17. Tag (20. August 2019): Usedom – Kirchentour 2

Noch einmal geht es auf Kirchentour. Ich fahre mit der Usedomer Bäderbahn von Trassenheide bis nach Ahlbeck. Für die 35 Kilometer muss ich 16 € berappen. 10 € für mich und 6 € für das Fahrrad. 6 € für das Fahrrad gelten aber für den ganzen Tag, so dass ich bei der Rückfahrt nur noch einen Karte für mich brauche. Das Wetter ist wieder sehr schön mit noch nicht allzu hohen Temperaturen. Für die nächsten Tage ist eine neue Hitzewelle angesagt.

Diesmal sind für mich die Kirchen der Kaiserbäder dran und der wahrscheinlich entlegenste Zipfel der Insel, der ins Achterwasser hineinragende Lieper Winkel. Die Kirchen in Ahlbeck und Bansin sind leider nur an einem Tag in der Woche geöffnet. Das wird also nichts mehr. Bei Ahlbeck ist das deshalb schade, weil die ursprüngliche Ausstattung noch erhalten ist. Die Kirche von Ahlbeck wurde etwa zeitgleich mit der von Zinnowitz errichtet und ist auch das Ergebnis einer über drei Jahrzehnte währenden Spendensammlung. Bansin ist schließlich die jüngste evangelische Kirche auf Usedom. Sie wurde 1939 eingeweiht. Vorbild soll die Swinemünder Kreuzkirche gewesen sein, die heute nicht mehr existiert.

So bleibt als einzige der Kirchen der drei Kaiserbäder die Kirche von Heringsdorf zu besichtigen, die etwas oberhalb des Ortes auf einem Hügel namens Kulm steht. Sie wurde 1848 nach Plänen des bekannten königlich preußischen Hofbaurates Ludwig Persius, einem Schüler Schinkels, errichtet. Sie zeichnet sich durch eine einzigartige Wandelhalle un d den schmalen Glockenturm aus, die an italienische Kirchenbauten erinnern, wie sie Persius auch in Potsdam baute. Besonderheiten im Inneren sind die Buntglasfenster zu biblischen Szenen und die Holzfigur Martin Luthers, die nach dem Krieg aus der Swinemünder Christuskirche von Flüchtlingen hierher gebracht wurde. In der Kirche wird ein Eine-Welt-Laden betrieben.

Auf dem Weg zur Kirche bin ich übrigens auch am sogenannten Weißen Schloss vorbeigefahren. Es ist kein besonders auffälliges Haus, wenn man sich vergegenwärtigt, was die Kaiserbäder sonst noch zu bieten haben. Seine Bedeutung erlangt es jedoch als ältestes Gebäude von Heringsdorf. Der Rittergutsbesitzer Georg Bernhard von Bülow ließ es 1825 auf dem Kulm als  erstes Gästehaus errichten. Architekt war kein geringerer als Karl Friedrich Schinkel. Das Weiße Schloss steht also für den Beginn des Bäderwesens auf Usedom. Auch heute wird das Haus als Hotel und Restaurant genutzt.

In Heringsdorf gehe ich dann noch in eine Apotheke. Offensichtlich habe ich doch noch einige Nachwirkungen meines Infekts. Ich erwerbe dort eine Elektrolyt-Glucose-Mischung und ein durchfallhemmendes Präparat. Da beide eine schnelle positive Wirkung zeigen, setze ich meine Tour fort. Nun liegen aber einige Kilometer vor mir. Über Bansin fahre ich dann wieder in das Innere von Usedom. Da ich inzwischen herausbekommen habe, wo sich auf dem Friedhof in Benz das Grab des Malers Otto Niemeyer-Holstein befindet, statte ich auch dort noch einen kurzen Besuch ab. Dann geht es nach Morgenitz. Hier spürt man nur noch wenig von den Touristenströmen, die derzeit Usedom überfluten. Gelegentlich verirren sich mal einige Radfahrer hierher. Aber auch die Infrastruktur ist für Radfahrer nicht mehr sonderlich ansprechend. Die ganze Straße ist noch mit jahrhundertealtem Kopfsteinpflaster belegt. Die kleine, heute turmlose Kirche ist wieder einmal ein schönes Beispiel für die ländliche Backsteingotik. Den Giebel an der Westseite gliedern weiße Blendbögen. Die Fenster der Ostseite wurden durch einen Sturm zerstört und zugemauert. 1764 stürzte das Dach ein und zerstörte die Inneneinrichtung. Als das Dach dann fünf Jahre später wieder aufgebaut wurde folgte die neue Inneneinrichtung natürlich dem damaligen barocken Geschmack.

Nach dem Besuch in Morgenitz geht es hinein in den Lieper Winkel, der wie ein Gaumenzäpfchen in das Achterwasser hineinragt. Auch hier gibt es nur noch wenige Radwege und man scheint nicht allzu sehr am Tourismus interessiert zu sein. Wie überall hier oben an der Ostseeküste dominiert da, wo sich der Tourismus nicht ausgedehnt hat, die Weidewirtschaft. Rinder aber auch zahlreiche Pferde und gelegentlich Schafe begegnen einem, wenn man die Weiden entlang fährt. In Liepe besichtige ich dann die älteste urkundlich verbriefte Kirche auf Usedom. Bereits 1216 ist sie erstmals erwähnt. An diese erste Kirche erinnern wohl lediglich noch die aus Feldsteinen gebildeten Grundmauern. Die heutige Kirche stammt dagegen aus dem 15. Jahrhundert und auf den Feldsteingrundmauern wurde mit Backsteinen ein gotisches Gebäude errichtet. Auch hier stürzte nach einem Gottesdienst das Dach ein. Dach und Einrichtung wurden daraufhin erneuert.

Nachdem ich die Kirche besichtigt habe geht es 22 Kilometer zurück an die für mich beste Station Schmollensee der Usedomer Bäderbahn und von dort zurück nach Trassenheide. Heute Abend heißt es für Heidrun und mich Abschied nehmen. Morgen will ich den Heimweg antreten. Den Abend beschließen wir heute mal nicht in der Pommernstube, sondern im ebenfalls um die Ecke liegenden Restaurant Nordwind.

Tagesdaten: 59,81 Km; 04:41:47 Std. Fz.; 12,73 Km/h; 375 Hm

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