Nach dem Aufstehen fahre ich erst einmal in die nächste Pekara und decke mich für das Frühstück und den Tag mit Brötchen und anderen Teigwaren ein. Es ist zwar oft Blätterteig, dennoch finde ich die herzhaften Blätterteige mit eingebackenen Tomaten, Käse und/oder Salami sehr lecker. In einem kleinen Supermarkt erstehe ich noch Wasser und Apfelsaftschorle für den Tag. Das Obst sah leider nicht sehr verlockend aus. Da ich noch einen Apfel habe, verschiebe ich den Obstkauf auf morgen. Obwohl heute Ostermontag ist und damit ein Feiertag in Serbien, haben die meisten Geschäfte geöffnet. Mein Frühstück bereite ich mir dann in meinem Pensionszimmer. Ein Wasserkocher ist ja vorhanden und zwei Beutel Kaffeepulver auch.

Nach dem Frühstück kleide ich mich heute sommerlich, ziehe also meine Sandalen und ein kurzärmliges Shirt an, packe meine sonstigen sieben Sachen, verstaue sie auf dem Fahrrad und radle los. Obwohl der offizielle Radweg die Abkürzung einer Donauschleife vorsieht, fahre ich die Alternativroute entlang der Donau. Es ist kein aufregender Weg und er ist auch 20 Kilometer länger als der offizielle Donauradweg. Es geht auf asphaltierten und relativ ruhigen Straßen durch einige Dörfer am Ufer der Donau. Dabei geht es einmal dann doch ganz schön hinauf, liegen diese Dörfer doch gelegentlich auch etwas oberhalb der Donau. Dennoch ist die Landschaft verglichen mit dem Eisernen Tor natürlich überhaupt nicht mehr spektakulär. Es wird flacher, bestenfalls mal etwas hügelig und die Landwirtschaft gibt der Gegend hier ihr Gepräge. Neben der Landwirtschaft wird hier auch Weinbau und Obstanbau betrieben, dies aber meistens auf recht kleinen Parzellen und daher oft wohl nur für den Hausgebrauch. Wo weder Landwirtschaft noch Wein- und Obstanbau betrieben wird geht es durch Auenwälder und Müll. Wie schon in den letzten Tagen angedeutet, kommt mir Serbien immer mehr wie eine riesige wilde Mülldeponie vor. Interessant ist es auch einmal durch serbische Ortschaften zu fahren. Sie sind sehr unterschiedlich, zeichnen sich aber oft durch eine Anzahl sehr moderner und neuer Häuser aus. Geprägt werden die Ortsbilder aber auch durch Ruinen ehemaliger Wohnhäuser, die einfach stehen bleiben, bis sie ganz zusammengebrochen sind. Zum Teil kann man die alte Attraktivität noch erahnen.

Zurück auf der Hauptstrecke geht es weiter über eine doch recht befahrene Hauptstraße. Als ich mich gerade mal orientieren will, hält neben mir ein Mann mit seinem Fahrrad , vielleicht ein paar Jahre älter als ich, und fragt mich auf Englisch, wo ich herkäme. Als ich sage, dass ich aus Deutschland komme, erzählt er mit stark österreichischem Akzent aber sonst perfektem Deutsch, dass er mal 1972 bis 1974 in Deutschland bei Baden-Baden gearbeitet habe, dass er dann aber keine Arbeitserlaubnis mehr bekommen habe und deshalb nach Österreich gegangen sei und dort über 40 Jahre gearbeitet habe. Nun sei er Pensionär und in sein Heimatdorf zurückgekehrt. Hier wird mir nun noch einmal deutlich, warum gestern Kladovo wirtschaftlich als ein Ort beschrieben wurde, der einerseits von dem Kraftwerk Eisernes Tor 1, dann von der Landwirtschaft und schließlich nicht zuletzt vom Geld der Gastarbeiter wirtschaftlich abhänge. Inzwischen habe ich von meinem heutigen Vermieter erfahren, dass allein in Wien 200 Tsd. serbische Gastarbeiter leben.

