Man wagt es ja gar nicht zu sagen, wenn man so auf das Wetter in Leipzig schaut. Ich habe wieder einen wunderschönen Tag und es verspricht sogar warm zu werden. Am Nachmittag werden es über 20 Grad und ich entledige mich, wessen ich mich entledigen kann. Die kurze Hose ist leider noch nicht im Gepäck.

Zunächst muss ich etwa 20 Kilometer von Colmar nach Neuf Brisach fahren, um wieder auf den Rhein-Radweg zu kommen. Da ich auf Nebenstraßen gut voran komme bin ich schon vor 11 Uhr wieder auf dem Rhein-Radweg. Zunächst geht es durch die weiten und landwirtschaftlich wohl sehr fruchtbaren Ebene des Oberrheingrabens. Während ich gestern rechts die Vogesen sehen konnte, ist es heute links der Schwarzwald. Ein Berg begleitet mich über viel Kilometer. Erst denke ich es ist der Feldberg, weil ein Turm auf seinem Gipfel steht. Dann erinnere ich mich aber, dass der Feldberg nicht bis auf die obersten Höhen bewaldet ist. Von der Lage her könnte es der Schauinsland sein. Er scheint auch etwas vorgelagert und daher über weite Strecken präsent. Ich bin mir aber nicht sicher.

Der Weg führt über Fessenheim, dessen sehr umstrittenes und gerade in den letzten Tagen wieder für Schlagzeilen sorgendes Kernkraftwerk – die Franzosen wollen es nun doch noch nicht abschalten – nicht an meiner Wegstrecke liegt. Es geht weiter über mehrere -heims bis Ottmarsheim, wo ich eine längere Mittagspause einlege und ein heutiges Highlight auf mich wartet. Die romanische Abteikirche wurde bereits im 11. Jahrhundert von Rudolf von Altenburg, einem Vorfahren der Habsburger, errichtet und ist wohl eine Kopie der Aachener Pfalzgrafenkapelle Karls des Großen. Hier stelle ich dann auch fest, dass es wohl auch im Elsass eine Straße der Romanik gibt. Hätte ich das früher gewusst, hätte ich sie sicher in meine Tour eingebaut.

Ich treffe hier einen älteren Herrn mit Rennrad, der in Basel lebt. Als ich ihn auf seinen hochdeutschen Akzent anspreche, verrät er mir, dass er zwar seit 40 Jahren in Basel lebt aber in Senftenberg geboren wurde. Sein Vater war Maschinenbauingenieur im Braunkohletagebau, ist aber dann mit seiner Familie schon 1945 in den Westen geflohen als die Russen anfingen die Maschinen des Braunkohlebergbaus zu demontieren und die Fachleute befürchten mussten mit den Maschinen nach Russland deportiert zu werden. Er muss also inzwischen schon deutlich über 70 sein. Das zeigt, dass Fahrradfahren im Alter schon ganz schön fit halten kann. Er gestand mir dann aber, dass er schon einige Male wegen auf Überanstrengung beruhender Herzprobleme im Krankenhaus war.

Die Tiour geht nun weiter über Hombourg, Petit Landau nach Niffers und Kemps. Zwischen Niffers und Kemps gibt es nun ein ziemliches Kuddelmuddel zwischen verschiedenen Kanälen. Ein Teil des Rhein-Rhone Kanals mündet nun in den Grand Canal d´ Alsace, dessen politische Geschichte auch höchst interessant ist, sollte er doch, als in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts mit seinem Bau begonnen wurde, den Deutschen im wahrsten Sinne des Worts das Wasser des Rheins abgraben. Erst im Verlauf der 1950er Jahre und der sich nun entwickelnden deutsch-französischen Freundschaft konnte diese auch ökologisch hoch problematische Angelegenheit gestoppt werden, so dass dieser riesige Kanal heute nur zwischen Weil am Rhein und Breisach besteht.

