Nach einem sehr ordentlichen Frühstück im Hotel „Zur Sonne“, bei dem ich mich leider diszipliniert habe, um meine seit Weihnachten verlorenen Pfunde nicht gleich wieder anzufressen, machte ich mich zu Fuß auf den Weg, um die Burg Querfurt zu erkunden. Sie bewirbt sich heute damit, flächenmäßig siebenmal so groß zu sein wie die Wartburg und schmückt sich mit dem Titel „Filmburg“, weil sie schon seit längerem als Kulisse für zahlreiche Filme diente. So wurden unter anderen „Die Päpstin“, „Der Medicus“ und „Die zertanzten Schuhe“ mit Didi Halervorden teilweise hier gedreht. Da ich wohl von der richtigen Seite komme, habe ich auch einen wirklich phantastischen Blick auf die eindrucksvolle Anlage. Leider ist sie zur Zeit gesperrt, weil wohl umfassende Restaurierungsarbeiten im Gange sind. So bleibt mir nur, einmal um die Burg herumzugehen und gelegentliche Fotos durch den Bauzaun zu machen. Zumindest bekomme ich so auch die kreuzförmige Burgkirche mit ihrem markanten achteckigen Vierungsturm vor die Linse, die noch aus der romanischen Zeit stammt und an südosteuropäische Vorbilder erinnert. Die Kirche wurde wohl zum Gedenken an Brun von Querfurt errichtet, der Erzbischof für die Slawenmission war und als Missionar, christlicher Apostel und Märtyrer in die Missionsgeschichte der heidnischen Prußen einging, wo er 1009 irgendwo im Grenzgebiet Preußens, Russlands und Litauens den Tod fand. Von den übrigen Bauwerken der Burg sind nur noch die Bergfriede „Dicker Heinrich“ und „Marterturm“ romanischen Ursprungs. Die Größe der Burg korrespondiert allerdings wenig mit ihrer historischen Bedeutung. So war sie als Reichsburg bis 1486 Sitz der edelfreien Familie der Herren von Querfurt und danach im 17. Jahrhundert barocke Fürstenresidenz der Herzöge von Sachsen-Weißenfels und später bis 1813 für das Reichsfürstentum Sachsen-Querfurt. Trotzdem ist der Besuch von Burg Querfurt auf jeden Fall lohnend und ich werde sicher, allerdings frühestens in zwei Jahren, hier noch mal einen Besuch machen, wenn die Restaurierungen abgeschlossen sind.

Das Wetter ist heute wieder etwas besser als gestern, es bleibt aber recht kühl, obwohl für die Jahreszeit doch deutlich zu mild wie die Metereologen sich auszudrücken pflegen. Die Temperaturen steigen im Laufe des Tages auf 9 Grad. Es ist zwar zunächst bedeckt, aber die Wolkenschicht ist dünn und öfters lugt die Sonne hervor und am Nachmittag wird es sogar nur noch wolkig. Unangenehm ist beim Fahren ein recht intensiver und kühler Westwind, der mich heute häufiger bremst, wenn ich gerade nach Westen fahre. Mein erstes Ziel ist heute Kloster Memleben. Der Weg dahin führt mich entlang der thüringischen und sachsen-anhaltinischen Grenze und zum Teil an der Unstrut. Öfters fahre ich auch durch Thüringen und komme hier durch Roßleben. Ich mache hier einen Abstecher zu der alten Klosterschule, die auch heute noch ein Gymnasium mit integriertem Internat ist. Meinen Besuch betrachte ich als Reminiszenz an zahlreiche Widerstandskämpfer im Zusammenhang mit dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944, die Absolventen dieser Schule waren. So wurden Nikolaus Christoph von Halem, Peter Graf Yorck von Wartenburg, Ulrich Wilhelm Graf Schwerin von Schwanenfeld, Egbert Hayessen, Wolf-Heinrich Graf von Helldorff und Heinrich Graf von Lehndorff-Steinort sowie das Mitglied der Stifterfamilie, Generalfeldmarschall Erwin von Witzleben wegen ihrer Beteiligung an dem Attentat in Plötzensee hingerichtet.

Leider kann ich nur kurz dort verweilen. Es ist schon einen interessante Jahrhunderte alte Einrichtung, die offensichtlich insbesondere für die höheren Söhne des Reiches gegen entsprechende Kostentragung offen stand. In Memleben herrscht zur Zeit noch Winterpause. Dennoch ließ mich der Gärtner auf das Gelände, wo ich mich dann auch zum Mittagsimbiss mit zwei trockenen Brötchen, einer Banane und Mineralwasser niederließ.  Ich mag das übrigens so auf meinen Touren. Berühmt ist Memleben wegen einer Kaiserpfalz, in der zwei Kaiser, nämlich Heinrich I. (936) und sein Sohn Otto I. (973) verstarben. Otto II. stiftete im Jahr 979 unweit der Pfalz ein Benediktinerkloster, von dem allerdings lediglich noch die eindrucksvollen Reste einer für die damalige Zeit monumentalen Basilika zu sehen sind. In den Ruinen wachsen nun die ersten Krokusse und Schneeglöckchen. Auch das Schicksal dieses Klosters wurde durch die Reformation beschieden und Kloster verfiel zunehmend.

