Nach dem wieder ordentlichen Frühstück im ibis budget komme ich kurz vor 9 Uhr los. Es ist heute eher durch Nebel, denn durch Wolken trübe. Aber der Nebel hält sich hartnäckig. Ich mache noch eine kurze Runde durch Thionville, eine Stadt, die auch durch ihre Zugehörigkeit zum Deutschen Reich architektonisch geprägt ist. Dann geht es weiter die Mosel entlang. Jetzt ist es auch tatsächlich die Mosel. Die Kanäle werden weniger. Die Landschaft verändert sich gegenüber den letzten Tagen. Sie wird weiter und als Tal ist das Moseltal kaum noch zu erkennen. Es ist auch wieder vorrangig Landwirtschaft und nicht mehr Industrie, die diese Region prägt. Dazwischen aber dann das Atomkraftwerk Cattenon, das im heutigen Nebel eher gespenstisch erscheint.

Ich habe mir vorgenommen über Luxemburg nach Deutschland hineinzufahren und zwar um das kleine Dorf Schengen zu besuchen, dessen Name zwar fast jeder kennen wird aber sicher nicht alle wissen, wo es liegt. Ich wusste es bis vor einigen Monaten auch nicht. Schengen ist ein kleines Dorf in Luxemburg am Dreiländereck zwischen Deutschland, Frankreich und Luxemburg. Schengen steht wegen des dort 1986 geschlossenen Abkommens für die Freizügigkeit in Europa und ist deshalb ein wesentliches Symbol für das, was heute wieder Populisten und Nationalprovinzler in den meisten Ländern in Frage stellen wollen. Deshalb ist es mir wichtig gewesen heute hier durchzufahren. Schengen vermarktet inzwischen Europa gut. Es ist ein Touristenort des europäischen Gedankens geworden. Ob das hilft, mag bezweifelt werden. Schengen selbst hat es, so beobachte ich, wirtschaftlich einiges gebracht. Es ist zwar kein Massentourismus aber immerhin ein Ort, der auch für Rundreisen einlädt. So findet sich hier auch ein Europäisches Museum und man scheint stolz darauf zu sein, dass man ein Symbol für ein sich vereinigendes Europa ist. Hoffentlich bleibt das so.

Dann geht es über die Moselbrücke nach Deutschland. Ich verhehle nicht, dass wenn ich nach längerer Abwesenheit nach Deutschland zurückkomme, sich bei mir immer die ersten Verse des Epos von Heinrich Heine „Deutschland ein Wintermärchen“ einstellen. Diesmal passen sie besonders. Zwar ist es noch nicht November, aber die beschriebene Witterung ist ähnlich und auf die paar Tage, die noch fehlen, kommt es nicht an. So sehr ich gerne in die Ferne reise, so gerne komme ich auch immer wieder zurück nach Hause. Dabei ist das zu Hause-Gefühl natürlich bei mir wesentlich durch die Sprache geprägt. Und ich sage bewusst nach Hause, weil mir der Begriff Heimat zurzeit wieder zu sehr strapaziert zu werden scheint. Aber trotz der Freude, wieder nach Hause zu kommen, bleibt auch der Genuss und die Erlebnisse siebeneinhalb Wochen in Frankreich gewesen zu sein. Ich werde gewiss wiederkommen und mir hoffentlich ein wenig mehr Sprachkompetenz erarbeiten.

Die deutsche Seite der Mosel ist jetzt erst einmal nur das rechte Ufer. Die linke Seite ist auf den nächsten ca. 40 Kilometern luxemburgisch. Die Landschaft hat sich schon einige Kilometer vor der Grenze wieder verändert. Das Tal ist enger geworden und wird von nicht sehr hohen aber deutlich sichtbaren Höhenzügen begrenzt. Auffallend ist auch, dass nun ein geschlossenes Weinbaugebiet sowohl auf der luxemburger als auch auf der deutschen Seite beginnt. Die Reben haben inzwischen gelbes und manchmal rötliches Herbstlaub angenommen und so kann man auf weite gelb-rötliche Flächen blicken. Das geht auf der deutschen Seite schon mal bis Trier, wo ich heute mein Quartier genommen habe. Sehenswert auf der Fahrt nach Trier ist noch die Mündung der Saar bei Konz. Dass dieser kleine Fluss eine solche Mündung hervorbringt überrascht erst einmal.

Nach den Wetterprognosen soll es ab dem Wochenende mit dem schönen bisherigen Herbstwetter vorbei sein. Dies kommt mir insofern entgegen, dass es mich irgendwie nach meinem ganz individuellen zu Hause zieht. Insofern werde ich in den nächsten Tagen etwas mehr Energie auf das Fahrrad geben, um es dann vielleicht doch bis zum Wochenende sowohl an die Moselmündung am Deutschen Eck in Koblenz als auch nach Hause zu schaffen. Wir werden sehen.

Tagesdaten: 83,42 Km; 6:17:23 Std. Fz; 13,26 Km/h; 188 Hm

 

Ein Kommentar

  • Werner Hempel sagt:

    Guten Morgen lieber Wolfgang,
    ich bin wieder ajours bei der Verfolgung Deiner Frankreich-Reise und wie schon bei Deiner Fahrt Richtung „Schwarzes Meer“ sehr beeindruckt. Ich habe mich in Frankreich bei meinen zwei Besuchen nicht sehr wohl gefühlt, weil ich die Franzosen bei mangelnden Sprachkenntnissen der französischen Sprache als sehr arrogant und überheblich erlebt habe. Auch Versuche mich unvollständig des Französischen zu bedienen wurden belächelt und nicht unterstützt. Und Englisch war bei der „Grande Nation “ erst recht verpönt. Das habe ich in Italien ganz anders erlebt und deshalb meinen Schwerpunkt dorthin verlegt.
    Schade, daß Du nicht eine Woche früher in Trier warst . Doris und ich mit zwei unserer Kinder sind den Moselsteig gewandert. 3 Etappen: von Palzem nach Nittel, danach Konz und die letzte Etappe nach Trier.
    Und wir hätten gemeinsam den berühmten zwischenzeitlich in Vergessenheit geratenen Elbling genossen.
    So zum Schluß noch gute und hoffentlich problemlose letzte Etappen nach Hause, auch wenn die Wetterprognose für den Sonntag nicht gerade verlockend fürs Fahrradfahren ist.
    Herzliche Grüße
    Werner

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