Dennoch führt parallel dazu immer noch der beschauliche Rhein-Rhone Kanal hinunter bis kurz vor Basel. An diesem führ nun auch wieder der Rhein-Radweg entlang. Es ist übrigens eine sehr schöne Strecke, die allerdings je näher man an Basel herankommt auch immer frequentierter ist. Offensichtlich ist es ein beliebtes Naherholungsgebiet für die Bewohner der Region Basel. So fährt man auch durch das sehr reizvolle Naturschutzgebiet Petit Camargue Alsaciene mit Feuchtwiesen, Trockenrasen und Auwäldern, das verschiedensten Tier- und Pflanzenarten eine geschützten Lebensrau bietet. So soll es hier 40 verschiedene Libellenarten, 15 Orchideenarten und unterschiedliche Vögel wie Grauspecht, Eisvogel und Mittelspecht geben. Zugegeben ich habe davon im Einzelnen nichts ausmachen können. Dennoch ist der Blick von den am Wege liegenden Beobachtungsstationen sehr eindrucksvoll.

Nun rückt Basel immer näher, aber da ich mein Quartier heute erst um 19 Uhr beziehen kann, lasse ich mir Zeit. Kurz vor dem Dreiländereck mündet dann der Rhein-Rhone Kanal in den Rhein. Zum ersten Mal seit Strraßbourg trifft damit auch der linksrheinische Radweg wieder auf seinen Namensgeber. Ich nutze die Zeit, um mir das Dreiländereck zu veranschaulichen. Unterstützung bekomme ich dabei schon nach einigen Minuten von einem sportlichen älteren Ehepaar, das mit ihren Fahrrädern unterwegs ist, die meine suchenden Blicke gedeutet haben, mich nach meinem Anliegen fragen und mir sehr bereitwillig Auskunft erteilen. Es wird ein sehr interessantes Gespräch. Sie ist übrigens Deutsche, er Franzose und beide sprechen Schwizerdütsch und wohnen hier auf der französischen Seite. Als wir auf die Preise zu sprechen kommen sprudelt es aus der Frau nur so heraus, dass ich auf keinen Fall in der Schweiz essen gehen sollte, sondern immer nach Deutschland fahren solle, da sei alles viel preiswerter. In Basel bekäme man eine einfache Pizza nicht unter 20 Schweizer Franken. Ich bin also vorgewarnt.

Dann kommt das Gespräch auf die Gesamtagglomeration des Baseler Raumes. Basel selbst hat nur etwa 175 Tsd. Einwohner. Aber dieser Dreiländerraum zu dem auf der deutschen Seite sicher noch Lörrach und Weil am Rhein und auf der französischen Seite St-Louis und Huningue gehören bringt es durchaus auf 800 Tsd. Einwohner. Sehr lebhaft werden mir auch die Vorteile geschildert. So ist das Einkaufen für die Franzosen und Schweizer in Deutschland sehr günstig, weil sie die Mehrwertsteuer zurückerstattet bekommen und dann nur noch ihre jeweils erheblich günstigere Umsatzsteuer zahlen müssen. Ich bekomme auch noch viele interessante Tipps für Museen und Sehenswürdigkeiten. Schließlich bieten sie mir auch noch an mich vor dem Dreiländereck zu fotografieren. Es war eine wirklich sehr freundliche Begegnung und ich habe viel dazu gelernt.

Sowohl das freundliche Ehepaar als auch der Herr aus Senftenberg hatten mir die neue Rheinpromenade in Basel empfohlen, die erst seit einigen Wochen sowohl für Radfahrer als auch für Fußgänger erschlossen ist. Das lasse ich mir natürlich nicht nehmen und radle den Rhein entlang nach Basel hinein. Nach etwa einem Kilometer passiere ich die Grenze zwischen Frankreich und der Schweiz. Außer Hinweisschildern gibt es aber nichts, was auf die Grenze hinweist. Keine Absperrungen und auch keine Kontrollen. Man soll aber gültige Ausweispapiere bei sich führen steht irgendwo. Die rechten Rheinpromenaden sind an diesem Abend dicht bevölkert, weil viele Tausende Einheimische und Gäste, diesen wohl bisher wärmsten Tag noch genießen wollen. Mich zieht es nun zu meinem Quartier und kurz vor 19 Uhr komme ich auch an.