Nach etwa 20 Kilometern biegt der offizielle Hauptweg von der befahrenen Hauptstraße ab und mündet auf eine Straße, die nun die nächsten 25 Kilometer unmittelbar entlang der Donau führt. Nur in den Orten ist dieser Strecke asphaltiert, ansonsten ist es ein unbefestigter Weg. Da aber der Uferrand der Donau hier durchaus besiedelt ist, kommen auch die Anwohner nur über diesem Weg an ihre Häuser heran. Da es ja manchmal auch regnet und nass ist, ist der Weg durch die Autos schon ziemlich zerfurcht und macht die Fahrt auch bei trockenem Wetter nicht gerade angenehm. Dennoch sieht man auf dieser Strecke erheblich mehr als auf der Hauptstraße. Ich war beispielsweise schon sehr beeindruckt, welch unterschiedlich Häuser man hier betrachten kann. Vom ein- und ummauerten Wohnwagen bis zur Luxusvilla kann man hier alles finden. Allerdings trifft man auch sehr viele freilaufende Wachhunde, die es offensichtlich als ihre Pflicht ansehen, einem in ihr vermeintliches Terrain eindringenden Radfahrer hinterherzurasen und anzukläffen. Dies findet man allerdings überall in Serbien. Hier wird es aber besonders massiv. Ich habe mir inzwischen schon wüste Beschimpfungen zugelegt, die ich den Kläffern entgegenbrülle und habe damit bisher durchaus Erfolg gehabt.

Am Ende dieses Abschnitts entlang der Donau gelangt man dann in die Nähe des Kraftwerks Eisernes Tor 2, was ein Gemeinschaftsprojekt von Rumänien und Serbien ist und das 1984 in Betrieb ging. Die Staumauer wird inzwischen seit 2011 auch als Grenzübergang genutzt. Hier biegt dann der Radweg von der Donau ab und führt nun über eine Pusztalandschaft, die eben wie ein Brett ist und nach 10 Kilometern erreiche ich Negotin, mein heutiges Ziel und die letzte Station in Serbien.  Negotin. Hier habe ich mich im Guesthaus for Adventures (Gasthaus für Abenteurer) für zwei Nächte eingemietet. Es spricht insbesondere Fahrrad- und Motorradreisende sowie Wanderer an. Ich werde von Bojan, dem Vermieter, der ausgezeichnet Englisch spricht, viel besser als ich sowie seinem Sohn, der gut Deutsch spricht, sehr freundlich empfangen und sofort zu einem Abendessen, einem Bier und einem hier unvermeidlichen Slibowitz eingeladen. Das Abendessen wird damit erläutert, dass der Sohn heute 25. Geburtstag hat, wozu ich ihm natürlich herzlich gratuliere. Er hat in Belgrad studiert und sucht jetzt noch einen Platz für sein Masterstudium in Österreich. Wir kommen am Abend noch in lebhafte aber auch sehr unterhaltsame Diskussionen. Der Sohn ist bei den Sozialisten aktiv, die seiner Meinung nach heute wie die Serben überhaupt, mehrheitlich in die EU wollen. Das war ja wohl nicht immer so. Natürlich bekomme ich auch mit, welchen Beschränkungen die Serben dadurch unterliegen, dass sie die Freizügigkeit in Europa eben nicht für sich in Anspruch nehmen können. Für die jungen Leute ist das eine große Belastung.

Die Region hier ist eine ausblutende Region, weil jüngere Menschen kaum noch Arbeit finden und ältere sie verloren haben. Bojan war früher Betriebswirtschaftler bei den Tankstellen der Region. Dann wurden sie von Gazprom übernommen und die leitenden Mitarbeiter mit einer Abfindung hinauskomplimentiert. Bojan hat für sich einen Weg gefunden. Er ist seit vielen Jahren schon Tennislehrer, hat sich auf seinem Grundstück mitten in der Stadt einen Tennisplatz eingerichtet und gibt dort Tennisunterricht. Sein Elternhaus hat er zu einer urigen Pension ausgebaut. Inzwischen hat er drei Apartments und das vierte ist im Bau. Er vermietet sie für etwa 12 € und meint, davon könne er leben. Seine Frau ist noch berufstätig und er hat eben den besagten Sohn und noch eine Tochter, die wohl engagierte Bergführungen in den Gebirgen der Umgebung durchführt.

Morgen lege ich hier in Negotin einen Ruhetag ein. Hier gibt es einen Fahrradladen. Ich will mall sehen, ob ich hier eine Reservekette bekomme, die mir zumindest ein noch etwas sicheres Gefühl vermitteln würde. Auch sonst müssen einige Kleinigkeiten nachgebessert werden. Auch einen neuen USB-Port für meinen Reise-PC könnte ich dringend gebrauchen, weil zwei der vier Ports schon defekt sind. Wenn noch einer mehr ausfällt, bekäme ich ziemlich Probleme beim Verfassen meiner täglichen Reiseberichte. Dringend brauche ich auch Sonnencreme, die ich zu Hause vergessen habe. Bojan hat mir gleich angeboten mich zu begleiten und mir die entsprechenden Läden zu zeigen. Er ist wirklich ein feiner Typ.

Tagesdaten: 81,15 km; 6:54:41 Std. Fz; 11,74 km/h; 252 Hm

 

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