Gestern habe ich übrigens irgendwo zwischen Speyer und Germersheim die ersten 1.000 km hinter mich gebracht. Also 20 Prozent an Strecke sind geschafft. Ich habe mich doch dafür entschieden, heute weiter linksrheinisch zu fahren. Wenn ich schon eine solche Tour mache, will ich natürlich auch Frankreich sehen. So fahre ich kurz nach 9 Uhr los und gestatte mir noch einige Blicke in Jockgrim, vor allem im sogenannten Hinterstädtle wie hier alles immer so verniedlichend heißt. Das Hinterstädtle ist eigentlich mehr eine Zufahrtsstraße zum eigentlich Ort, die sich aber durch sehr schöne Fachwerkhäuser auszeichnet und der Stadt gerade hier einen sehr malerischen Glanz gibt.
Dann geht es erst einmal über Wörth nach Maximiliansau am Rhein und dann wieder durch die Auenlandschaft am Rhein über Neuburg und dann schon in Frankreich über Lauterbourg, Munchhausen, Seltz nach Beinheim. Die Grenze erkennt man kaum und dass man in Frankreich ist, merkt man lediglich, daran, dass nun alles französisch bezeichnet ist. Und noch einen Unterschied gibt es, der aber für Radfahrer doch nicht ganz unbedeutend ist. Man fährt in Frankreich oder zumindest hier am Rhein nicht mehr hinter dem Deich wie in Deutschland, wo man von Ausblicken sozusagen abgeschnitten wird. Nein, in Frankreich fährt man auf dem Deich, was die Tour erheblich erlebnisreicher macht.
In Beinheim mache ich eine kurze Mittagspause und esse meine restlichen Bananen und einen Apfel. Bei Beinheim verlässt man die Auenlandschaft und es folgen über 30 km über Straßen und mehrere Kilometer entfernt vom Rheinufer. Warum man die Route so führt, ist nicht ganz nachvollziehbar, aber hat den Vorteil, dass man so auch einen Eindruck von den vielen kleinen Orten des Elsass bekommt. Auffallend sind die vielen sehr schön gezierten Fachwerkhäuser, die besonders dadurch prägnant sind, dass sie über stockwerkweise Vordächer verfügen. Ich vermute dafür gibt es einen besonderen Fachbegriff, aber ich kann sie nur so beschreiben. Im Übrigen ermöglicht diese Route einen Besuch in Sessenheim, von Goethe Sesenheim genannt, an den Stätten von Goethes früher Liebe zu der Pfarrerstochter Friederike Brion. Sessenheim scheint von Goethe zu leben. So hat man die alte Scheune des Pfarrhofs wieder liebevoll restauriert und ein ziemlich geschmackloses Goethememorial in einem Fachwerkhäuschen errichtet mit einem überdimensionierten Kopf des alten Goethe. Dann gibt es noch den Goethehügel zu betrachten, auf dem ich ein naturhölzerner Pavillon befindet. Ob sie sich da ihre Stelldicheins gegeben haben, kann ich nicht verifizieren. Das Ganze erscheint ziemlich grotesk, insbesondere das Memorial, wird es doch der Gegebenheit in keiner Weise gerecht. Das einzige, was Goethe in dieser Liebschaft gelungen ist, er hat Friederike Brion unsterblich gemacht. Ansonsten muss er sie bitter enttäuscht haben.
Es geht dann weiter über Drusenheim, Offendorf, Gambsheim und La Wantzenau. Nun führt der Weg wieder durch die Auenwälder des Rheins. Ein Teil der Strecke führt hier entlang der sogenannten Maginot-Linie, ein aus Bunkern bestehendes Verteidigungssystem, was zwischen 1930 und 1940 erbaut wurde, um Angriffe, insbesondere aus Deutschland abzuwehren. Der Weg durch Straßbourg ist gut beschildert und so komme ich ohne Mühen und Grenzkontrollen wieder nach Deutschland, wo ich in Neumühl das sehr preisgünstigen aber angemessene Gasthaus Pflug unterkomme. Morgen habe ich mir nun einen Ruhetag mit Besichtigung von Straßbourg verordnet.
Tagesdaten: 102,87 km/7:16:26 Std. Fz/14,14, km/h/123 Hm aufwärts/99 Hm abwärts
Wiieso hast du denn Karlsruhe, die Partnerstadt von Halle, ausgelassen? Ansonsten finde ich die Orte, besonders in Frankreich, sehr idyllisch und adrett. Jetzt bin ich ein wenig neidisch, dass ich in dieser Gegend nicht mitfahren kann
Ich musste halt Prioritäten setzen und da ich mich für Frankreich entschieden habe, blieb Karlsruhe auf der Strecke, weil es dann zu weit abseits liegt. ich hoffe das beruhigt alle Hallenser und Karlsruher.