Der Ort Mosnes sagt sicher niemandem etwas. Eigentlich wollte ich heute bis Blois kommen, einer der alten Hauptstädte Frankreichs. Aber irgendetwas muss in Blois los sein, denn es ist weitgehend ausgebucht und wenn man etwas bekommt, dann nur deutlich über 100 € die Nacht. So habe ich ein B&B in einem Vorort von Mosnes, in Le Pin, zu einem noch akzeptablen Preis bekommen. Der Ort liegt zwischen Amboise und Chaumont an der Loire. Das ist zwar noch etwa 30 Km von Blois entfernt und verlängert meine morgige Route nach Orléans auf über 100 Km, aber etwas anderes war nicht drin.

In Amboise habe ich nur einen kurzen Zwischenstopp gemacht, obwohl auch diese Stadt sicher einen längeren Besuch verdient hätte. So stand das Schloss dort am Anfang der italienischen Renaissance-Architektur in Frankreich. 1490 hatte es der junge König Karl VIII. ihn in Auftrag gegeben und schließlich gelang es seinem Nachfolger Franz I. Leonardo da Vinci an den Königshof zu berufen, der in Amboise seinen Lebensabend von 1516 bis 1519 verbrachte und dort starb. Auffallend für mich war in Amboise vor allem ein Brunnen, den ich dort auch nicht vermutet hätte. Er erinnerte mich an einen ähnlichen Brunnen in meiner Geburtsstadt Brühl, der von Max Ernst, der ebenfalls in Brühl geboren wurde, im Rahmen seiner Aussöhnung mit seiner Geburtsstadt Brühl in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts gestiftet wurde. Es war natürlich tatsächlich ein Brunnen von Max Ernst und in Amboise steht er schon länger als in Brühl. Max Ernst hat auch einen Landsitz hier in der Nähe gehabt wie ich erst heute mitbekommen habe, nämlich in Huismes, also da, wo ich vorgestern merkte, dass ich meinen Fotoapparat verloren hatte.

Ansonsten war der Tag heute etwas ereignislos. Da ich einen Abstecher nach Chenonceaux gemacht habe, ging es von Amboise von der Loire weg und über die Hügel zum Cher, an dem das Schloss Chenonceau liegt. Da Mosnes wieder an der Loire liegt, ging es wieder über das dazwischenliegende Hügelland. Das brachte auf jeden Fall Höhenmeter. Das Wetter war nach wie vor ideal, sonnig und manchmal auch bedeckt, aber auf jeden Fall trocken und relativ wenig Wind. Es ist aber kühler geworden. Das Thermometer steigt derzeit nicht mehr über 16 Grad und ich habe schon einige etwas wärmere Sachen angezogen bzw. meine Zwiebelschalen vermehrt.

Schloss Chenonceau gehört sicher zu den fünf oder sechs Highlights unter den Schlössern der Loire. Vor zwei Wochen war ich schon mit Heidrun hier und wir haben uns das Schloss sehr intensiv angeschaut. Heute wollte ich es zumindest noch einmal von der anderen Seite des Cher sehen, denn obwohl das Schloss eine Galerie über den Cher hat, ist das andere Ufer nicht zu erreichen, vermutlich, weil man nicht das Geld für die Überwachung sparen will, damit nicht von dieser Seite Unbefugte, das heißt unbezahlt in das Schloss eingedrungen werden kann. Die Résistance machte sich seinerzeit aber diese Galerie zu Nutze, weil der Cher sozusagen die Demarkationslinie zwischen dem von Nazideutschland besetzten Teil Frankreichs und der sogenannten „freien Zone“ des nichtbesetzten Teils des damaligen Vichy-Frankreichs war und deshalb quer durch das Gebäude von Schloss Chenonceau verlief, so dass das Schloss einen häufig genutzten Fluchtweg darstellte.

Ansonsten wird das Schloss auch als Chateau des Dames bezeichnet, weil für seine Bedeutung überwiegend Frauen stehen. Die zwei wichtigsten waren Diane de Poitiers und Katharina von Medici, zwei Zeitgenossinnen, die sich sicher aus nachvollziehbaren Gründen nicht gewogen waren. So nahm sich Heinrich II als er 1547 den Thron bestieg die 20 Jahre ältere Diane de Poitiers als Mätresse und schenkte ihr das Schloss. Seine Frau, Katharina von Medici, stellte er damit sowohl in den Schatten als auch kalt. Als Heinrich noch recht jung verstarb, gewann Katharina von Medici zunehmend Macht und Einfluss dadurch, dass ihre recht unbedarften und auch beeinflussbaren, wenn auch kurzlebigen drei Söhne Könige wurden. Diesen Einfluss nutzte sie auch dazu, Diane de Poitiers das Schloss Chenonceau abzunehmen, wobei letztere immerhin mit dem auch nicht ganz unbedeutendem Schloss Chaumont zu entschädigen. Wie grotesk das Ganze war zeigt sich auch daran, dass Diane schon die Brücke bauen ließ, aber Katharina eine Galerie draufsetzte in der rauschende Feste stattfanden, die wohl nicht selten den Charakter von Orgien hatten. Diane hatte auch einen Garten anlegen lassen, was Katharina dazu veranlasste an anderer Stelle der Schlossanlage ebenfalls einen Garten anzulegen.

Es gäbe sicher noch viel über Chenonceau zu erzählen. Aber an dieser Stelle sei es genug. Nicht verschwiegen werden soll aber hier, dass der Konflikt zwischen Diane und Katharina aus Chenonceau durchaus ein auch heute noch beachtliches Kleinod gemacht hat und wohl das meistbesuchte Schloss an der Loire ist. Dementsprechend sind auch die Eintrittspreise. Heute fahre ich nur am Südufer des Cher entlang. Der Blick war nicht ganz so schön wie ich es mir vorgestellt hatte. Aber den Rest hatte ich ja bereits vor zwei Wochen gesehen.

Nun bleibt nur noch zu berichten, dass ich zwar eigentlich nie auf die Idee gekommen wäre nach Mosnes zu fahren und dort Quartier zu nehmen, aber dass ich dafür doch ausgezeichnet entschädigt worden bin. Als ich meine Vermieterin schriftlich fragte, ob es denn hier in der Gegend auch etwas zu essen gäbe, war das Ergebnis doch recht dünn. Letztlich hätte ich in das 10 km entfernte Amboise fahren müssen. Das schien dann auch ihr einem Biker nicht zumutbar und so bekam ich das Angebot für ein Abendessen mit einem Salat Tourraine und einer Lasagne plus Dessert. Ich muss schon sagen, dass ich ein so leckeres Abendessen in keinem Lokal hätte erwarten können. Deshalb mein Dank an Madame Karine und ihr Scandy B&B. Der gar nicht beabsichtigte Zwischenstopp hier hat sich wahrlich gelohnt. Zur Zeit des Abendessens konnte ich dann auch noch einen Vollmondaufgang über den Weinfeldern genießen, den ich so vorher auch noch nicht erlebt hatte.

Tagesdaten: 70,50 Km; 5:55:25 Std. Fz; 11,90 Km/h; 478 Hm

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