Tagesdaten: 11,83 Km

Heute regnet es und das soll den ganzen Tag so bleiben. Das Frühstück bekomme ich serviert. Es ist ordentlich, wenn auch nicht herausragend. Leider hatte ich bisher nicht registriert, dass das Restaurant des Hotels am Wochenende geschlossen bleibt. Ich bekomme zwar morgens mein Frühstück aber heute und morgen Abend werde ich mir etwas suchen müssen. Da es in Grafhorst nichts weiter gibt. Man verweist mich auf das etwa fünf Kilometer entfernte Velpke, das größer ist und einige Restaurants bzw. Pizzerien hat. Bei Regen abends nach Velpke radeln scheint mir allerdings auch nicht sonderlich attraktiv zu sein. So überlege ich, ob ich heute nicht besser in Oebisfelde mich mit Proviant versorge.

Spaziergang durch Oebisfelde

Den Tag will ich trotz des Regens nutzen, um mir Oebisfelde ein wenig anzuschauen. Nach dem Frühstück packe ich die Regenkleidung aus und ziehe sie mir über. Die Temperaturen sind auf 10 Grad gefallen. Nun fahre ich entlang der Aller, die hier die innerdeutsche Grenze war und nun die Grenze zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt ist, in Richtung Oebisfelde. Der Regen wir leider stärker; allerdings ist es kein Regenguss, sondern eher sanfter Landregen. Am Ortseingang von Oebisfelde muss ich wieder über die Aller und bin nun wieder in Sachsen-Anhalt. Oebisfelde ist seit einigen Jahren nur noch ein Ortsteil der Stadt Oebisfelde-Weferlingen. Oebisfelde wurde zwischen 1014 und 1073 erstmals urkundlich genannt. Zu dieser Zeit handelte es sich noch um ein Dorf. 1263 ist die Rede von einem castrum (Burg). In dieser Zeit wird auch die planmäßige Stadtanlage vermutet. Damals wurde auch die St.-Katharinen-Kirche errichtet. Später hatte die Stadt unter kriegerischen Ereignissen zu leiden, 1547 wurde sie im Schmalkaldischen Krieg mehrfach verwüstet, während des Dreißigjährigen Krieges zogen sich die Bewohner häufig auf verborgene Horste ins Drömlings-Dickicht zurück. Seit 1680 war Oebisfelde als sogenannte Immediatstadt direkt dem Brandenburg-preußischen Herzogtum Magdeburg unterstellt. Nach 1949 teilte  Oebisfelde das Schicksal eines Städtchens im Sperrgebiet der DDR unmittelbar an der Innerdeutschen Grenze Das Leben war hier mit umfangreichen Grenzsicherungsanlagen und Einschränkungen für die Bewohner und Besucher verbunden.  Am 26. November 1989 wurde die Grenze zwischen Büstedt und Oebisfelde wieder geöffnet. Mit dem Wegfall der Grenze 1990 konnten sich die Bewohner dann auch wieder Richtung Westen orientieren, etwa als Arbeitskräfte im nahen Wolfsburg.

Als die Eisenbahn in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufkam, wuchs die Bedeutung Oebisfeldes, da es zum Bahnknotenpunkt wurde. Bis 1945 führten sieben Strecken vom Bahnhof Oebisfelde in alle Himmelsrichtungen. Heute sind noch drei davon übriggeblieben. Ansonsten ist die wirtschaftliche Bedeutung Oebisfeldes überschaubar und sicher nicht gerade herausragend. Es gibt es zahlreiche Handwerks- und Einzelhandelsbetriebe.

Mein erstes Ziel in Oebisfelde ist die Burg. Sie zählt zu den ältesten erhaltenen Sumpfburgen in Europa und weist einige romanische Elemente auf. Von dem die Burg umgebenden Sumpf, der als Verteidigungsvorteil angesehen wurde, ist allerdings kaum noch etwa zu erkennen. Die Burg erfuhr aber in den Jahrhunderten mehrfache Umbauten und Nutzungen. Der Burghof der Kernburg wird von dem freistehenden Bergfried, zwei Fachwerkgebäuden am Eingang und von der Rückseite des Brauhauses begrenzt sowie der ehemaligen Kellerdielenscheune und des ehemaligen Gartenhauses. Der Palas im Norden der Anlage ist durch seine Größe das imposanteste Gebäude. Weiter verfügt die Anlage über eine langgestreckte Vorburg mit größerem Burghof und eine Zugbrücke.