Wo sich die Kaiserpfalz tatsächlich befand, in der die beiden Kaiser sich oft aufhielten und dann auch verstarben, ist allerdings bis heute nicht sicher geklärt. In Memleben direkt war sie auf jeden Fall nicht. Vieles spricht dafür, dass es die Burg Wendelstein war, wo sich die Kaiserpfalz befand. Dafür spricht die markante Lage direkt an der Unstrut mit einem weiten Blick ins Land hinein.

Mein nächstes Ziel ist die Margarethenkirche Steinbach. Zwischen jedem Ziel liegen heute ganz anspruchsvolle Steigungen mit jeweils etwa 150 Höhenmetern. Nach Bad Bibra sind es auch schon wieder bis zu 15 Prozent Steigungen. Dennoch fühle ich mich heute gut in Form. Gestern war es auf jeden Fall schwieriger. Die Kirche in Steinbach liegt solitär zwischen Bad Bibra und Steinbach. Sie ist also heute eine Dorfkirche ohne Dorf. Die Einwohner haben nach Plünderungen und Zerstörungen während des 30jährigen Krieges das Dorf aufgegeben und es weiter südlich wieder errichtet. Die übrig gebliebene Kirche ist wohl ein romanisches Kleinod, erinnert sie doch (die Fachleute) stilistisch an den Naumburger Dom. So geht man heute davon aus, dass diese Dorfkirche sozusagen ein Schulungsobjekt der Naumburger Dombauhütte war. Ich habe es leider nicht für notwendig befunden, mich voranzumelden, um die Kirche auch von innen zu betrachten. Aber auch die Außenansicht ist beeindruckend, wenn man sich die Hinweise der Architekturhistoriker zu eigen gemacht hat. So ist die Ornamentik auch bei der Außenarchitektur und das Portal der Kirche für eine Dorfkirche eher ungewöhnlich.

Nun liegt ein weiterer Anstieg vor mir, denn mein letztes Ziel für heute ist die Eckartsburg in Eckartsberga. Es geht über die Finne, einen Höhenzug im Burgenlandkreis. Von Eckartsberga aus muss ich dann das Fahrrad auf einem Waldweg mit etwa 20 Prozent Steigung schieben. Eigentlich gehe ich davon aus, das die Burg um 16 Uhr schließt. Ich komme um 16.10 Uhr an und zu meiner Überraschung lädt die bis 18 Uhr geöffnete Burgschänke zum Verweilen ein. Natürlich gibt es außer mir keinen Gast. Mir steht der Sinn nach einem Glühwein. Zwei junge Bedienungen, ein Junger Mann und eine junge Frau, asiatischer Herkunft, sind offensichtlich noch nicht allzu lange hier tätig und in der Einarbeitung. Chef ist ein Deutscher mittleren Alters und nicht gerade gepflegtem Äußeren. Er ist überdies auch recht unbeweglich für sein Alter, weil etwa zwei Zentner wiegend, wovon ein Zentner wohl den Bauch ausmacht. Nachdem der Glühwein nicht angeboten wird, der Honigmet ausgegangen ist, entscheide ich mich für einen Tee mit Rum. Es wird dann ein Pfefferminztee mit Rum, kann man aber auch trinken, wenn genug Rum drin ist.

So aufgewärmt erkunde ich die Burg, die durch Markgraf Ekkehard I. von Meißen (960-1002) im Jahre 998 an der Via Regia errichtet wurde. Sie sollte den Ekkartinern den Herrschaftsbereich im Westen sichern und die Kontrolle wichtiger Verkehrswege ermöglichen wie man das lehengerechte Straßenräubertum auch heute noch bezeichnet. Später hatte die Burg eine ziemlich wechselvolle Geschichte und zahlreiche Besitzerwechsel. Eine besondere historische Bedeutung hatte sie meines Erachtens nicht. Nur noch einmal geriet die Burg in den Blickpunkt der Zeitgenossen und Historiker. So verstieß der wettinische Herzog Wilhelm III. (man muss ihn wohl nicht kennen!), also der jüngste Sohn des Kurfürsten Friedrich I., seine Gemahlin Anna von Österreich, immerhin die Tochter des römisch-deutschen Königs Albrecht II. wegen eines Streits um die Mitgift und verbannte sie 1457 auf die Eckartsburg und hielt sie gefangen. Sie starb dort im Jahre 1462. Der wahre Grund für diese Verbannung war aber wohl die Hinwendung zu seiner Geliebten Katharina von Brandenstein, die dann später auch seine zweite Gemahlin wurde.

Die Burg ist meines Erachtens nichts Besonderes und ist schon seit Jahrhunderten mehr oder weniger eine Ruine. Sie wird aber zur Zeit restauriert und soll wohl als Ausflugsziel präsentiert werden. Meine heutige Tour endet aber nicht in Eckartsberga, weil ich hier kein passendes Quartier gefunden habe. So geht es weiter über die thüringische Landesgrenze und über Auerstedt nach Eberstedt, wo die alte Ölmühle zu einem sehr schönen Ausflugshotel gestaltet worden ist und unter dem Namen „Die Mühle – Hotel und Erlebnisinsel“ firmiert. Vor einigen Jahren war ich hier schon einmal mit meiner Frau Heidrun und es hat uns damals schon gut gefallen. Ich kann es auch heute für einen Zwischenstopp weiterempfehlen.

Tagesdaten: 63,13 Km; 05:22:29 Std. Fz.; 11,74 Km/h; 701 Hm

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