1. Tag (20. Juni 2018): Oslo – Eine Odyssee im Norden Europas

Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich selten vor einer Reise mehr Bammel hatte und nervöser war als vor dieser. Viel Neues und Ungewohntes stehen auf dem Programm. Die Anreise war eines davon. Mit dem Flugzeug, einem Fahrrad und 30 kg Gepäck nach Kirkenes. Das Gepäck konnte ich schon auf 20 kg reduzieren, indem ich alle Taschen mit in den Karton packte, in dem das Fahrrad war. Sie waren damit auch eine gute Stabilisierung und Abfederung für das Fahrrad. Allerdings hatte der Karton mit 160 cm Länge, 100 cm Höhe und 30 cm Tiefe ein gewaltiges Ausmaß und ein beachtliches Gewicht von 30 kg. Ein Fahrradrucksack mit 8 kg Gepäck gehörte auch noch zum Gepäck.

Gott sei Dank stand mir bei diesem Transport Wolfgang Konnerth bei. Er kam mit seinem Van pünktlich um kurz vor 8 Uhr und wir transportierten das Gepäck hinein und dann ging es relativ entspannt mit den üblichen kleinen Staus am Berliner Ring zum Flughafen Tegel. Wolfgang begleitete mich noch zum Check in, machte auch noch einige Fotos, musste dann aber zu seinem Auto zurück, weil er zwar ausgesprochen günstig aber im Parkverbot stand. Beim Check-in ging zu meiner großen Überraschung alles reibungslos. Ich musste nur mit meinem Fahrradkarton noch zur Sperrgutgepäckaufnahme eine Etage tiefer, was die Durchgänge und den Aufzug am Flughafen aber vor allem auch mich vor einige Herausforderungen stellte. Aber letztlich war ich bald das Gepäck los und brauchte mich bis Kirkenes nicht mehr drum zu kümmern – dachte ich.

Der Flug nach Oslo verlief dann sehr ruhig und völlig unproblematisch. In Oslo dann hatte ich zweieinhalb Stunden Aufenthalt und tigerte durch die Hallen. Hier sieht man dann schon, dass Norwegen ein reiches aber auch ein sehr modernes Land ist. Die Geschäfte, Boutiquen, Bäckereien, Lebensmittelgeschäfte und Cafeterien ließen nichts zu wünschen übrig. Überall wird weitgehend elektronisch bezahlt, auch wenn es nur eine Flasche Wasser oder ein Kaffee ist. Ich bin mal gespannt, ob ich noch irgendjemanden in Norwegen finde, bei dem man nicht elektronisch bezahlen kann. Ich konnte es aus alter Gewohnheit aber doch nicht lassen, mir ein kleines Handgeld an norwegischen Kronen abzuheben, mit denen ich dann als erstes 2 kleine Flaschen Wasser für etwa 6 € erstand.

Um 18 Uhr ging es dann weiter nach Kirkenes auch dieser Flug war sehr ruhig und angenehm bis auf die Landung. Es wurde zunehmend wolkiger und auch während der Landung konnte man aus dem Passagierraum kein Land sehen. Kurz vor dem Aufsetzen startete der Flieger dann zum allgemeinen Erstaunen der Passagiere voll durch und gewann wieder schnell an Höhe. Nach etwa 3 Minuten kündigte die Chefstewardess dann eine baldige Erklärung des Flugkapitäns an, die dann auch nach weiteren 5 Minuten kam. So teilte der Flugkapitän dann auf Norwegisch und Englisch mit, dass die Sicht in Kirkenes so schlecht gewesen sei, dass man nicht habe landen können. Man werde daher nun nach Lakselv ausweichen und für dort versuchen, Busse zu organisieren, die die Passagiere dann in einer 5 bis 6 stündigen Fahrt nach Kirkenes fahren würden. Freundlicherweise half dann ein junger offensichtlich sprachkundiger Steward den deutschen Passagieren, die etwa die Hälfte ausmachten, mit einer deutschen Übersetzung der Ankündigungen.

Nach etwa 20 Minuten landeten wir dann in Lakselv etwa 350 Kilometer westlich von Kirkenes auf einem alten Militärflughafen mit einer allerdings immer noch ausgezeichneten Landebahn. Außer dem Flughafen war aber sonst nicht viel zu sehen und ich konnte mir nur schwer vorstellen, wie man hier in kurzer Zeit mehrere Busse organisieren könne. Im Übrigen bekam ich nun doch erhebliche Sorgen wegen meines Gepäcktransfers im Bus. Interessant war aber, dass eigentlich alle der 120 Passagiere, die Situation doch sehr gelassen aufgenommen haben und sich wirklich ausgesprochen diszipliniert und vernünftig verhielten. Mein Sitznachbar, ein freundlicher Norweger, der wohl hier in Lappland zu Hause ist, grinste schon die ganze Zeit. Er half mir auch auf Englisch, das zu verstehen, was ich bei den Ansagen des Flugkapitäns oder der Chefstewardess nicht verstanden hatte. Er grinste, weil er diese Situation wohl schon kannte. Offensichtlich scheinen die Anflüge nach Kirkenes öfters zu scheitern.

