Ursprünglich wollte ich morgen mit der Bahn von Leipzig nach Paris fahren. Direkte Bahnverbindungen von Deutschland bis Paris gibt es zwar nur wenige und von Leipzig überhaupt nicht, aber mir sind Bahnreisen trotz aller Probleme mit der Bahn eigentlich doch die angenehmste Reisemöglichkeit, wenn man mit dem Fahrrad irgendwohin will. Ich hätte allerdings auch drei- oder viermal umsteigen müssen.
Allerdings machte mir dann Herr Weselsky einen Strich durch die Rechnung als er wieder einmal für diese Woche einen Streik ansetzte. Da es mir zu riskant schien darauf zu vertrauen, dass die GDL dann nicht gleich weiter streikt bzw. der Bahnverkehr nicht so schnell wieder normal verläuft, habe ich meine Fahrkarte bis Strasbourg wieder storniert und bin mit dem FlixBus gefahren. So bin ich heute erst einmal in Strasbourg gelandet und werde auch noch bis morgen Abend hier bleiben, weil der TGV von Strasbourg nach Paris, in dem ich noch eine Reservierung auch für das Fahrrad noch bekommen habe, erst morgen um 18:12 Uhr fährt. Der Nachteil war natürlich, dass der einzige Bus, für den noch Fahrradplätze angeboten waren, bereits um 00:40 Uhr in Leipzig losfuhr und mich auch erstmal nur bis Frankfurt Flughafen brachte, wo ich dann fünf Stunden Aufenthalt hatte, bevor es gegen 11 Uhr weiterging und ich kurz vor 15 Uhr hier ankam.
Mit dem FlixBus von Leipzig gab es dann auch noch einen recht unerfreuliche Situation. Als ich mit meinem Fahrrad ankam schüttelten die nur den Kopf. Da sie nur ein sehr rudimentäres Deutsch sprachen, versuchten sie mir mit abwehrenden Handbewegungen klarzumachen, dass ich bei ihnen nicht mitfahren könne. Sie hatten auch gar keinen Fahrradträger dabei. Das war mir aber auch ziemlich egal, immerhin konnte ich eine Fahrkarte vorweisen, die auch das Fahrrad umfasste. Als sie sich davon vergewissert hatten wurden sie zugänglicher, ich musste allerdings warten, bis alle anderen Fahrgäste abgefertigt worden waren.
Dann war der Bus voll und mein Gepäck passte an keiner für Gepäck vorgesehenen Stelle mehr dazu. So wurde es im Gang unter einige Sitze mühsam geschoben und mein Fahrrad auch in den Gang gestellt, sinnigerweise vor die Toilettentür, weil auch sonst keine Möglichkeit zu finden war. Nachdem das Fahrrad in den ersten Kurven zweimal umgefallen war, lies ich es in Absprache mit einigen rundherum sitzenden Fahrgästen liegen und wunderte mich nur, dass sich niemand während der Fahrt darüber beschwert hat, dass man hier schon artistische Fähigkeiten benötigte, um auf die Toilette zu gelangen. Noch mehr wunderte ich mich nach der Ankunft in Frankfurt Flughafen darüber, dass mein Fahrrad offensichtlich keinen Schaden genommen hatte.
In Frankfurt hielt ich mich dann die fünf Stunden im Terminal 1 auf, wo es genügend Sitzgelegenheiten gab und ich auch bei Backwerk einen schönen großen Cappuccino bekam. Der zweite Teil der Strecke von Frankfurt nach Strasbourg war dann völlig unproblematisch. Es war nur eine überschaubare Zahl an Reisenden an Bord und der Bus hatte auch vier Fahrradträger, wobei ich der einzige mit Fahrrad blieb.