Es war nicht ganz einfach ein relativ erschwingliches Quartier in Basel zu bekommen. Schließlich finde ich bei booking.com ein bed&breakfirst zu einem erschwinglichen Preis, wenn auch über meinem Budget. Das Haus ist ein Einfamilienhaus, in dem das Künstlerehepaar Annette Stöcker öhen bewaldet ist.Höhen wurde nun auch die gRöße des Weinbaugebietes deutlich. HiewHöhBDann kommt das Gespräch auf dund Christian Selig leben. Entsprechend leger geht es zu. Christian empfängt mich nach einigen Minuten. Ich bekomme ein geräumiges Zimmer und muss mir Bad und Toilette mit seinem Sohn teilen, der allerdings zurzeit nicht zu Hause ist. Das Haus ist von seiner Lage recht einmalig. Es liegt an einem kleinen Kanal, umgeben an zwei Seiten von bis zu zehnstöckigen Wohnblöcken und an der letzten Seite führt in etwa 10 Metern Entfernung die Autobahn Palermo -. Hamburg, wie Christian sie nennt, vorbei. Es ist also sozusagen eine Idylle in wenig idyllischer Umgebung. Trotz Autobahn habe ich dann hervorragend geschlafen. Es ist offensichtlich hervorragend isoliert. Man muss dazu sagen, wenn man es nicht weiß, sieht man die Autobahn überhaupt nicht, sondern steht vor einer Betonwand mit einigen Glasbausteinen.

Christian erklärt mir dann sehr engagiert die Sehenswürdigkeiten von Basel aber auch die praktischen Dinge. Bisher hatte ich völlig vergessen mich um Schweizer Franken zu kümmern. Deshalb wird mein erstes Ziel nun der nächste Bankautomat sein. Zum Übernachtungspreis wird übrigens noch eine Kurtaxe erhoben, die mit 3,50 CHF recht üppig ist, allerdings relativiert sich der hohe Preis dadurch, dass er berechtigt, kostenlos mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Dafür bekomme ich von Christian einen kleinen Ausweis mit Stempel ausgestellt.

Der Rest des Abends verläuft nun recht ereignislos, weil ich eigentlich nur das Bedürfnis habe, noch etwas zu essen und dann möglichst bald mich schlafen zu legen. Nachdem ich mich finanziell mit der Landeswährung auf munitioniert habe, will ich es nun auch mit dem Essen hier versuchen. Nach Deutschland zu fahren ist mir den doch jetzt zu aufwändig. Ich gehe also in eine nahegelegene Pizza, esse eine solche und einen kleinen Salat und trinke ein Bier und bezahle etwa das Doppelt dafür wie in Deutschland. Aber gut, ich bin jetzt eben in der Schweiz.

Tagesdaten: 87,99 km/6:54:28 Std. Fz/12,74 km/h/153 Hm aufwärts/87 Hm abwärts

 

2 Kommentare

  • Werner Hempel sagt:

    Lieber Herr Kohl,
    da meine 1. Frau aus Lörrach stammte und wir uns viel in Basel herumgetrieben haben, bekam ich bei Ihren Schilderungen fast heimatliche Gefühle. Ja, es ist eine zauberhafte Ecke bis auf Sprache, die für mich immer wieder große Probleme hervorrief und die ich über 18 Jahre nur rudimentär verstand.
    Aber mein Würdigung Ihrer Reise und Ihrer Berichterstattung bezieht sich auf die Inhalte hauptsächlich und natürlich auch auf Ihre fotografischen Fähigkeiten.
    Ich erlebe Ihre phantastische Berichterstattung als extrem bereichernden Unterricht in Geographie und Geschichte Deutschlands und seit heute kommt auch noch Biologieunterricht hinzu. Ich muss gestehen, ich habe in den letzten 20 Tagen so viel von Ihnen gelernt . Da kommt man schon ins Grübeln bezüglich seiner eigenen offensichtlich sehr rudimentären Kenntnisse. Also Ihre Nachhilfe tut mir sehr gut. In diesem Sinne weiter so, wenn jetzt auch der Unterricht in deutscher Geschichte und Geographe zu Ende ist

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