Nun bin ich also in Jockgrim beim Elefanten abgestiegen. Keiner kennt Jockgrim? Ich bis vor wenigen Stunden auch nicht. Dennoch hat Jockgrim auch eine überregional, wenn nicht sogar global bedeutsame Geschichte. Dazu später mehr. Ich bin nur draufgekommen, weil ich dort eine Unterkunft in einem Gasthof fand, der mein Budget nicht überstieg, was hier im Großraum Karlsruhe wieder einmal nicht so einfach ist. Nun fahre ich aber sogar besser als in den Jugendherbergen. Habe heute also ein Schnäppchen gemacht.

Die Tour heute von Mannheim hier in die Nähe von Karlsruhe war nicht sonderlich spektakulär und aufregend. Das Wetter ist immer noch gut, aber etwas kühler. Meistens führte der Radweg hinter dem Deich entlang. Das war natürlich auch nicht gerade spannend und schränkte die Sicht auf den Fluss doch erheblich ein. Zunächst ging es auch in Mannheim durch erhebliche Industrieansiedlungen und vorbei an einem gigantischen Kohlekraftwerk. Weitere Höhepunkte der Tour waren Speyer, wo ich nur den Dom umrundete und hoffe, dass die Fotos Gefallen finden. Er ist schon ein gewaltiger Geselle dieser Speyerer Dom. Das sieht man insbesondere, wenn man aus der Ferne auf ihn blickt. Auch in Germersheim machte ich eine kleine Rundfahrt, gönnte mir aber primär ein Eis. Insgesamt wird hier kein Wein mehr angebaut, sondern vor allem Felderwirtschaft betrieben. An einigen Feldern wurde schon geerntet. Waren es Radieschen? Ich konnte es nicht erkennen. Danach führte der Weg durch eine Auenlandschaft entlang des Rheins, an toten und amputierten Rheinarmen vorbei, die schöne Blicke in die Natur zuließen. Ein weiteres Highlight waren die ersten Störche.

Doch nun zu Jockgrim. Ja hinter dem idyllischen Blick auf Jockgrim bei der Anfahrt, der eher auf ein Dorf schließen lässt, verbirgt sich immerhin eine Kleinstadt mit etwa 7000 Einwohnern. Jockgrim liegt etwas erhoben auf einem Sporn des Rheinhochufers. Auf Grund der reichhaltigen Tonvorkommen erlebte der Ort durch die Herstellung von Dachziegeln im 19. Jahrhundert einen großen wirtschaftlichen Aufschwung, der eng mit dem Familienunternehmen Ludowici verbunden ist. Die Falzziegelwerke Carl Ludowici waren Marktführer auf diesem Gebiet in Europa und die Erzeugnisse sind noch heute auf der ganzen Welt zu sehen.

Ein Spross des Unternehmens, Johann Wilhelm Ludowici (1896-1983), war neben seiner Unternehmertätigkeit auch nationalsozialistischer Funktionär. So war er unter anderem Stellvertreter des NS-Chefideologen Alfred Rosenberg im Kampfbund für deutsche Kultur und bekleidete hohe Funktionen im Siedlungswesen, wo er schon 1934 ehrenamtlicher Stellvertreter des Reichkommissars für das Siedlungswesen wurde. Ludowici kümmerte sich weniger um die Geschäftsleitung, sondern ging offensichtlich seinen politischen Ambitionen und seinen sonstigen Hobbys nach. Nach 1945 trat er wie schon sein Vater vor allem als Erfinder hervor. So entwarf er sogenannte Kugelhäuser und gilt wohl auch als Erfinder des Plattenbaus. Die Ziegelproduktion kommt dann 1972 durch das sich abzeichnende Ende der Tonvorkommen und durch Brandstiftung verursachte Zerstörung zweier Produktionsstätten zum Erliegen. Ein Ziegeleimuseum hier in Jockgriem erinnert an die Geschichte des Unternehmens und die Kugelhäuser habe ich dann bei einem Spaziergang nach dem Abendessen auch noch betrachten können.

 

Tagesdaten: 70,92 km/5:23:28 Std. Fz/13,15 km/h/119 Hm aufwärts/94 Hm abwärts

 

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