Als ich in Strasbourg angekommen bin, meine knapp 25 Kg Gepäck wieder auf meinem Fahrrad befestigt habe, mache ich mich erst einmal auf den Weg zu meiner Unterkunft, dem Ciarus Hostel, so eine Art Jugendherberge aber schon für etwas höhere Ansprüche und auch für Tagungen geeignet. Die Zimmer sind zwar einfach und mit Etagenbetten ausgestattet, aber sie modern restauriert und man findet alles, was man für eine Übernachtung braucht, allerdings auch nicht mehr und kann zumindest die Zweibettzimmer auch als Einzelzimmer buchen.
An der Rezeption habe ich noch einen deutschsprachigen Touristischen Führer bekommen und so bin ich nun für meinen Aufenthalt in Strasbourg gut gerüstet. Nachdem ich mich eingerichtet habe, mache ich mich noch mal auf zu einem Spaziergang durch Strasbourg. Bevor ich das aber angehe, muss ich noch eine Besorgung machen. Als ich vorhin mein Gepäck nach der Busfahrt aufgepackt habe, musste ich auch, um den Weg zur Unterkunft zu finden, mein zweites iPhone wieder in die Navi-Halterung einspannen. Es ist eine Art Gummihalterung, die mich inzwischen fast fünf Jahre zuverlässig begleitet hat. Aber heute ist sie dann bei Einspannen gerissen. Die freundlich Frau an der Rezeption, der ich mein Problem erklärt hatte, verwies mich dann an einen Elektromarkt FNAC vergleichbar mit Mediamarkt oder Saturn und hier wurde ich dann auch fündig.
Da ich heute natürlich nicht viel geschlafen habe, verspürte ich doch bald eine gewisse Schwere. Aber erste Eindrücke konnte ich mir schon verschaffen. Der erste Eindruck von Strasbourg ist der einer sehr lebendigen und internationalen Stadt, was sicher auch daran liegt, dass es ja auch der offizielle Sitz des Europäischen Parlaments ist. Zweiter Eindruck war für mich die Unzahl von Geschäften, sowohl Lebensmittel, Bekleidung und für alle Extravaganzen, die man sich sonst so vorstellen kann.
Interessant ist auch die Selbsteinschätzung Strasbourgs, die ich dann in dem Touristischen Führer las. Strasbourg stellt sich als einzigartige Stadt dar, die „allgemein als eine der schönsten Städte Europas gilt“. Sie gehöre zu dem kleinen Teil ganz besonderer Städte in Europa. Interessant ist auch die Begründung dafür. So habe sich Strasbourg vom Mittelalter bis zur Gegenwart unter französischem und deutschem Einfluss seinen eigenen Charakter geprägt. So habe sich aus der Grand Ìle (Historische Altstadt) und der Neustadt (die hier auch als das nach 1870 entstandene deutsches Kaiserviertel genannt wird) ein außergewöhnliches Ensemble und eine außergewöhnliche Landschaft gebildet, die auch als UNESCO Weltkulturerbe Anerkennung gefunden habe.
Bei mir steht heute eigentlich nur noch das Liebfrauenmünster auf dem Programm. Es ist ein beeindruckendes Juwel der gotischen Kirchenarchitektur, das in den Jahren 1015 bis 1039 erbaut wurde und mit seinem 142 hohen Turm bis zum Ende des 19. Jhdt. das höchste Gebäude der Christenheit war. Beeindruckend seine filigrane und figurative äußerliche und innere Ausstattung. Ich mache hier einen Rundgang innen und außen und kann mich auch des Eindrucks, das dieses Bauwerk ausstrahlt nicht entziehen. Kunstgeschichtlich vielleicht noch interessanter als das Münster ist aber die inzwischen protestantische Kirche Saint-Pierre-le Jeune (Kirche des jungen St. Peter). Sie stammt aus der gleichen Zeit wie das Münster hat aber auch noch romanische Wurzeln bzw. eine romanische Architektur. Sie besitzt zahlreiche Fresken und Gemälde aus dem 14. Jhdt. und einen prachtvollen Lettner. Damit soll es aber für heute genug sein. Den Rest über Strasbourg kann ich dann hoffentlich morgen berichten.