Um es kurz zu machen, wir standen etwa bis 22.30 Uhr in Lakselv. Zunächst hieß es, ein Bus sei gefunden und würde bald kommen. Dann hieß es, dass es wohl nur diesen einen Bus gäbe und man keine anderen Buse mehr finden könne. Mit diesem Bus sollten doch dann wohl am besten die zahlreichen deutschen Passagiere fahren, die in Kirkenes am nächsten Tag für eine Fahrt mit der Hurtigruten gebucht hatten. Die übrigen Passagiere sollten dann zurück nach Oslo gebracht werden und man würde es am nächsten Tag wohl noch einmal versuchen. Schließlich stellte sich dann aber heraus, dass sich der Busfahrer des avisierten Busses nun geweigert habe, diese Fahrt nach einem Arbeitstag noch anzutreten. Wahrscheinlich nicht ganz unberechtigt. So wurde also mitgeteilt, dass es nun zurück nach Oslo gehe, man sich um Übernachtungen in einem Hotel bemühe und versuchen würde, morgen einen neuen Anlauf für einen Flug nach Kirkenes zu organisieren.

So hoben wir wieder ab aus Lakselv. Während des wieder rund zweistündigen Fluges teilte man uns dann mit, dass man für alle Reisenden Zimmer im Quality Airport Hotel in der Nähe des Osloer Flughafens gebucht habe und dass der Ersatzflug morgen um 10 Uhr bereitgestellt werde. Wir sollten dann in Oslo allerdings unser Gepäck mit ins Hotel nehmen und da brach bei mir leichte Panik aus, weil ich mir gerade vorzustellen versuchte wie ich mit meinem 30 kg schweren Fahrradpaket ins Hotel käme. Ich fragte dann den deutsch sprechenden Steward, was ich da tun solle und er verwies mich auf den Kantaktmann der SAS, der in Oslo bereitstünde. Nach der Landung erwischte ich den Herren auch, der das ganze unvorhergesehene Prozedere wirklich souverän managte. Er verstand mein Problem gleich und versicherte, dass ich ins Hotel fahren solle und er sich um das Paket kümmern werde und ich nur morgen beim einchecken Bescheid geben solle, dass man im Gepäcklagerraum anrufen sollte, damit das Gepäckstück tatsächlich in den Flieger nach Kirkenes gelange. So musste ich nur meine 20 kg Gepäcktasche zum Shuttle schleppen, der uns dann in das Hotel fuhr. Das Hotel ist modern und durchaus typisch für diese Art von etwas gehobeneren Flughafenhotels. Auch hier verlief alles unproblematisch. Die SAS hatte offensichtlich alle unsere Daten durchgegeben, so dass unsere Zimmerkarten schon vorlagen und uns bei Namensnennung ausgehändigt wurden. Wäre übrigens ein interessanter Fall für eine juristische Datenschutzklausur! Ich war es allerdings sehr zufrieden, dass SAS die Dinge so unbürokratisch geregelt hatte. Um 1.30 Uhr war ich dann auf meinem Zimmer und fiel auch sehr bald in einen tiefen Schlaf.

5 Kommentare

  • Lars Baade sagt:

    Das fängt ja schonmal gut an.. 😉
    Hoffe es klappt morgen beim 2.Versuch besser.
    Viel Erfolg!

    Freue mich schon drauf weiter zu lesen.
    LG

  • Annett Fischer sagt:

    Hallo Herr Dr. Kohl,
    da geht die Reise ja gleich aufregend los. Aber: alles ist gut gegangen und das wünsche ich Ihnen auch für die ganze Tour. Ich wünsche Ihnen viele interessante Erlebnisse, wenig technische Defekte, möglichst trockenes Wetter und vor allem auch Spaß bei der Bewältigung der Strecke.
    Liebe Grüße aus Leipzig
    Ihre Annett Fischer

    • Wolfgang Kohl sagt:

      Liebe Frau Fischer, vielen Dank für die guten Wünsche. Woher wissen Sie denn schon wieder ob alles gut gegangen ist? Darüber schreibe ich doch erst morgen!

      • Annett Fischer sagt:

        Hallo Herr Dr. Kohl,
        na die Glaskugel habe ich nicht. Aber allein das, was sie schreiben, hätte auch viel mehr Probleme geben können. Trotz schlechtem Wetter haben Start und Landung geklappt, sogar mit Durchstarten. 😉 Sie sind nicht auf irgendeinem Flughafen gestrandet, sondern haben ein warmes Hotelzimmer bekommen. Ihr Fahrrad ist nicht verloren gegangen und Sie konnten es am Flughafen zur Aufbewahrung geben. Und so wie Sie das schildern, haben die das nicht zum ersten Mal gemacht und wissen was Sie tun. Und Sie schreiben: also geht es Ihnen gut. 👍🏻

        Sie wissen doch: ich gehe von den positiven Dingen aus 😃

        So. Jetzt gehts ins Büro. Ihnen einen erlebnisreichen Tag. Ich bin gespannt, wie der Bericht weiter geht.

        Liebe Grüße
        Annett Fischer

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