Zunächst fahren wir heute etwa 50 Kilometer zum Dorf Uschguli (2.200 m), das inzwischen zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Die Fahrt dauert trotz der wenigen Kilometer fast zwei Stunden auch hier wird an der Straße gebaut und unser Fahrer Chibo ist auch deshalb nich möglich, sondern wir fahren mit drei Jeeps nach Uschguli, deren Fahrer auf der Fahrt zum Teil doch erheblich Herausforderungen bewältigen müssen.
Uschguli besteht aus vier Dörfern, die von mächtigen Wehrtürmen geprägt sind. Hier scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Uschguli oder Ushguli ist die bekannteste Dorfgemeinschaft unter den Bergdörfern von Oberswanetien. Es besteht aus vier Ortsteilen am oberen Ende der Enguri-Schlucht in Ober-Swanetien. Diese sind über eine Strecke von nur knapp zwei Kilometern entlang des Tals des Enguri verteilt: von Murqmeli, am rechten Ufer in knapp 2100 m Höhe gelegen über Tschaschaschi und Tschwibiani bis Schibiani in fast 2200 Meter Höhe über dem Meeresspiegel. Die drei oberen Ortsteile liegen am linken Flussufer; Schibiani nur acht Kilometer unterhalb des Gletschers, dem der Enguri entfließt, und zwölf Kilometer südwestlich des Berges Schchara, des dritthöchsten Gipfels des Großen Kaukasus und höchsten Berges Georgiens.
Ungefähr 70 bis 80 Familien (circa 200 Menschen) leben dauerhaft in der Dorfgemeinschaft, in der es eine kleine Schule gibt. Während der touristischen Hauptsaison im Sommer steigt die Bewohnerzahl bis auf das Doppelte. Für bis zu sechs Monate im Jahr liegt in Uschguli Schnee, weshalb die Straße in die 44 Kilometer entfernte Regionshauptstadt Mestia häufig gesperrt ist. Uschguli ist bekannt für seine Wehrtürme und der Ortsteil Tschaschaschi ist seit 1996 Teil des UNESCO-Welterbes, in der Sowjetunion war er bereits seit 1971 als Uschguli-Tschaschaschi-Museum geschützt. Neben den typischen swanetischen Wehrtürmen existieren verschiedene religiöse Bauwerke, wie eine Kapelle aus dem 12. Jahrhundert. Damit verschafft die Region Ober-Swanetien im Norden Georgiens mit dem Ortsteil Tschaschaschi Georgien einen der drei für die Touristik-Industrie attraktiven Einträge auf der Welterbeliste.
Wir besuchen aber leider nicht das Weltkulturerbe, sondern wandern zum Schchara-Gletscher. Wir sind eben auf einer Wanderreise und nicht auf eine Kulturreise. Leider ist das Wetter ähnlich wechselhaft und während der Wanderung gibt es häufiger mehr oder weniger heftige Schauer. Zunächst wandern wir etwa acht Kilometer entlang des Enuri auf einer aufgeweichten Straße, bis sie in der Nähe eines kleinen ursprünglichen Cafés endet. Der Weg ist nicht sonderlich attraktiv. Dauernd fahren schwere LKW vorbei, die wohl kies für den Straßenbau abholen, der hier am Gletscherausgang des Enuri abgebaut wird. Gleichzeitig bringen viele Jeeps und einige Privatfahrzeuge Touristen bis zum Café, die von dort aus dann die relativ kurze Strecke bis zum Gletscher wandern können.
Hier, an dem kleinen Café, entschließen sich fünf unserer Gruppe unter diesen Wetterbedingungen, wegen persönlicher Schwierigkeiten auf dem sehr schmalen steinigen Weges nicht mehr weiterzuwandern. Nach etwa 500 Metern gehöre ich dann auch zu dieser Gruppe und entscheide mich für die Umkehr, weil ich keine Lust habe, unter diesen Bedingungen weiterzulaufen, nur um einen schmutzigen Gletscher zu betrachten. Heidrun läuft dagegen tapfer weiter, wird dies allerdings mit einem umgeknickten Fuß bezahlen.
Der Schchara gilt mit 5201 m als höchster Berg Georgiens und dritthöchster Berg des Großen Kaukasus. Er liegt im Hauptkamm des Großen Kaukasus, der die Grenze zwischen Georgien und Russland bildet. Der Berg überragt als östlicher Abschluss nur wenig markant die imposante und alpinistisch bedeutsame Besingi-Mauer, die etwa 12 km in West-Ost-Richtung, meist oberhalb der 5000 m-Grenze verläuft. Bei diesen Wetterbedingungen sind aber weder dieser Bergkamm, noch der Gipfel des Schchara zu erkennen.
Als die Sechsergruppe vom Gletscher zurückgekehrt ist, sind wir anderen, die nicht oben waren zwar gut erholt, aber einigen aus der anderen Gruppe sieht man die Erschöpfung schon an und natürlich insbesondere für Heidrun mit ihrer Blessur ist es gut, dass wir die acht Kilometer nicht zurücklaufen müssen, sondern von unseren Jeeps abgeholt werden.