Heute wird die Burg als Touristeninformation, Heimatstube des Oebisfelder Heimatvereins, Bibliothek und Heimat- und Burgmuseum genutzt. Der Bergfried ist besteigbar. Leider bleibt heute alles geschlossen. In den letzten Jahren hat sich die Burg Oebisfelde zum kulturellen Mittelpunkt der Stadt entwickelt. Auf den neu gestalteten Burghöfen werden Märkte veranstaltet und finden Konzerte statt. So findet hier auch das traditionelle Altstadtfest statt, das jährlich im Juni mit seinem Mittelalterspektakel viele Besucher anlockt.

Nach einem Rundgang über das Burggelände gehe ich die alte Stadtmauer entlang mit dem restaurierten Goldackerturm, einem von einst fünf Streittürmen. Ich gehe dann  in die Innenstadt zum Markt und zum Rathaus. Über die Geschichte des Rathauses findet man wenig. Es ist auch sicher nicht von historisch und künstlerisch herausragender Bedeutung. In Oebisfelde geht man davon aus das die Erwähnung von Oebisfelde als Stadt schon im Jahre 1226 dafür spricht, dass es damals schon ein Rathaus gab. Der letzte große Umbau erfolgte im Jahr 1892. Die Rolandsfigur auf dem Kragstein wurde erst 1893 geschaffen. Es handelt sich also nicht um eine historisch echte Rolandsfigur für die es wohl keine Hinweise gibt. Die heutige Rolandsfigur wurde sogar erst 1989 zur 975 Jahrfeier der Stadt geschaffen.

Danach geht es zur evangelischen Stadtkirche St. Katharinen. Die Kirche wurde kurz nach Gründung der Burg Oebisfelde im 13. Jahrhundert errichtet, gestiftet vom Adelsgeschlecht der von Ovesfelde. Eine Erweiterung fand im Jahr 1314 statt. Die Kirche ist zwar eigentlich geschlossen, aber ich habe Glück und treffe gerade auf den Küster als er die Tür aufschließt. Auf meine Frage, ob ich mich ein wenig umsehen dürfe, ist er sehr freundlich und lässt mich eintreten. Die Kirche ist wirklich sehenswert. Beeindruckend vor allem der gotische Marienaltar aus dem Jahre 1470, sicher das wertvollste Stück der Kirche. Sehenswert auch einige kunstvolle Epitaphe insbesondere der Familie von Bülow die von 1484 bis 1587 die Burgherren waren. Nachdem ich mich umgeschaut habe, verabschiede ich mich mit einer kleinen Spende und bedanke mich bei dem Küster.

Einen kurzen Abstecher mache ich noch zur neuromanischen und teilweise neugotischen Nicolaikirche, die auch geschlossen ist. Im Jahr 1894 entschloss sich die evangelische Kirchengemeinde zu einem Abriss der alten Kirche, um in gleicher Lage einen Neubau zu errichten. 1977 wurde die Kirche profaniert und geschlossen, weil die Kirche nur rund sechshundert Meter von der innerdeutschen Grenze entfernt lag und die Zahl der Gemeindeglieder gesunken war. In den nächsten zwei Jahrzehnten wurde sie durch Witterungseinflüsse und Vandalismus beschädigt. 1999 wurde ein Förderverein gegründet, der die Sanierung der Kirche initiierte. Die Nicolaikirche wird heute für Konzerte und sonstige kulturelle Aufführungen genutzt. Die Kirche gehört trotz ihrer Profanierung nach wie vor der evangelischen Kirchengemeinde Oebisfelde.

Ich schlendere dann zum Burgcafé und stärke mich mit Kaffee und Kuchen. Danach fahre ich zu Aldi kaufe mir einige Laugenbrötchen, etwas Wurst und Käse sowie eine Flasche Rotwein und zwei Dosen Bier und hoffe so für das Wochenende gerüstet zu sein. Danach geht es, noch immer im Regen, zurück ins Hotel Krüger nach Grafhorst, wo ich dann den ganzen Nachmittag und Abend auf meinem Zimmer lesend und recherchierend verbringe.

 

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