrieben. Grabplatten für Matthias von Saldern aus dem Jahr 1575 und für Leonhard von Arnim aus dem Jahr 1638 aus Sandstein mit Halbreliefs befinden sich im Eingangsbereich. Eine Lutherbüste von Gottfried Schadow ist aus dem Jahr 1817. Ein Bronzedenkmal für den im Jahr 1861 bei einem Duell getöteten Friedrich Wilhelm Hans von Koenigsmarck wurde an der Südwand des Chores neben dem Altar aufgestellt.
Nach dem Besuch der Kirche mache ich mich dann wieder auf den Weg. mein heutiges Ziel ist noch einmal Rathenow, weil ich hier wieder günstig in der Pension am Schwedendamm übernachten kann. Der Weg ist nicht weiter berichtenswert. Er führt mehr oder weniger nahe an der Havel entlang. In Rathenow freue ich mich, dass man mir diesmal ohne Aufpreis das beste Zimmer gibt. Hier habe ich einen eigenen Schreibtisch und kann nach dem Abendessen wieder auf der Terrasse des Restaurants noch ein wenig recherchieren und schreiben.
Tagestrecke: 50,76 Km