30. Tag: 28.04.2017 Ehingen – Ulm

Auch dieser Morgen ist verregnet und die Temperaturen sind unter 5 Grad. Ich merke wie ich nur zögerlich in Gang komme. Ich habe einfach keine Lust mehr, bei diesem Wetter zu radeln. Heute liegen nur 45 Kilometer vor mir. Mein Ziel ist Ulm. Ich fahre aber nicht den Hauptweg an der Donau entlang, sondern nehme die Alternativroute über Blaubeuren. Es sind nur wenige Kilometer mehr. Ich will endlich mal in Deutschland eine dieser Karstquellen sehen, die sich Topf nennen. Ich Blaubeuren ist es der Blautopf als Quelle der Blau. Die Strecke ist wirklich nicht sonderlich herausfordernd. Herausfordernd ist aber der im Laufe des Vormittags immer stärker werdende Regen. Während ich mit meiner Regenkleidung und auch den wasserdichten Fahrradtaschen ganz zufrieden bin, leidet aber die Technik. Meine Hörgeräte tun sich schwer mit dem Dauerregen und fallen öfter aus, was dann eine höhere Konzentration und Vorsicht im Straßenverkehr erfordert. Auch mein Fotoapparat, inzwischen seit vier Jahren ein treuer Begleiter in meinen Jackentaschen, beginnt zu mucken und fährt das Teleobjektiv nicht mehr richtig ein. Er ziert sich aber nicht allzu sehr, sondern braucht nur eine trockene Verschnaufpause ehe er wieder funktioniert. Wie lange noch, weiß ich aber natürlich auch nicht.

Nach Blaubeuren geht es zunächst bis Schmiecheln durch das Tal der Schmiech und dann ab Schelklingen durch das Tal der Ach. Auffallend sind die zahlreichen Zementwerke in der Region, die mich verstehen lassen, warum man sich gegen den Kalkabbau an der Donau an einigen Stellen der letzten Tage mit Plakaten an den Häusern so gewehrt hat. Zum Teil prägen die Zemetwerke das Ortsbild sehr stark. Blaubeuren erweist sich dann als sehr hübscher Ort. Sehenswert sind neben dem Blautopf das Kloster mit seinem Badehaus der Mönche und die Altstadt mit verschiedenen Fachwerkbauten.

Der Blautopf liegt nahe beim Kloster und erscheint dem Beobachter als etwas milchiger grünlichblauer fast kreisrunder Tümpel von etwa 40 Metern Durchmesser. Es ist ein Trichter von etwa 20 Metern Tiefe, der durch den fortlaufenden Wasserdruck entstanden ist. Er ist nach dem Aachtopf die zweitstärkste Einzelquelle in Deutschland. Die Sogenannte Schüttung beträgt etwa 2.280 l/s. Diese Karstquellen entstehen dadurch, dass hier Wasser an die Oberfläche tritt, das in einem größeren Gebiet versickert ist. Meines Erachtens setzt es als Gestein Kalkstein voraus, weil nur in einem solchen Gestein ein derartiges Höhlensystem entstehen kann. Dieses Höhlensystem kann viele hundert Meter oder gar Kilometer betragen und ist natürlich eine ständige Herausforderung für Höhlenforscher. Auch als ich heute dort war, waren einige Taucher gerade zu Gange. Leider war mir die Kommunikation nicht richtig möglich, weil meine Hörgeräte ausgefallen waren. Es goss zu dem Zeitpunkt ziemlich, worunter auch meine Fotos gelitten haben. Der eine Taucher meinte nur grinsend, dass ich heute wohl besser seinen Anzug angezogen hätte, was nicht ganz von der Hand zu weisen war.

Nach dem Besuch des Blautopfs machte ich dann für eine Stunde Rast in einem Dönerrestaurant, primär um wieder halbwegs trocken zu werden. Danach ging es das Blautal hinunter in Richtung Ulm. Je näher ich Ulm kam, umso weniger wurde der Regen. Nachdem meine Sachen schon fast abgetrocknet waren, fing es kurz vor Ulm noch einmal heftiger zu regnen an. So kam ich dann relativ nass an mein Hotel am Münster an, dass tatsächlich direkt neben dem Ulmer Münster auf dem Münsterplatz gelegen ist und zu einem angemessenen Preis ein sehr kleine aber ansonsten völlig ausreichende Unterkunft bietet. Um etwas auszuspannen habe ich gleich drei Nächte gebucht und werde also bis Montag hier in Ulm bleiben. Ich war bisher noch nie in Ulm und glaube die Stadt ist schon sehenswert.