Nach unserer Rückkehr will ich mir noch eine kleine Kapelle in unserem Dorf Schibiani ansehen. Heidrun lässt sich nicht davon abhalten, mitzukommen, was ihr freilich nicht sonderlich gut bekommt. Auf dem Weg dorthin begegnen wir wieder zahlreichen Schweinen und Kälbern, die sich die Wege mit den einheimischen und Touristen teilen. So sehen hier die Wege auch aus. Sie sind matschig nach dem Regen und mit frischen nassen Kuhfladen und Schweinekot übersäht. In dieser Situation versuchen tatsächlich dreui Jungen zusammen auf einem Fahrrad die Dorfstraße entlang zu fahren.
Die Kapelle soll aus dem 12. Jhdt. stammen und es sind alte Fresken freigelegt. Sie sind leider nicht sonderlich gut erkennbar, aber dennoch strahlt das innere eine interessante Atmosphäre aus. Es ist sehr dunkel und eher bedrückend. Vielleicht ein Merkmal orthodoxer Kirchenbauten.
Unseren kurzen Besuch in der Kapelle kombinieren wir mit einem kurzen Spaziergang über den nicht ganz so kleinen Friedhof. Er wirkt sehr einfach und zumindest ich habe bei dem Rundgang durchaus die Befürchtung eventuell plötzlich in ein altes Grab einzubrechen. Das jüngste Grab, dass wir finden ist aus dem Jahre 2017, sieht aber auch schon sehr verfallen aus. Schließlich wandern wir ins Dorf und unsere Unterkunft zurück. Wir kommen noch an einem Gehöft vorbei, wo offensichtlich heute ein Rind geschlachtet wurde. Dann sind wir erst mal froh, dass wir wieder angekommen sind.
Unser Gästehaus, in dem wir untergekommen sind ist zwar einfach aber auch gemütlich. im Aufenthaltsraum vor unseren Zimmern brennt ein Holzkohleofen und erfüllt die Funktion, die nassen Klamotten der Gäste möglichst schnell zu trocknen. So hängt auch Heidrun ihre Wanderjacke hier auf und wir beide stellen unsere Schuhe in die Nähe des Ofens.
Heidruns Bein hat nun doch gelitten und schwillt doch ziemlich an. In unserer Reisegruppe haben wir allerdings einen Arzt, eine Apothekerin und eine Krankenschwester die sich um Heidruns erste Versorgung kümmern. Der Arzt, ein HNO-Arzt, mit mehr oder weniger nützlichen Ratschlägen, seine Frau, die Apothekerin verbindet erst einmal professionell Heidruns Fuß und rät zu ständiger Kühlung und die Krankenschwester wird sich dann noch am Abend intensiv um sie kümmern. Aber zunächst gibt es unser Abendessen und das ist wieder einmal ein Supra. Man kann es gar nicht alles aufzählen und auch das heutige Foto zeigt nicht die gesamte Anzahl der servierten Speisen. Man kann es eigentlich jedes Mal so zusammenfassen: Obwohl alles sehr gut schmeckt bleibt meistens über die Hälfte stehen. Wasa unsere Gastgeber damit dann machen, bleibt uns verborgen. Giorgi, unser Reiseleiter meint zwar, die Gastgeber speisen von den Resten, aber die sind überhaupt nicht so viele um das Essen von den heutigen drei Gruppen, einer japanischen Gruppe und einer deutschen Familie, die das Gleiche wie wir serviert bekommen, zu verkraften. Ich vermute letztlich landet es bei den Schweinen.
Gehzeit: ca. 03:00-04:00 Std. | Gehstrecke: ca. 11 km | Fahrzeit: ca. 02:00 Std. | Fahrstrecke: ca. 52 km |Aufstieg: 300 m | Abstieg: 250 m | Unterkunft: Guesthouse Maspindzeli in Uschguli | Verpflegung: F, M, A
Hoffentlich ist Heidruns Fuß wieder wandertauglich. Ich wünsche jedenfalls schnelle Besserung
Ja, ich fand es auch sehr schade, dass wir die Wehrtürme in Uschguli nicht besichtigen konnten. Wahrscheinlich lag es allerdings auch daran, dass durch den Regen die Wanderung länger gedauert hat und wir ansonsten am Nachmittag noch zu den Wehrtürmen hätten gehen können.
Trotz meines kleinen Missgeschickes habe ich die Wanderung zum Gletscher nicht bereut. Es war anstrengend, weil der Weg sehr aufgeweicht und steil war, teilweise kleine Bäche herabflossen und auf dem Geröllfeld die Steine rutschig waren. Aber der Blick auf den Gletscher hat entschädigt. 😅
Zu den vielen üppigen Mahlzeiten, muss ich zu Ehrenrettung sagen, dass Christine und Dirk oft Chatschapuri oder andere Lebensmittel, die gut zu transportieren sind, mitnehmen, die während der Pausen von uns allen gern verspeist werden. Vielen Dank an Christine und Dirk!