13. Tag. 30. April 2023 – Von Wizajny nach Suwalki

Heute geht es durch die sogenannte Suwalki-Lücke. Sie bezeichnet in der Terminologie der NATO das Gebiet um die Grenze zwischen Litauen und Polen, das die einzige Landverbindung der baltischen Staaten mit den übrigen NATO-Partnern darstellt und das Territorium der russischen Exklave Kaliningrad von Belarus trennt.  Die Lücke verläuft zwischen zwei Dreiländerecken über 65,4 km Luftlinie bzw. 100 km Grenze am Boden, vom Dreiländereck Litauen-Polen-Belarus im Südosten zum Dreiländereck Litauen-Polen-Russland (Kaliningrad) im Nordosten. Mehrere Straßen verbinden Polen und Litauen durch die Suwalki-Lücke, von denen die wichtigste die Europastraße 67, genannt Via Baltica, ist. Die einzige Bahnverbindung ist die mittlerweile normalspurige Bahnstrecke Suwałki–Kaunas.

Die Region um die Suwalki-Lücke gilt – insbesondere seit der Annexion der Krim 2014 – als eine der militärisch potentiell entzündlichsten Regionen in Europa. Dabei weisen Militärexperten auf Mängel in der Infrastruktur und Organisation hin, die die NATO-Staaten an einer schnellen Reaktion im Falle der Bedrohung des Gebiets hindern. Laut Geheimdienstinformationen könnten Russland und Belarus im Falle eines möglichen militärischen Konflikts mit NATO-Staaten Interesse an einer Besetzung des Gebietes haben, um die baltischen Staaten vom Landweg zum NATO-Partner Polen abzuschneiden.

Hier muss man freilich inzwischen berücksichtigen, dass durch den Beitritt Finnlands zur NATO sich die Gefahr inzwischen relativiert hat, weil sich Russland dann sehr schnell einer militärischen Auseinandersetzung von mehreren Seiten ausgesetzt sehen könnte. Immerhin hat Finnland wohl eine der stärksten Armeen innerhalb des NATO-Bündnisses.

Zurück zum heutigen Tag. Es ist wieder sonnig, allerdings bleibt es nach wie vor bei eine Grundkühle von 12°. Ich frühstücke mit löslichem Kaffee und der frischen Milch, die mir heute morgen in die Küche gestellt wurde. Dann packe ich meine Sachen zusammen und radle los. Zunächst suche ich noch einige Plätze für ein gutes Foto vom Wizajny-See. Nachdem das geklappt hat, geht es etwa vier Kilometer zurück auf den Green Velo. Die ersten 10 Kilometer der Tour sind dann wieder recht anspruchsvoll, auf nicht mehr ganz intakten Schotterstraßen und mit vielen Auf- und Abfahrten. Danach wird es ruhiger. Es geht tendenziell bergab, wenn es auch weiter durch hügeliges Gebiet mit Auf- und Abfahrten geht. Aber bald gibt es einen Übergang zu asphaltierten Nebenstraßen, auf denen es sich natürlich erheblich angenehmer fahren lässt.

Ich passiere den malerisch gelegenen Hancza-See und verpasse leider die einzige öffentliche Zufahrt zu dem See. Das ist ein unerfreuliches Problem in Polen, dass man an die meisten Seen kaum herankommt, weil viele Uferstreifen sich in Privatbesitz befinden. Wenn dies mal nicht der Fall ist, ist der Zugang durch dichte Wälder versperrt. Um zumindest noch ein Foto von dem See machen zu können, muss ich einen kleinen Umweg fahren. Der Hancza ist übrigens mit 113 Metern der tiefste See Polens.

Am frühen Nachmittag erreiche ich dann Suwalki und steige in dem hübsch restaurierten Hotel Akvalon ab, das direkt an dem Fluss Czarnea Hancza liegt. Die Czarna Hancza ist ein Abfluss aus den Hancza-See und fließt in in Belarus in die Memel. Nachdem ich eingecheckt und mich etwas frisch gemacht habe habe, breche ich zu einem Spaziergang durch Suwalki auf.

Tagesstrecke: 52,64 Km; 13,81 Km/h; 458 Hm – 5 Km Spaziergang durch Suwalki

 

Spaziergang durch Suwalki

Wie so viele polnische Städte hier in den Grenzregionen von Polen hat auch Suwalki eine höchst wechselvolle Geschichte. Bis 1795 gehörte die Stadt Suwałki zum Großfürstentum Polen-Litauen. Bei der Dritten Teilung Polens kam Suwałki zu Preußen, wurde aber bereits 1807 mit dem Herzogtum Warschau vereinigt und kam gemeinsam mit Kongresspolen 1815 zum russischen Zarenreich. Ab 1919 gehörte Suwałki zur Zweiten Polnischen Republik. Suwałki wurde während des Überfalls auf Polen im Herbst 1939 von der Wehrmacht besetzt und als Hauptstadt des Landkreises Sudauen Ostpreußen einverleibt. 1944 wurde die Stadt von der Roten Armee erobert und gehört seither wieder zu Polen.

Suwalki ist mit fast 70 Tsd. Einwohnern die zweitgrößte Stadt in Podlachien nach Bialystok. Als ich das letzte Mal vor fünf Jahren hier war, war Suwalki durch eine große Baumaßnahme an der Via Baltica geprägt. So war es damals ausgesprochen mühsam sich bis zur Stadt und durch sie hindurch zu finden. Heute ist das Vergangenheit. Die Baumaßnahmen sind beendet und auch über ein gut ausgebautes Radwegenetz verfügt die Stadt. So ist es auch kein Problem mehr, sich hier zu orientieren. Suwalki ist heute eine moderne Stadt mit historischen Elementen, die wohl insbesondere aus der russischen Zeit stammen.

Das Suwalki Blues Festival ist ein jährliches Musikfestival in Suwalki. Es wurde erstmals im Jahr 2008 veranstaltet und hat seitdem jedes Jahr stattgefunden. Das Festival ist ein wichtiger Faktor für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Suwalki.

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