30. Tag (3. August 2021). Von Neustadt (Dosse) nach Garz (Havelberg)

von 29. August 2021Aktuelles

Eigentlich ist meine Tour ja schon längst zu Ende. Aber weil ich noch zwei Tage überbrücken muss, bevor ich Heidrun in Spandau treffe und wir uns mit meinen Kindern treffen wollen, entscheide ich mich für einen Ausflug nach Havelberg und Werben. Da ich auch in Havelberg keine passende Unterkunft finde, quartiere ich mich in den 15 Kilometer vor Havelberg liegenden Garzer Höfen ein. Von der Fahrt nach Havelberg ist auch nicht viel zu berichten. Es geht über Hohenofen, Sieversdorf und Rhinow durch eine weitgehend landwirtschaftlich genutzte Ebene.

Von gewissen wirtschaftsgeschichtlichem Interesse ist Hohenofen. Die Geschichte Hohenofens geht zurück auf die Gründung einer Eisenhütte im Jahr 1693, die der in brandenburgischen Diensten stehende Landgraf Friedrich von Hessen-Homburg hier anlegen ließ. Der Landgraf hatte von seinem Besitzvorgänger, dem Grafen von Königsmark, den Rittmeister Liborius Eck als Amtsverweser übernommen. Dieser untersuchte die Gegend, welche bis dahin Vierhütten hieß, und fand in vier Schlackenbergen den Beweis, dass dort Eisenhütten gestanden haben müssen. Eine Eisenverhüttung in Vierhütten hatte schon zur „Slawenzeit“ vor 1250 stattgefunden, wie der Name vermuten lässt. Eck entdeckte bald auch den Eisenstein, den roten Eisenschlamm in den Wiesen, und der Landgraf beschloss, das Eisenwerk wiederherzustellen. Es musste Wasserkraft zum Betrieb der Gebläse gewonnen werden. Dazu wurde ein Kanal von Neustadt aus angelegt, der zum Hauptlauf der Dosse wurde. Für den „Hohen Ofen“ wurde der bis zu sechs Fuß mächtige Raseneisenstein benötigt. Nach zehn Jahren waren die Raseneisensteinvorkommen und die Holzvorräte in der näheren Umgebung erschöpft. 1702 wurde die Eisenhütte Hohenofen in ein Seiger-Hüttenwerk umgewandelt (Silber-Kupfer-Scheidung). Die Kupfererze und Brennstoffe wurden auf dem Wasserweg aus dem Magdeburgischen transportiert. Im Jahre 1836 wurde aus dem Hüttenwerk eine Papierfabrik. Dies Spuren dieser Wirtschaftsgeschichte sind heute noch sichtbar und werden auch gepflegt.

Wenig Wesentliches gibt es auch über Rhinow zu sagen, außer dass es einen weithin sichtbaren Fernsehturm hat, eine weniger sichtbare Radarkuppel mit den Nebengebäuden der ehemaligen Abhöranlage der Stasi und dass Otto Lilienthal sich hier 1893 niederließ, um hier die Werkstatt für seine Gleiter einzurichten. Anfangs flog er auch in den Rhinower Bergen, wechselte dann aber auf den Gollenberg.

Um 14 Uhr bin ich bereit in Garz, wo ich nach einigem Warten einchecken kann. Dann mache ich mich ohne Gepäck gleich auf den Weg nach Havelberg, um meinem wichtigsten Ziel für heute, dem Havelberger Dom, noch einen Besuch abzustatten. Der Havelberger Dom Sankt Marien ist eine evangelische Kirche in der Hansestadt Havelberg in Sachsen-Anhalt. Er war einst die Kathedrale des Bistums Havelberg. Das Bistum Havelberg selbst ist eine Gründung von König Otto I. aus dem Jahr 946 oder 948. Im Rahmen der Deutschen Ostsiedlung wurde es zur Missionierung der ortsansässigen Westslawen gegründet. Havelberg war neben Brandenburg das früheste Bistum östlich der Elbe. Der Dom befindet sich im Eigentum der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt. Voraussetzung für den heutigen Dom in Havelberg und andere Kirchenbauten östlich der Elbe durch den Orden der Prämonstratenser war der Wendenkreuzzug im Jahr 1147 in dessen Gefolge die vorherige Kirche und auch die Stadt zerstört wurden. Nach dessen Beendigung kehrte der Bischof zurück und ließ die Stadt planmäßig wiederaufbauen. Der Dom wurde nun im Stil der Romanik als Bischofskirche neu errichtet. Nach einem größeren Brandschaden wurde der ursprünglich romanische Bau zwischen 1279 und 1330 im gotischen Stil umgebaut. Der Lettner und die seitlichen Chorschranken entstanden um 1400.

Der Dom ist eine gotische dreischiffige Basilika mit Kreuzrippengewölbe mit bestimmendem romanischem Kern. Seine architekturgeschichtliche Bedeutung verdankt er dem Westbau, der mit seiner völlig ornamentlosen, wuchtigen Form als fensterloser Block die entschiedenste Verwirklichung des Sächsischen Westriegels in der deutschen Baukunst darstellt. In den Jahren 1840/1841 bezahlte der preußische Staat eine Restaurierung des Doms, bei welcher der Westbau ein dem Zeitgeschmack entsprechendes neugotisches Westportal erhielt. Im Inneren des Kirchengebäudes finden sich Grisailleornamentfenster, die Triumphkreuzgruppe, drei Sandstein­leuchter und das Chorgestühl aus Eichenholz aus der Zeit um 1300. Die im Lettner und den seitlichen Chorschranken untergebrachten 20 Reliefs und 14 Skulpturen aus Sandstein stellen ebenso wie die Buntglasfenster Szenen aus dem Leben Jesu dar (Passion und Auferstehung) und datieren aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts. Bemerkenswert ist der Hochaltar, im Jahr 1700 errichtet. Er gehört zusammen mit der Kanzel von 1693 zur barocken Ausstattung. Insofern ist der Dom geschichtlich ein nicht untypische architektonisches Patchwork. Die St.-Annen-Kapelle wurde im Jahr 1508 im südlichen Seitenschiff eingebaut, der Taufstein 1587 gefertigt. Ich mache einen Rundgang und erfreue mich wie jedes Mal an diesem sehenswerten Bauwerk.

Da ich in Garz kein Abendessen bekommen werde, kehre ich in die gegenüber dem Dom liegende italienische Gaststätte ein und stärke mich mit einer Pizza. Danach fahre ich die 15 Kilometer zurück nach Garz.

Tagesstrecke: 66,11 Km

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