Eigentlich habe ich mich heute von meinem gestrigen Quartier nur um etwa 15 Kilometer weiterbewegt. Aber ich wollte die morgige Strecke verkürzen und auch noch Zeit für Ilomantsi haben, der östlichsten Gemeinde Finnlands und der EU. Morgens machte ich einen Spaziergang durch Möhkö. Das Wetter ist hochsommerlich geworden und die Temperaturen stiegen bei strahlendem Sonnenschein schnell auf über 20 Grad. Wenn man bedenkt, was andere Reisende aus Skandinavien berichten, habe ich mit dem Wetter bisher wieder einmal Glück. Allerdings führt es auch dazu, dass einem die Moskitos noch intensiver zugewandt sind. Mein Spaziergang führte mich dann über das Gelände des Eisenhüttenmuseums und durch einen sehr beschaulichen Wald. Das Eisenhüttenmuseum zeigt auch, dass man das Erz hier tatsächlich am Grunde der Seen schürfte und dann auf Kähnen zur Verhüttung hier nach Möhkö schaffte. Auch die sozialen Bedingungen unter denen die Saisonarbeitskräfte damals schufteten und lebten werden dargestellt.

Bei meiner Wanderung durch den Wald und entlang des Flusses erinnerte ich mich an ein Gespräch, dass ich vor einigen Tagen mit einem Österreicher führte, der mein Nachbar auf dem Campingplatz Suomussalmi war. Als ich ihm davon erzählte, dass die Tour für mich nun nach über 1000 Kilometern Fahrt durch finnische Wälder etwas Langeweile aufkommen lässt, meinte er, die finnischen Wälder könne man auch nur zu Fuß erkunden und genießen. Ich glaube er hatte tatsächlich nicht unrecht. Denn letztlich fahre ich hier nur auf Straßen, was einem letztlich zu einer Autofahrersicht verleitet. Alles fliegt relativ schnell vorbei und die zahlreichen Kleinodien bleiben auf der Strecke. Aber ich will ja auch nicht die finnischen Wälder erkunden, sondern den Iron Curtain Trail zurücklegen! Meinen Spaziergang lasse ich dann natürlich im östlichsten Café der EU ausklingen, dass in einem auf Dock liegendem Schiff oder besser Kahn eingerichtet wurde. Empfehlenswert ist der selbstgebackene Kuchen, der hier angeboten wird.

Nach der Rückkehr in mein Quartier, lud ich mein Gepäck auf und machte mich auf den Weg. Zunächst ging es noch einmal sechs Kilometer nach Norden, weil dort noch ein Monument der Kriege in der Region Ilomantsi sein soll, dessen Besuch sich lohnen sollte. Nun gut es waren Schützen- und Verteidigungsstellungen und eine neuer Informationsstand der über die Einkesselung der sowjetischen Truppen 1944 bei der Schlacht um Ilomantsi berichtete. Genützt haben die Heldentaten den Finnen aber wenig. Ostkarelien war bereits wieder verloren. Immerhin haben die Finnen natürlich ihre Unabhängigkeit behalten.

Danach radelte ich bei diesem herrlichen Wetter nach Ilomantsi. Ich hatte mir wieder eine Hütte gebucht und sie war dann tatsächlich so spartanisch wie beschrieben. Außer zwei Betten, einem Tisch und zwei Bänken ist nichts drin. Zum Duschen muss man 100 Meter in die eine Richtung zum Kochen oder Wasser heiß machen 100 Meter in die andere Richtung. Toiletten sind an beiden Stellen. Ansonsten ist der Campingplatz sehr schön an einem See gelegen und wird von einer russischen Familie aus Sankt Petersburg betrieben.

Ich hielt mich erst einmal nicht lange auf und fuhr nach Ilomantsi. Da ich die letzten Tage meine Übernachtungen bar bezahlen musste, strebte ich erst einmal einen Geldautomaten an. Ilomantsi ist zwar der Hauptort der gleichnamigen Gemeinde macht aber eher einen verträumten Eindruck. Natürlich gibt es hier wie in allen Hauptorten der Gemeinden wieder die umfassende Dienstleistungsinfrastruktur, so dass ich auch meine inzwischen erschöpften Vorräte aufstocken konnte. Schließlich wollte ich mir noch zwei Sehenswürdigkeiten anschauen. Die orthodoxe Kirche von Ilomantsi und die evangelische Kirche. Vielmehr Sehenswürdigkeiten hat der Ort auch nicht zu bieten.

Zunächst mal bin ich wieder beeindruckt von der Größe beider Kirchen. Ilomantsi hat von allen finnischen Gemeinden mit 17,4 % den größten Anteil orthodoxer Bevölkerung. Die orthodoxe Kirche, die an prominenter Stelle etwas außerhalb des Ortskerns liegt ist die größte orthodoxe Holzkirche Finnlands. Die evangelisch-lutherische Kirche des Ortes ist ebenfalls von beeindruckender Größe und ebenfalls eine Holzkirche aus dem Jahre 1796. Leider ist diese Kirche schon gerade 10 Minuten bevor ich kam geschlossen worden, so dass ich keinen Blick mehr ins Innere werfen konnte.

Danach geht es zurück ins Quartier, wo ich mich erst einmal dusche und dann über ein Bier hermache. Dann folgen die täglichen Routinen.

Tagesdaten: 57,91 Km; 04:33:33 Std. Fz.; 12,70 Km/h; 508 Hm

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