Nachdem ich eingecheckt hatte machte ich erst einmal einen kleinen Rundgang auf dem Münsterplatz und näherte mich so dem Münster. Das einzige, was ich bisher vom Ulmer Münster wusste ist, dass es ein gotisches Bauwerk ist und den höchsten Kirchturm von was auch immer hat. Bei näherer Betrachtung sieht es aber schon erheblich anders aus als die gotischen Kirchen, die wir sonst so kennen. Mir erschien schon die Außenfassade erheblich weniger figurativ ausgestattet als beispielsweise das Strasbourger Münster. Der Eindruck verstärkte sich als ich das Innere betrat und eine nun wirklich nicht katholisch geschmückte Kirche sah. Als ich dann noch im rechten Seitenschiff eine Lutherstatue sah und keine Marienbildnisse feststellen konnte, war mir klar: ich bin in einer protestantischen Kirche. Das war für mich neu. So machte ich mich erst einmal mit dem Innenraum vertraut und vor allem mit der Geschichte. Dabei stellte ich fest, dass diese Kirche niemals ein Bischofsitz war und auch nicht von der Kirche errichtet wurde, sondern von den Bürgern Ulms, die sich im 14. Jahrhundert daranmachten, dieses Bauwerk zu errichten und die dann auch im 16. Jahrhundert darüber befanden, protestantisch zu werden und damit auch das Münster protestantisch wurde. Bis 1894 war das Münster im Besitz der Stadt Ulm und kam erst danach in den Besitz der evangelischen Kirche. Obwohl Ulm während des Zweiten Weltkrieges heftig bombardiert wurde, hat das Münster damals wenig Zerstörungen erlitten.

Das Münster ist ein Kirchenbau der Superlative. Angeblich soll es 20.000 Menschen fassen können. Der Kirchturm ist der höchste der Welt wie ich nun weiß. Er ist ähnlich wie die Türme des Kölner Doms auch erst im 19.Jahrhundert errichtet worden und böse Zungen behaupten, dass die Ulmer es darauf angelegt hätten, 10 Meter höher zu bauen als die Kölner und den Kölnern daher den baulichen Vorsprung ließen. Das Ulmer Münster ist aber auch die größte protestantische Kirche in Deutschland. Das Ulmer Münster hatte früher die meisten Altäre und auch die meisten Geistlichen. Es gab auch hier einen „Bildersturm“ während der Reformationszeit, der aber erheblich friedfertiger ablief als beispielsweise in Basel. Er beschränkte sich darauf, dass der Rat der Stadt Ulm den Besitzern der Altäre nahelegte, diese aus dem Münster zu entfernen.

Ich habe also im Laufe des Nachmittags wieder einiges dazu gelernt und lasse es mir nach diesem Besuch in einem der vielen Lokale hier rund um das Hotel und dem Münsterplatz gut schmecken. Das Wetter soll nun erst einmal in den nächsten zwei Tagen besser werden. Allerdings ist ab Montag, wenn ich weiterfahren will, wieder Regen angesagt. Na ja, schaun wir mal.

Tagesdaten: 47,83 km/04:14:22 Std. Fz/11,28 km/h/229 Hm aufwärts/233 Hm abwärts

 

Ein Kommentar

  • Kathrin sagt:

    Hallo Wolfgang, das machst du richtig mit der Auszeit. Bei diesem Schietwetter ist die Weiterfahrt eher eine Strafe statt Freude. Die Gegend ist ja auch wunderschön. Ich hab erst vor kurzem eine Reportage über Blaubeuren und dem Blautopf gesehen. Allerdings als Wandertour und besten Ausflugswetter. Ist nicht die Till Eulenspiegel-Saga in Ulm beheimatet?
    Ich drück dir Daumen für die nächsten Kilometer und hoffe mit dir auf Wetterbesserung. LG Kathrin

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